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© dpa-Zentralbild

Tarifvertrags-Verhandlungen: Metallbranche sichert Arbeitsplätze

Am Mittwoch wird über einen Tarifvertrag „Zukunft der Arbeit“ verhandelt. Die Gewerkschaft setzt auf eine schnelle Einigung.

Berlin - Die Grundlagen für einen Beschäftigungspakt in der Metallindustrie sind gelegt. „Wir könnten am Mittwoch zu einem Tarifvertrag ,Zukunft in Arbeit’ kommen“, sagte der nordrhein-westfälische IG-Metall-Chef Oliver Burkhard dem Tagesspiegel.

Dabei geht es im Kern um tarifvertragliche Ergänzungen zur gesetzlichen Kurzarbeit, mit denen die gut drei Millionen Arbeitsplätze in der Metall- und Elektroindustrie bis Mitte 2012 einigermaßen abgesichert werden können. Die Gewerkschaft fährt angesichts der Krise eine ungewohnte Strategie: Es gibt keine Lohnforderung und vor der eigentlichen Tarifrunde, die im April/Mai angestanden hätte, will man noch im Februar eine Verständigung finden, um Kündigungen zu verhindern.

Die durchschnittliche Auslastung der Betriebe liegt nur bei 80 Prozent, sodass theoretisch ein Fünftel der Arbeitskräfte nicht gebraucht wird. Es droht also der Verlust von gut 600 000 Arbeitsplätzen. Dem setzt die Gewerkschaft eine Arbeitszeitverkürzung um 20 Prozent entgegen, indem die Wochenarbeitzeit von 35 auf 28 Stunden reduziert werden kann. Diese tarifliche Arbeitszeitverkürzung ist für die Betriebe billiger als die gesetzliche Kurzarbeit, deren Anwendung im Übrigen auf 24 Monaten begrenzt ist.

Um die Kurzarbeit für die Betriebe attraktiver zu machen, zeichnet sich folgende Lösung ab: Nach zwölf Monaten Kurzarbeit werden das Urlaubs- und das Weihnachtsgeld der Metaller nicht mehr als Sonderbetrag, zumeist im Sommer und dann kurz vor Weihnachten ausgezahlt, sondern auf die einzelnen Monate umgelegt. Beide Beträge machen 10,6 Prozent des Jahreseinkommens aus. Durch die Verteilung auf die einzelnen Monate erhöhen sich die Zuzahlungen der Bundesagentur für Arbeit für die ja noch immer in Kurzarbeit stehenden Metaller.

Im Ergebnis bedeutet das für Firmen eine deutliche Einsparung von bis zu 100 Euro je Mitarbeiter und Monat. Das Bundesarbeitsministerium hat dieser Regelung angeblich schon zugestimmt. Damit wäre die Gemeinschaft der Beitragszahler mit im Boot, was wiederum die Tarifparteien damit rechtfertigen, dass Kündigungen ausgeschlossen seien.

Wenn dann irgendwann die Kurzarbeit ausläuft, kommt der neue Tarifvertrag zum Tragen. Angedacht ist eine Verkürzung der tariflichen Wochenarbeitszeit von 35 Stunden (im Westen) auf 28 Stunden. Ohne Lohnausgleich würden die Beschäftigten dann 20 Prozent weniger Geld bekommen – das ist unzumutbar, argumentiert die IG Metall und verhandelt deshalb mit den Arbeitgebern über einen Teilausgleich. Das Ziel: Wer 28 Stunden arbeitet, soll so viel Geld bekommen, als habe er 29,5 Stunden gearbeitet. Die gewissermaßen überzähligen 1,5 Stunden soll der Arbeitgeber zahlen. Allerdings wird angestrebt, dass für diese Stunden – ähnlich wie bei der Kurzarbeit –, keine Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt werden. Also wäre auch hier wieder der Staat mit von der Partie.

Womöglich leisten aber auch noch die Beschäftigten einen Beitrag, die nicht kürzer arbeiten. Dazu ist ein kompliziertes Solidarmodell im Gespräch. Grob gesagt würden die Vollzeitbeschäftigten in einem Betrieb einen Teil des Weihnachtsgeldes abtreten, um damit den Teillohnausgleich für die kürzer arbeitenden Kollegen mitzufinanzieren. Als Gegenleistung dazu würden dann auch für sie Kündigungen ausgeschlossen.

Die tarifliche Arbeitszeitverkürzung wird vor allem dann relevant, wenn die 24 Monate gesetzliche Kurzarbeit ausgeschöpft sind. Da die Krise im Herbst 2008 begann, wird das für zunehmend mehr Unternehmen vom vierten Quartal diesen Jahres an gelten. Ferner können die Unternehmen, das ist eine Grundlage des neuen Tarifvertrags, auch bereits nach 18 Monaten von der gesetzlichen Kurzarbeit in die tarifliche wechseln – das werden vermutlich viele in Anspruch nehmen, da das kostengünstiger ist.

„Alles in allem ist das der Versuch, den Konsens der Tarifparteien über die Notwendigkeit der Beschäftigungssicherung in die Zukunft zu übertragen“, sagt Oliver Burkhard. Der Chef der nordrhein-westfälischen IG Metall führt als Pilotbezirk die Verhandlungen für die Metaller in der ganzen Bundesrepublik – mit Ausnahme von Baden-Württemberg, wo es eine besondere tarifliche Kurzarbeitsregelung gibt. „Mit dem neuen Tarifvertrag wird die Angst vor Deindustrialisierung ein bisschen kleiner“, sagte Burkhard dem Tagesspiegel. Die regionale Industriepolitik bleibe dahinter zurück; Burkhard spricht von einem Totalversagen im nordrhein- westfälischen Wirtschaftsministerium. Erforderlich sei eine Strukturanalyse als Grundlage einer nachhaltigen Industriepolitik. Doch vor allem im Ruhrgebiet habe die Politik seit 30 Jahren keine Antwort auf den Prozess der Deindustrialisierung gefunden. Alfons Frese

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