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Wisch und weg. Rund 550 000 Menschen sind in der Branche beschäftigt.

© picture alliance / dpa

Tarife: Sauberer Abschluss für Gebäudereiniger

Die rund 550 000 Reinigungskräfte hierzulande bekommen mehr Geld. Doch manche Firmen zahlen nicht mal den Mindestlohn, weil sie ihn mit Tricks umgehen.

Berlin - „Uns hat der Mindestlohn sehr geholfen“, sagt Betriebsrat Norbert Riediger, der für die Berliner Reinigungsfirma Gegenbauer arbeitet. Die Vereinbarung habe den „Wildwuchs“ in der Branche vermindert, die immer wieder wegen Lohndrückerei und schlechter Arbeitsbedingungen in die Schlagzeilen gerät. „Wenn mehrere Unternehmen in einem Objekt gereinigt haben, gab es früher oft eine Lohnspirale nach unten“, sagt Riediger. Auch die Tatsache, dass nun der Zoll die Betriebe kontrolliere, helfe bei der Sicherung der Löhne der bundesweit rund 550 000 Reinigungskräfte.

Und die sollen von 2014 an wieder steigen. In der Nacht zu Donnerstag einigten sich die Gewerkschaft IG BAU und die Arbeitgeber auf eine Erhöhung des Mindestlohns in der Branche. Für die Innenreinigung steigt er 2014 im Westen von neun auf 9,31 Euro pro Stunde, 2015 auf 9,55 Euro (Ost: 7,96 statt 7,56 Euro in 2014, 8,21 Euro in 2015). Für die Fassadenreiniger gilt im Westen ab 2014 ein Mindestlohn von 12,33 Euro pro Stunde, ab 2015 von 12,65 Euro (Ost: 10,31 und 10,63 Euro). Beide Seiten wollen 2019 einen einheitlichen Lohn in Ost und West.

Die Gewerkschaft IG BAU und der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks sprachen in Berlin von einem hart erkämpften Kompromiss. „Wir sind nicht mehr in einem Extrem-Niedrigstlohnbereich“, sagte Bärbel Feltrini, die Verhandlungsführerin der Gewerkschaft. „Aber wir sind noch nicht so weit, dass die Beschäftigten nicht noch etwas mehr verdient hätten.“ Die Arbeitgeber seien an die Grenze der Belastbarkeit gegangen, erwiderte deren Verhandlungsführer Thomas Conrady. Derzeit gibt es in der Branche rund 20 000 Betriebe, viele bieten wie etwa die Berliner Firma Dussmann neben klassischer Reinigung auch Hausmeisterdienste oder Catering an.

Allerdings gilt der Kompromiss zunächst nur für die geschätzt 85 Prozent der Beschäftigten, deren Betrieb dem Arbeitgeberverband angehört. Gültig für alle werden die neuen Lohnuntergrenzen erst, wenn das Bundesarbeitsministerium sie für allgemein verbindlich erklärt. Mit dem jetzigen Tarifabschluss sei dafür die Grundlage geschaffen, sagten die Verhandlungspartner. Der neue Tarifvertrag gilt ab November 2013 für zwei Jahre.

Bereits seit 2007 gibt es in der Branche einen Mindestlohn, dessen Zahlung indes manche Firmen mit Tricks umgehen. „Eine Variante ist, die Reinigung an Einzelselbständige auszugliedern, die als Subunternehmer fungieren“, sagt Zeynep Bicici Fachreferentin bei der IG BAU. Auch Werkverträge seien ein immer beliebterer Weg, um die Löhne zu drücken. In beiden Fällen gelte der Tarifvertrag nicht.

Erschwerend komme hinzu, dass die meisten Verträge in der Branche befristet seien. „Die Mitarbeiter sind immer in Sorge, dass die Verträge nicht verlängert werden“, sagt Bicici. Kollegen, die drei Stunden am Tag arbeiten sollen und ihr Pensum – etwa eine Etage – nicht schafften, würden häufig Überstunden machen. „Nicht immer trauen sie sich dann, diese auch abzurechnen“, sagt Bicici. Denn dann drohe bei „Minderleistung“ eine Abmahnung oder der Vertrag werde nicht entfristet.

Der Gewerkschaft zufolge sind in der Innenreinigung vor allem Frauen tätig, ein Großteil davon seien Minijobberinnen. Das sei ein großes Problem, sagt Bicici: „Vor 20 Jahren haben in erster Linie Hausfrauen als Gebäudereinigerinnen gearbeitet, die sich etwas dazuverdienen wollten, doch heute müssen viele der Frauen von ihren Jobs ihre Familien ernähren.“

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