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Telekom-Ehe: Stellenabbau in Deutschland unklar

Der massive Stellenabbau im Zuge der Fusion zwischen dem französischen Telekommunikationsausrüster Alcatel und dem US-Konkurrenten Lucent soll alle Regionen umfassen. Weltweit sollen fast 9000 Beschäftigte gehen.

Paris/Stuttgart - Dies erklärte die künftige Konzernchefin und derzeitige Lucent-Vorsitzende Patricia Russo in einem Gespräch mit «Le Monde» in Paris. Vor allem werde dies Einkauf, Logistik, Immobilien und die zentrale Verwaltung treffen, während die Forschung und Entwicklung ausgenommen bliebe. Mit dem transatlantischen Zusammenschluss der beiden Telekom-Ausrüster entsteht bei einem Umsatz von zusammen etwa 21 Milliarden Euro die weltweite Nummer zwei hinter dem US-Konzern Cisco (24 Milliarden).

Der Stellenabbau wird gravierend sein: Innerhalb von zwei Jahren sollen rund zehn Prozent der 88.000 Arbeitsplätze weltweit gestrichen werden. Damit müssen fast 9000 Beschäftigte gehen. Die französische Gewerkschaft CFDT befürchtet, die Belegschaft werde weiter die Kosten weltweiter Umstrukturierungspläne tragen, bei Alcatel sei die Zahl der Mitarbeiter in fünf Jahren bereits halbiert worden. An der Pariser Börse wurde der geplante Zusammenschluss indes gefeiert. Die Alcatel-Aktien zogen kräftig an.

Ob die deutsche Alcatel-Tochter mit Hauptsitz in Stuttgart von den Stellenstreichungen betroffen sein wird, ist noch unklar. «Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist noch nichts absehbar», sagte eine Sprecherin am Montag. Alcatel hatte Ende 2005 in Deutschland rund 5200 Beschäftigte, darunter 1600 Ingenieure. Deutschland ist nach Frankreich der zweitgrößte Entwicklungsstandort des Konzerns. Eines von weltweit sechs Forschungszentren ist in Stuttgart angesiedelt.

Weitere deutsche Standorte sind im thüringischen Arnstadt, in Berlin, Bonndorf (Baden-Württemberg) und Hannover. Im vergangenen Jahr wurde ein Umsatz von 1,3 Milliarden Euro (2004: 1,2 Mrd) erzielt. Ein Schwerpunkt der deutschen Alcatel-Tochter mit Hauptsitz in Stuttgart ist die Entwicklung von Leit- und Sicherungstechnik für Bahnen im Fern- und Nahverkehr. Seit dem 1. April ist Wolfgang Weik neuer Chef von Alcatel in Deutschland. Er rückte auf den Posten von Reinhard Hutter.

«Das Geschäft wird homogen zwischen Nordamerika - dem bisherigen schwachen Punkt von Alcatel - sowie Europa und dem Rest der Welt verteilt», analysierte das Pariser Wirtschaftsblatt «La Tribune» am Montag die Telekom-Ehe. Alcatel-Chef Serge Tchuruk hat sich nach dem fehlgeschlagenen ersten Fusionsversuch 2001 «seinen Traum erfüllt» und zeigt sich «ganz stolz» über den Schulterschluss. Er wird bis zum Abschluss der Fusion Alcatel-Chef bleiben. Ursprünglich wollte er in knapp zwei Monaten in Ruhestand gehen. Die Transaktion mit einem Wert von 13,4 Milliarden Dollar soll in sechs bis zwölf Monaten abgeschlossen werden.

Mit dem Zusammenschluss wollen die Konzerne zur Nummer eins im Bereich der Telekom-Ausrüster werden. Die obersten Gremien beider Unternehmen hätten zugestimmt. Nach den Angaben soll Alcatel rund 60 Prozent des Kapitals und Lucent 40 Prozent der neuen Gesellschaft besitzen, deren Hauptsitz in Frankreich sein soll. Im Zeitraum von drei Jahren werden durch Synergien vor Steuern Einsparungen von 1,4 Milliarden Euro erwartet. Lucent-Chefin Russo führt den Konzern.

Obwohl sich die beiden Konzerne nach Auffassung von Branchenbeobachtern regional gut ergänzen, wird mit Problemen bei der Integration der Produktreihen gerechnet. «Erfolg hat, wer bei den Innovationen zu den Besten gehört und am günstigsten produzieren kann», erläuterte Tchuruk. Der neue Telekom-Riese setzt darauf, «dank seiner 26.100 Ingenieure und Forscher auf dem Feld von Forschung und Entwicklung der weltweit leistungsstärkste zu sein.» Ziel der Fusion sei es, beim Umsatz und Gewinn deutliche Zuwächse zu erzielen. (tso/dpa)

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