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Immobilien

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Talfahrt: Größter Immobilienkonzern Spaniens geht pleite

Die Schulden von Martinsa-Fadesa belaufen sich auf 5,2 Milliarden Euro. Der Kollaps könnte die ganze Wirtschaft Spaniens nach unten ziehen.

Der Absturz von Spaniens überhitztem Immobilienmarkt übertrifft noch die schlimmsten Befürchtungen. Die Talfahrt fand ihren vorläufigen Tiefpunkt in der Pleite des größten Immobilienkonzerns des Landes: Das Wohnungsbauimperium Martinsa-Fadesa, dem der frühere Real-Madrid-Präsident und Multimillionär Fernando Martin vorsitzt, musste mit einer Schuldenlast von 5,2 Milliarden Euro nun Konkurs anmelden. Es ist der bislang größte Firmenzusammenbruch in der spanischen Wirtschaftsgeschichte. Die Madrider Börse brach zeitweise um mehr als vier Prozent ein.

Der von der spanischen Immobilienkrise schwer getroffenen Martinsa-Fadesa war es nicht gelungen, einen neuen Kredit über 150 Millionen Euro zu beschaffen. Dieser war nötig, um ein mit den Gläubigern ausgehandeltes Umschuldungsabkommen in Höhe von vier Milliarden Euro abzusichern. Sowohl die Banken als auch das staatliche Kreditinstitut ICO lehnten weitere Hilfen ab. Die Aktie von Martinsa-Fadesa, deren Kurs am Dienstag um 25 Prozent einbrach, wurde vom Handel ausgeschlossen.

Das Ende des Immobilien-Giganten symbolisiert zugleich den Kollaps der gesamten Baubranche. Branchenkenner rechnen mit weiteren Mega-Pleiten. Tausende kleinere Unternehmenskonkurse in den letzten Monaten hatten bereits die Immobilienkatastrophe angekündigt. „Aber das Schlimmste kommt noch“, prophezeit Juan Lazcano, Präsident des Baugewerbe-Verbandes. Darauf deutet auch die Reaktion der Börse in Madrid hin: Die Kurse aller großen Immobilien- und Bauriesen sowie der Banken, welche die Immobilienblase mit großzügigen Krediten finanziert hatten, stürzten am Dienstag ab.

Im letzten Jahrzehnt hatte Spaniens Baubranche einen unglaublichen Boom erlebt. Bis zu 800 000 Wohnungen waren pro Jahr errichtet und auch verkauft worden und damit mehr als in Deutschland, Frankreich und Italien zusammen. Die Preise vervielfachten sich. Wohnungen und Häuser wurden weit über ihrem tatsächlichen Wert verkauft, bis die stetig steigenden Hypothekenzinsen und ein Überangebot an Immobilien den Verkauf abrupt zum Erliegen brachten. Nun stehen im ganzen Land hunderttausende Objekte leer. Und immer mehr Immobilien- und Baufirmen können ihre Bankschulden nicht zurückbezahlen.

Allein der Pleitekonzern Martinsa-Fadesa sitzt nun auf 173 000 Wohnungen und 28 Millionen Quadratmetern Baugrund. Nicht nur bei Martinsa wird deshalb zwangsweise der Immobilienausverkauf beginnen. Überall in Spanien sinken bereits die Preise für Wohnungen und Häuser. Auch an der sonnigen Mittelmeerküste, wo ausländische Residenten einen nicht geringen Teil der Kaufinteressenten darstellen. Um bis zu 30 Prozent könnten die Kaufpreise in den nächsten Jahren fallen, erwarten Analysten. Wer derzeit eine Immobilie in Spanien sucht, ist also gut beraten, nichts zu überstürzen.

Durch die dramatische Entwicklung auf dem Immobilienmarkt ist längst auch die Bauindustrie in Mitleidenschaft gezogen worden, die zusammen mit dem privaten Konsum eine der Hauptstützen des spanischen Aufschwungs der vergangenen Jahre war. Die sozialdemokratische Regierung erwägt bereits, einen verhängnisvollen Dominoeffekt durch staatliches Eingreifen zu verhindern. Regierungschef José Luis Zapatero sprach erstmals von einer „Krise“.

Die Zahlen sprechen schon länger für sich: Die Arbeitslosigkeit, die in 2007 noch bei 8,3 Prozent lag, steuert in atemberaubendem Tempo auf elf Prozent zu. Das bisher durch die Bauwirtschaft angetriebene Wirtschaftswachstum, im vergangenen Jahr noch bei 3,7 Prozent, nähert sich derweil der Rezessionsmarke null.Ralph Schulze

Ralph Schulze

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