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Wirtschaft: Tarifkompromiss im öffentlichen Dienst noch möglich

Arbeitgeber fordern von Arbeitern und Angestellten eine halbe Stunde Mehrarbeit in der Woche/Verhandlungen in Potsdam

Berlin (alf). Die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst gehen an diesem Mittwoch in Potsdam in die Endphase. Aus Sicht der Arbeitgeber ist ein Kompromiss denkbar, wenn als Ausgleich für mehr Lohn die Arbeitszeit erhöht wird. Bereits eine halbe Stunde mehr Arbeit in der Woche würde nach Angaben der Kommunalen Arbeitgeberverbände 1,3 Prozent ausmachen.

Die Arbeitgeber hatten für die drei Millionen Arbeiter und Angestellten 2,2 Prozent mehr Geld sowie eine Einmalzahlung in Höhe von 0,6 Prozent angeboten. Dagegen sah der Schlichterspruch zum 1. Januar 2003 eine Erhöhung um 2,4 Prozent und ein Jahr darauf um weitere 0,6 Prozent vor. Die Einkommen im Osten sollten bis 2007 angeglichen werden, ferner war eine Einmalzahlung von rund 200 Euro vorgesehen. Als Ausgleich hatten die Schlichter den Verzicht auf einen freien Tag vorgesehen, der mit 0,45 Prozentpunkten veranschlagt wird. Den Arbeitgebern war das zu wenig, sie lehnten den Schlichterspruch ab.

Von Mittwochnachmittag an wird nun wieder in den Tarifverhandlungen um einen Kompromiss gerungen. Als Verhandlungsgrundlage sieht die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die Empfehlung der Schlichter. Ob die Arbeitgeber mit einem neuen Angebot nach Potsdam kommen, war bis zuletzt unwahrscheinlich. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) beharrt auf dem Angebot der Arbeitgeber aus der Schlichtungsrunde. Ähnlich äußerte sich die Sprecherin des bayerischen Finanzministers Kurt Faltlhauser (CSU). Gerhard Kappius, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeberverbände, sagte auf Anfrage, „ein neues Angebot gibt es derzeit nicht“. Bereits in der Schlichtung hätten die Arbeitgeber „eine Menge an Bewegung gezeigt“, sagte Kappius und widersprach damit dem Schlichtungsvorsitzenden Hans Koschnick, der den Arbeitgebern Unbeweglichkeit vorgeworfen hatte. Für Kappius geht es in den Verhandlungen um die Frage, ob „die Interessen der öffentlich Bediensteten Priorität haben oder die öffentlichen Aufgaben für die Allgemeinheit“. Die Arbeitgeber seien bereit zu einem Ausgleich der Teuerungsrate, die auf etwas über ein Prozent veranschlagt wird. „Alles darüber hinaus geht nur, wenn es eine Kompensation gibt“, sagte Kappius. Ein „hervorragendes Instrument“ dazu sei die Verlängerung der Arbeitszeit. Nach Angaben Kappius könnte eine halbe Stunde in der Woche mit 1,3 Prozent angesetzt werden. Addiert man die 0,45 Prozent durch den Wegfall des freien Tages hinzu sowie einen Inflationsausgleich von 1,25 Prozent, so ist also in der Summe eine Entgelterhöhung um drei Prozent möglich – wie von Verdi gefordert.

Doch so einfach dürfte der Kompromiss kaum zu finden sein. Der stellvertretende VerdiChef von Bayern, Michael Wendl, lehnte am Dienstag eine Arbeitszeitverlängerung kategorisch ab. „Das ist Unsinn.“ Unterdessen meldete sich auch DIW-Präsident Klaus Zimmermann zu Wort. Er forderte die Arbeitgeber auf, bei den Tarifverhandlungen hart zu bleiben und einen Abschluss nahe an einer „realen Nullrunde“ durchzusetzen. „Alle Erfahrungen mit Streiks im öffentlichen Dienst zeigen: Sie sind zwar schmerzhaft, wirken sich aber nicht negativ auf das Wirtschaftswachstum aus.“ Ein Lohnabschluss von nahe drei Prozent würde hingegen nicht nur die öffentlichen Haushalte belasten, sondern ein falsches Signal für die diesjährigen Tarifverhandlungen in anderen Wirtschaftszweigen setzen.

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