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Telekom-Affäre: Ex-Sicherheitschef: Ricke und Zumwinkel haben Spitzelaufträge erteilt

In der Spitzelaffäre bei der Deutschen Telekom wächst der Druck auf den ehemaligen Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel und Ex-Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke. Und auch der amtierende Chef René Obermann soll mehr gewusst haben als er zugibt. Er bestreitet weiter jede Verwicklung.

Die beiden Manager Ricke und Zumwinkel sind vom ehemaligen Sicherheitschef der Telekom, Klaus Trzeschan, schwer belastet worden, berichtet das Nachrichtenmagazin "Spiegel". Bei einer konzerninternen Anhörung, die der Bonner Staatsanwaltschaft vorliege, habe Trzeschan erklärt, dass ihm die Spitzelaufträge von Ricke und Zumwinkel erteilt worden seien. Beide sollen jedoch nicht über konkrete Umstände der Ausführung unterrichtet worden sein.

Wie der "Spiegel" weiter berichtet, wurde ein Teil der Spitzeldienste im November 2006 von einer gemeinsamen Kostenstelle Zumwinkels und des neuen Telekom-Chefs René Obermann abgebucht. Das Geld sei offenbar vom gemeinsamen Büroleiter der beiden Manager freigegeben worden. Obermann will davon aber nichts gewusst haben. Dem "Spiegel" sagt er: "Ich habe die Rechnung nie gesehen".

Telekom: Indiskretionen waren Thema bei Vorstandssitzungen

Bei den Vorstandssitzungen seien nicht nur unerlaubte Pressekontakte der Telekom-Mitarbeiter thematisiert worden, berichtet die "WirtschaftWoche" vorab. Es sei auch darüber gesprochen worden, ob und welche Gegenmaßnahmen zu treffen seien. "Mehr als einmal haben die im Vorstand festgehalten, dass man gegen die Informationslecks vorgehen müsse", zitierte das Magazin einen namentlich nicht genannten Ex-Manager. Obermann war unter Ricke für das Mobilfunkgeschäft verantwortlich.

Ein Telekom-Sprecher sagte: "Ja, Indiskretionen waren Thema bei Vorstandssitzungen." Daraus aber abzuleiten, dass auch die Anordnung illegaler Maßnahmen im Vorstand diskutiert wurde und dass Obermann an solchen Diskussionen beteiligt war, sei ein gedanklicher Sprung, "den wir entschieden zurückweisen müssen."

Hinweise auf konkrete Handlungsaufträge an den Konzernsicherheitsdienst finden sich laut "WirtschaftWoche" in den Sitzungsprotokollen nicht. Gelegentlich habe der Vorstand beschlossen, bestimmte Diskussionspunkte gar nicht erst ins Protokoll aufzunehmen, erläuterte der Ex-Manager. "Solche Beschlüsse sind in der Regel im Konsens gefasst worden", fügte er hinzu.

Obermann: "Ich habe keinen Anlass, etwas zu vertuschen"

Obermann hat indes erneut Mitschuld an der Spitzelaffäre von sich gewiesen. Im Tagesspiegel am Sonntag sagte er: "Ich habe keinen Anlass, etwas zu vertuschen. Meine absolute Intention ist es, die Staatsanwaltschaft zu unterstützen, diesen Sachverhalt komplett aufzuklären."

Zum von ihm ernannten Chefaufklärer Gerhard Schäfer, ehemals Bundesrichter, sagte Obermann im Tagesspiegel am Sonntag: "Er unterrichtet unmittelbar den Vorstand, arbeitet weisungsunabhängig und erhält alle erforderliche Unterstützung. Sein Auftrag, die Sache zu analysieren und ein neues Daten-Sicherheitskonzept für das Unternehmen zu erarbeiten und uns bei der Implementierung zu unterstützen, ist zeitlich unbefristet."

Zu seiner Unterrichtung von der Ausforschungsaktion im Jahr 2007 durch einen Mitarbeiter, in Folge dessen er den zuständigen Leiter der Sicherheitsabteilung entließ, aber nicht an die Öffentlichkeit ging, sagte der Telekomchef im Tagesspiegel am Sonntag: "Wir haben diesen Fall ab August 2007 sofort und konsequent aufgegriffen, ermittelt und personelle sowie organisatorische Maßnahmen ergriffen. Auch nach Auffassung externer Juristen gab es keine rechtliche Verpflichtung, die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Unser Ziel war eine schnelle Aufarbeitung und die Reorganisation des Sicherheitsbereichs, um Risiken abzustellen. Ein solch nachhaltiges Aufräumen wäre bei einer öffentlichen Debatte nicht möglich gewesen."

Union streitet über Konsequenzen

Unterdessen forderte der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl mit Blick auf den Skandal im "Spiegel" härtere Strafen gegen den Datenmissbrauch von Unternehmen. "Täterfirmen" sollten gesetzlich gezwungen werden, den Missbrauch selbst öffentlich zu machen. Dies habe "eine abschreckende Wirkung, wie einst der mittelalterliche Pranger". Der Telekom warf er zudem "blanke Heuchelei" vor. In der Debatte um die Vorratsdatenspeicherung habe sich die Telekom massiv gegen das geplante Gesetz gewandt und sich zum "Schutzengel ihrer Kunden" stilisiert.

Die Politik ist sich über die möglichen Konsequenzen aus der Spitzelaffäre bei der Deutschen Telekom noch uneins. Dies betrifft vor allem die Frage, ob Gesetzesverschärfungen nötig sind. Der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion im Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU), lehnt diese ab. "Wir haben es hier mit Rechtsbruch zu tun", sagte er der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung". "Das ist bereits verboten." Es mache keinen Sinn, das Verbotene ein zweites Mal für verboten zu erklären. Das Schlimmste sei im übrigen der Vertrauensverlust bei den Kunden. Als Haupteigentümer habe der Bund ein Interesse daran, das Vertrauen wieder herzustellen. (imo/Tsp/dpa/AFP)

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