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Telekom: Kunden wider Willen

Verbraucherschützer werfen der Telekom vor, mit unseriösen Methoden neue Kunden zu angeln. Wer bereits einen Vertrag hat, bekomme kostenpflichtige Extras untergeschoben, sagen sie. Gerichte haben ihnen jetzt Recht gegeben.

Berlin - Eigentlich wollte der Kunde im Telekom-Shop nur kurz Fragen zu seiner Telefonrechnung klären. Doch dann kam man ins Gespräch. Man plauderte über Musik, Fußfall und Filme. Zwei Wochen später bekam der Mann überraschend Post. In der „Auftragsbestätigung zu Ihrem Auftrag“ bestätigte die Telekom die Bestellung des Tarifpakets „Entertainment Comfort“. Der Kunde fiel aus allen Wolken, denn eine solche Bestellung hatte er niemals erteilt. Er suchte Rat bei Verbraucherschützern. Die verklagten die Telekom – mit Erfolg. Wie der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) am Montag mitteilte, untersagte das Oberlandesgericht Köln dem einstigen Staatskonzern, Auftragsbestätigungen herauszuschicken, ohne dass der Kunde zuvor einen verbindlichen Auftrag erteilt hatte (Az: 6 U 199/11).

Was selbstverständlich klingt, scheint in der Geschäftswelt der Telekom nicht selbstverständlich zu sein. Das zeigt ein zweiter Fall, der sich nicht im Telekom-Laden, sondern passenderweise am Telefon selbst abspielte. Die Telekom Deutschland GmbH, die im Konzern für das Festnetz und den Mobilfunk zuständig ist, hatte ein Callcenter damit beauftragt, neue Kunden zu gewinnen – offensichtlich um jeden Preis. Denn selbst die Verbraucher, die nicht zur Telekom wechseln wollten, erhielten wenige Tage später ein Begrüßungsschreiben mit der Betreffzeile „Ihr Wechsel zur Telekom“. Das sei irreführend und belästigend, entschied das Landgericht Bonn auf Klage des vzbv (Az: 11 O 7/12, nicht rechtskräftig). Ohne wirksamen Auftrag des Kunden dürfe die Telekom keine Begrüßungsschreiben verschicken.

Sind das Einzelfälle? Auf eine Anfrage des Tagesspiegels reagierte die Telekom am Montag leider nicht.

Verbraucherschützer glauben jedoch nicht an Zufall. Denn auch andere haben ähnliche Erfahrungen mit der Telekom. So haben sich bei der Verbraucherzentrale Hamburg zahlreiche Kunden darüber beschwert, dass ihnen im Telekom-Shop oder am Telefon kostenpflichtige Zusatzleistungen untergeschoben worden sind, die sie gar nicht haben wollten. Auch hier habe die Telekom nichts ahnenden Bürgern angeblich bestellte Vertragsänderungen „bestätigt“. Die Kunden hätten später alle Mühe gehabt, diese Vertragsänderungen wieder rückgängig zu machen, berichten die Hamburger Verbraucherschützer.

Auch die Verbraucherzentrale Hamburg zog vor Gericht und bekam Recht. Bereits im März verbot das Landgericht Bonn der Telekom, ihren Kunden Tarifänderungen oder kostenträchtige Zusatzleistungen zu bestätigen, wenn die Verbraucher gar keine entsprechenden Aufträge erteilt hatten (Az: 11 O 46/11).

„Wir haben noch weitere Beschwerden“, sagt auch Bianca Skutnik, die beim Bundesverband vzbv die Verfahren betreut. Grob ließen sich drei Konstellationen unterscheiden, die typisch sind: „Jemand soll per Telefon als Neukunde geworben werden“, berichtet die Verbraucherschützerin, „oder der Verbraucher ist bereits Kunde der Telekom und bekommt eine Zusatzleistung zum laufenden Vertrag, die er gar nicht bestellt hat.“ Schließlich gebe es noch die Fälle, bei denen Telekom-Kunden neue Verträge untergeschoben werden sollen, die sie gar nicht wollen.

Ohne Einwilligung des Kunden sind allerdings weder die Werbeanrufe noch die Vertragsänderungen wirksam, betont Skutnik. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will die Bußgelder für unerlaubte Werbeanrufe per Gesetz jetzt sogar noch einmal deutlich heraufsetzen. Doch in der Praxis hilft das den Kunden wenig: „Die Verbraucher sind unsicher. Sie glauben, dass sie sich aktiv wehren müssen“, weiß Skutnik.

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