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Wirtschaft: Telekom-Aufsichtsrat stimmt Personalabbau zu

Mitarbeiter protestieren bundesweit /Streiks frühestens im Januar möglich

Berlin - Mit bundesweiten Protestaktionen hat die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi erneut zum Widerstand gegen den von der Deutschen Telekom geplanten Abbau von 32 000 Stellen aufgerufen. Der Aufsichtsrat des Unternehmens billigte das Vorhaben jedoch am Montag. „Der Aufsichtsrat hat der Vorlage des Vorstands zugestimmt“, sagte ein Telekom-Sprecher am Abend im Anschluss an die Sitzung des Gremiums. Dabei seien die Vertreter der Arbeitnehmer von den Vertretern der Anteilseigner überstimmt worden. Die Telekom werde nun in die Detailplanung gehen. Zu Streiks könnte Verdi nun frühestens im Januar aufrufen. Analysten und Aktionärsvertreter erwarten jedoch nicht, dass dies den Aktienkurs noch einmal deutlich belasten wird.

Die T-Aktie konnte trotz der Proteste am Montag sogar leicht zulegen. Für die gebeutelten Telekom-Aktionäre ist das aber kein Trost: Mit einem Minus von 15 Prozent seit Jahresbeginn ist die T-Aktie die mit Abstand größte Verliererin im Dax.

Anfang November hatte die Telekom angekündigt, bis zum Jahr 2008 erneut 32 000 Stellen im Konzern abbauen zu wollen. In den vergangenen Jahren hat der Konzern bereits jedes Jahr im Schnitt 10 000 Arbeitsplätze abgebaut. Davon betroffen ist vor allem die Festnetzsparte T-Com. Dennoch – so sagen Analysten – beschäftigt der Konzern pro Telefonanschluss immer noch mehr Mitarbeiter als vergleichbare Konkurrenten in Europa. Derzeit verliert die Telekom pro Monat 100 000 Anschlüsse an die Konkurrenz.

Nach Polizeiangaben beteiligten sich am Montag in Bonn 4000, in Berlin 700 Menschen an den Protestaktionen. Verdi zählte jeweils einige hundert Teilnehmer mehr und sprach von bundesweit 28 000. „Wir werden den Aufsichtsrat auffordern, den Plänen des Vorstands nicht zuzustimmen“, sagte der stellvertretende Verdi-Vorstand, Franz Treml in Bonn. Er forderte den Vorstand auf, ernsthaft mit den Arbeitnehmervertretern zu verhandeln und taktische Spielereien zu beenden. „Die vorgelegten, skandalösen Pläne des Telekom-Vorstands müssen vom Tisch“, sagte Treml, der auch stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats ist.

In Berlin sprach Verdi-Chef Frank Bsirske von einem „Zeichen der Empörung“ und sagte: „Wir sind nicht bereit, dem Abbau von 32 000 Arbeitsplätzen zuzusehen bei einem Konzern, der Gewinnrekord auf Gewinnrekord türmt.“ Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wünschte den Demonstranten Erfolg in ihrem Kampf: „Sie haben die Erfolgsbilanz der Deutschen Telekom erarbeitet.“ Vor allem die Empörung über den angekündigten Stellenabbau bei gleichzeitigem Rekordgewinn hatte die Demonstranten auf die Straße getrieben. „Wir haben uns schon eine ganze Menge gefallen lassen“, sagte ein Berliner Mitarbeiter. „Weihnachts- und Urlaubsgeld bekomme ich schon nicht mehr – langsam reicht es.“ Die Rentnerin Helene Zschiegner, die aus Dresden angereist war, sagte: „In 31 Jahren bei Post und Telekom habe ich keinen Personalabbau dieses Ausmaßes erlebt. Das zieht jungen Leuten den Boden unter den Füßen weg.“

Streiks sind im Konzern frühestens im Januar möglich. Derzeit gilt für Verdi noch die Friedenspflicht. Zuletzt hatte es in den 90er Jahren Streiks bei der Telekom gegeben. Da das Netz weitgehend automatisch läuft, würde ein Streik vor allem bedeuten, dass sich der Service verzögert, Ummeldungen länger brauchen oder Call Center nicht erreichbar sind. Von den rund 86 000 Mitarbeitern der T-Com in Deutschland sind jedoch rund 40 000 noch Beamte – die ohnehin nicht streiken dürfen.

Dass drohende Streiks den Aktienkurs noch weiter belasten könnten, glauben Analysten nicht. „Für die Aktienkursentwicklung ist es bedeutsamer, wie es mit der Integration von T-Online weitergeht“, sagte Jochen Reichert von SES Research. Marcus Schmitz vom Bankhaus Hauck & Aufhäuser ist überzeugt, dass es den Kurs weitaus mehr belastet, dass der Bund sich von weiteren Telekom-Aktien trennen könnte. Und Norbert Kretlow von Independent Research meint, dass ein schlechter Kompromiss mit der Gewerkschaft die Aktie am Ende mehr belasten wird als ein Streik. „Die T-Aktionäre sind Kummer gewohnt“, sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz. Doch er glaubt noch nicht, dass es tatsächlich zum Streik kommen wird: „Verdi droht zuerst mit dem großen Hammer Streik, ob sie aber auch zuschlagen wird, ist eine andere Frage.“ Auch die Gewerkschaft wisse, dass die Telekom unter enormem Konkurrenzdruck steht. Die Proteste seien zum großen Teil nur ein Showkampf.

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