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Wirtschaft: Techniker Kasse kämpft für Bonus-Modell Bundesversicherungsamt überprüft Genehmigung / Enormes Interesse der Kunden am neuen Tarif

Berlin (hej/pet/brö). Das Bundesversicherungsamt stellt seine Erlaubnis für das BonusModell der Techniker Krankenkasse auf den Prüfstand.

Berlin (hej/pet/brö). Das Bundesversicherungsamt stellt seine Erlaubnis für das BonusModell der Techniker Krankenkasse auf den Prüfstand. Das Amt prüft, ob es seine Zustimmung zum Modellvorhaben wieder zurückzieht. Der Präsident des Amtes, Rainer Daubenbüchel, begründete diesen Schritt mit den veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen durch das Sparpaket der Regierung, die eine erneute Überprüfung des Techniker-Modells nötig machen würden. Kritiker vermuten jedoch, dass Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) Druck auf das Bundesversicherungsamt ausgeübt hat. Die Techniker Krankenkasse kündigte an, notfalls bis vor dem Bundessozialgericht für ihr Modellvorhaben zu kämpfen.

Die Krankenkasse will als erste gesetzliche Kasse ab 2003 einen Selbstbehalt-Tarif einführen (siehe Kasten) und hat für dieses Vorhaben am 11. Oktober die Zustimmung des Bundesversicherungsamtes bekommen. „Die Genehmigung kann nicht von heute auf morgen widerrufen werden“, kritisierte die Sprecherin der Techniker Krankenkasse, Antje Walther. Das Interesse an dem Angebot sei „riesengroß“. Auch die Betriebskrankenkassen beobachten die weitere Entwicklung aufmerksam. Rund 14 Betriebskrankenkassen wollen ebenfalls Selbstbehalt-Modelle einführen, wenn die Techniker mit ihrem Angebot Erfolg hat, heißt es beim Bundesverband der Betriebskrankenkassen.

Bundesgesundheitsminsterin Schmidt lehnt das geplante Techniker-Modell dagegen ab. Das Ministerium sieht durch den Selbstbehalt die Solidarität der Krankenversicherungsgemeinschaft bedroht. „Nur wenn möglichst viele Versicherte einzahlen, kann die Versorgung sichergestellt werden“, betonte eine Sprecherin des Ministeriums am Montag. Schmidt kritisierte, das Bundesversicherungsamt habe die Genehmigung ohne Absprache mit dem Ministerium erteilt. Der Behörde setzte sie eine Frist bis zum Montagabend, um Stellung zu nehmen.

Das Bundesversicherungsamt gehört zum Geschäftsbereich des Gesundheitsministeriums. Die Ministerin ist gegenüber der Behörde zu allgemeinen Weisungen befugt, aber nicht bei Einzelfall-Entscheidungen. Die Genehmigung des Techniker-Tarifs soll Schmidt als unfreundlichen Akt empfunden haben, heißt es in Krankenkassen-Kreisen. Immerhin hatte sich die Ministerin im Wahlkampf stets gegen Selbstbehalte in der Krankenversicherung ausgesprochen. Dass Schmidt das Amt unter Druck gesetzt hat, zu prüfen, ob die Genehmigung Bestand haben kann, „kann ich nicht bestätigen“, sagte Behördensprecher Theo Eberenz. Würde die Versicherungspflichtgrenze zum 1. Januar angehoben, wie gesetzlich vorgesehen, änderten sich aber die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedindungen. Denn die Techniker habe mit ihrem Modell vor allem freiwillig Versicherte vom Wechsel in die Privatversicherung abhalten wollen. Durch die höhere Versicherungspflichtgrenze werde ein Wechsel aber ohnehin schwieriger.

Unterstützung erhielt die Gesundheitsministerin vom Präsidenten des Sozialverbandes VdK, Walter Hirrlinger. Der Selbstbehalt käme der Einführung der Kaskoversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung gleich. „Kaskoversicherungen sind beim Auto sinnvoll“, sagte Hirrlinger. „Aber Menschen sind keine Autos. Sie können nicht vorausahnen, was im Laufe ihres Lebens auf sie zukommt.“ Dagegen begrüßte Ekkehard Bahlo vom Patientenverband DGVP den Tarif als „mutigen Ansatz, der zumindest eine Chance verdient“.

Deutliche Kritik an der Intervention der Bundesgesundheitsministerin übten dagegen Politiker der Grünen und der Union. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Birgitt Bender, verteidigte den Selbstbehalt. „Es spricht viel dafür, das Modell auszuprobieren“, sagte Bender dieser Zeitung. „Dann sehen wir, ob gesetzlich Versicherte vom Wechsel in die privaten Kassen abgehalten werden.“ Die Solidargemeinschaft sei durch das Modell der Techniker nicht bedroht. „Um finanzielle Risiken abzufangen, gibt es den Risikostrukturausgleich“, sagte Bender. Auch CDU-Gesundheitsexperte Andreas Storm verteidigte den Selbstbehalt: Dieser gebe Versicherten mehr Wahlmöglichkeiten und sei das richtige Instrument, um die Abwanderung in die privaten Kassen zu verhindern. Storm sagte, auf das Bundesversicherungsamt sei „ein enormer Druck von Seiten der Politik ausgeübt worden“. Das zeige, dass die Ministerin „jeden innovativen Gedanken im Keim ersticke“.

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