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Mit iPhone aufs Parkett. René Schuster hofft auf mehr Wettbewerb bei Smartphones. Ein Modell für 50 Euro könne das O2-Geschäft beflügeln. Foto: Reuters

© REUTERS

Telefónica-Deutschlandchef Schuster: "Wir sind stolz, dass wir Investitionen zurückgeben"

O2 ist die wichtigste Marke im Deutschlandgeschäft von Telefónica. René Schuster leitet es seit 2009. Mit dem Tagesspiegel spricht er über Funkstille in der U-Bahn, schnelle Netze und Milliarden, die nach Spanien fließen.

Herr Schuster, wie war das mobile Surferlebnis bei Ihrer letzten U-Bahnfahrt?

Das kann ich nicht sagen, weil ich mein Mobiltelefon dort nicht benutzt habe.

Es hätte wohl auch nicht funktioniert.

Das liegt nicht unbedingt an der Netzabdeckung in der U-Bahn. Berlin ist eine sehr dynamische Stadt, das Leben pulsiert – entsprechend sind viele Kunden in in den Mobilfunknetzen unterwegs, und die Kapazitäten sind begrenzt. Aber wir haben in vergangenen Jahren schon sehr viel investiert, um speziell die Versorgung, die schnelles mobiles Surfen ermöglicht, zu verbessern, und sind mit den anderen Anbietern im Gespräch, um das Netz in der U-Bahn weiter auszubauen.

Fachleute bescheinigen O2 in Tests gute Telefonqualität, aber keine gute Qualität beim mobilen Internet. Was ist die Ursache?

Tests sind ein guter Indikator, um die Qualität eines Netzes zu erfassen. Aber sie sind immer auch nur eine Momentaufnahme. Mobilfunknetze sind lebende Gebilde, die ständig verbessert werden, deren Qualität aber auch von Tag zu Tag schwanken kann. Manchmal müssen Teile auch ganz bewusst heruntergefahren werden, um neue Verbesserungen einzuspielen. Also, Tests sind gut und sinnvoll, aber sie bilden nicht exakt die Realität ab. Wenn sie ein Jahr lang jeden Tag die Netze an einem bestimmten Ort vergleichen, werden sie zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

LTE, die jüngste Generation des Mobilfunkstandards, ist bei O2 bislang in Nürnberg, Dresden und München geschaltet. Wann wird man in Berlin in LTE-Geschwindigkeit surfen können?

Im kommenden Jahr. Wir arbeiten momentan an acht bis zehn „Highspeed- Areas“, in denen LTE zuerst läuft. Dann verbinden wir diese Punkte und werden damit eine viel höhere regionale Abdeckung erreichen als bei 3G.

3G wurde nie richtig zu Ende ausgebaut?

Bei UMTS sind wir bei etwa 70 Prozent, und es hätte keinen Sinn, es großflächig weiter auszubauen. LTE ist eindeutig die wirtschaftlichere Variante für den deutschlandweiten Ausbau.

Gibt es einen Grund, warum Sie für den Start die drei genannten Städte ausgewählt haben und nicht Berlin?

Das hat vor allem technische Gründe. Berlin ist für uns ein sehr wichtiger Markt, und wir sind sehr an einem hohen Marktanteil hier interessiert. Wir sind aber noch in einer sehr frühen Marktphase von LTE. Zum Jahresende werden wir rund 15 Prozent der Bevölkerung mit LTE versorgen können. Ein Massenmarkt wird es erst Ende 2013, Anfang 2014 – und da sind wir mit dabei.

Wie viel Geld hat sie der Aufbau des LTE-Standards gekostet?

Wir haben in den letzten Jahren rund sechs Milliarden Euro unter anderem für den Ausbau von Mobilfunk- und Festnetz ausgegeben. Darin sind auch Frequenzkosten und Ausgaben für LTE enthalten.

Auf die Erträge aus dem Börsengang – immerhin 1,45 Milliarden Euro – können Sie beim weiteren Netzausbau nicht zählen. Die fließen in den Schuldenabbau ihrer spanischen Mutter. Schmerzt Sie das?

Nein. In den vergangenen fünf Jahren hat Telefónica mehr als sechs Milliarden Euro in Deutschland investiert. So etwas tut man nur, wenn man an den Markt glaubt und erfolgreich ist. Wir konnten dank des Investments wachsen und eine respektable Größe erreichen – mit einem Jahresumsatz von fünf Milliarden Euro und rund einer Milliarde Euro Gewinn. Wir können mit dem auskommen, was wir selbst erwirtschaften, und auch ausreichend investieren. Und wir sind stolz, dass wir dem Mutterkonzern einen Teil der Investitionen durch den Börsengang zurückgeben konnten.

Telefónica setzt derzeit sehr auf das Südamerika-Geschäft.

Telefónica hat zwei Wachstumsmärkte: Brasilien und Deutschland. Es ist hervorragend für uns, dass wir hier in Deutschland sitzen, weil es so eine Art Insel in Europa ist. Deutschland bleibt in Europa der Wachstumsmotor.

Sie spüren die Finanzkrise im Deutschlandgeschäft also nicht.

Natürlich wissen wir, dass unsere Kunden besorgt sind aufgrund der wirtschaftlichen Probleme, die wir in der Euro-Zone haben.

Wie verdient man in diesem Umfeld mit Mobilfunk Geld, wenn der Preiskampf immer härter wird?

Also, zunächst einmal sehe ich derzeit gar keinen Preiskampf, sondern einen guten Wettbewerb, in dem wir mit absolut wettbewerbsfähigen Preisen agieren. Wir decken das gesamte Spektrum ab, beginnend mit günstigen Prepaid- und Postpaid-Angeboten. Heute kann sich jeder ein Mobiltelefon leisten.

Welche Rolle spielen Kundendaten als Währung? Im Internet wären manche Geschäftsmodelle unmöglich, ohne dass solche Daten als Kapital eingesetzt werden.

In Deutschland sehe ich für solche Modelle in absehbarer Zeit keine Perspektive. In anderen Ländern mag das anders sein, aber Deutschland hat den strengsten Datenschutz weltweit – und den respektieren wir hundertprozentig.

Sie haben kürzlich Bekanntschaft mit dem speziellen Verhältnis der Deutschen zum Datenschutz gemacht. Ist das Thema Bewegungsdaten damit vom Tisch?

Ja.

Eigentlich lassen sich aus solchen Daten lukrative Geschäftsmodelle ableiten.

Ob Sie es glauben oder nicht, das Mobilfunkgeschäft ist noch sehr attraktiv.

Wie das Handy zur Geldbörse wird, was vom Duell zwischen Apple und Samsung zu halten ist

Wie alle anderen Mobilfunkkonzerne experimentieren Sie mit Mobile Payment.

Wir denken, dass wir Mobile Payment maßgeblich vorantreiben…

… das sehen Ihre Konkurrenten auch so.

Natürlich. Aber wir glauben, dass man dieses Geschäftsfeld nicht allein entwickeln kann, weil es nur in einem Massenmarkt funktioniert. Deshalb sind wir mit M-Pass in Kooperation mit der Telekom und Vodafone. Damit haben wir Zugang zu 70 Millionen Kunden in Deutschland. Es ist eines der vielversprechendsten Projekte der kommenden Jahre.

Fachleute halten M-Pass schon für gescheitert, weil inzwischen alle Mobilfunkanbieter an eigenen Wallets, also elektronischen Geldbörsen, arbeiten.

Jeder kann natürlich seine Meinung haben. Beim Mobile Payment sind wir in einer so frühen Phase, dass wir unterschiedliche Wege ausprobieren. Es gibt nichts Schlimmeres für ein Unternehmen, als seinen Kunden fertige Produkte vor die Nase zu setzen, die sie nicht haben wollen. Und manchmal kann es hilfreich sein, wenn man mit seinen Wettbewerbern zusammenarbeitet wie bei M-Pass.

Dennoch arbeiten auch Sie an einem eigenen Mobile Wallet.

Ja. Aber wir sind jederzeit offen, wenn jemand Funktionalitäten bietet, die besser sind, als das, was wir machen. Wir werden es dann auch benutzen – in Lizenz, eingekauft oder wie auch immer.

Wann wird das Mobile Wallet kommen?

Momentan sind wir für unser Wallet in der Testphase. Auf den Markt kommt es im kommenden Jahr. Ich gehe davon aus, dass es im Sommer so weit sein wird.

Das Samsung-Flaggschiff Galaxy 3 verfügt bereits über einen NFC-Chip, mit dem man im Laden mobil bezahlen könnte. Das iPhone 5 hat diese Technik noch nicht an Bord. Ist das ein großer Nachteil?

Für uns nicht. NFC-Chips kann man auch einfach auf die Rückseite eines Handys kleben, das funktioniert auch. Aber für Apple ist es vielleicht eine verpasste Marketinggelegenheit.

Wie bewerten Sie den Wettlauf der beiden Unternehmen?

Wir erleben im Segment der Smartphones und Tablets einen Zweikampf. Ich hätte gern mehr Wettbewerb. Unsere Aufgabe ist es, dem Kunden eine möglichst breite Auswahl an Endgeräten zu bieten. Wir werden auch mehr Wettbewerb bekommen. Samsung und Apple sind Premiumhersteller. Im Prepaid-Markt gibt es viele, die sich diese Geräte nicht leisten können. Sobald es Smartphones für unter 50 Euro gibt, werden diese Menschen sie kaufen. Da schlummert großes Potenzial.

Sie könnten selbst eines produzieren.

Wir sind ein Mobilfunkunternehmen. Das ist ein erfolgreiches Geschäft und darauf werden wir uns weiter konzentrieren. Wir machen keine Hardware.

Das Gespräch führte Simon Frost.

DER MANAGER

René Schuster wurde 1961 in New York geboren. Seine Karrierre begann er in den 80er Jahren als Entwicklungsingenieur bei Bosch. Seit 2009 leitet er das Deutschlandgeschäft von Telefónica mit der Hauptmarke O2. Schuster ist verheiratet und hat zwei Kinder.

DIE FIRMA

Anfang November schickte die hoch verschuldete spanische Mutter die deutsche Tochter in Frankfurt an die Börse. Die Einnahmen aus dem IPO fließen in den Schuldenabbau. Im abgelaufenen Quartal steigerte O2 Deutschland den Gewinn von 14 auf 53 Millionen Euro zum Vorjahreszeitraum.

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