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Telekom-Skandal: Schäuble und Verbände wollen Gesetze nicht schnell ändern

Wolfgang Schäuble bittet die Telekommunikations-Unternehmen am Montag zum Gespräch. Angesichts des Telekom-Skandals soll nun über eine Selbstverpflichtung der Branche zum Datenschutz beraten werden. Doch die Unternehmen sträuben sich und die Politik ist uneins.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich gegen rasche Gesetzesänderungen nach dem Bespitzelungsskandal bei der Deutschen Telekom ausgesprochen. "Ich bin gegen Schnellschüsse", sagte er am Sonntagabend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Die ganze Branche sei "von dem Vertrauensverlust betroffen". Er wisse nicht, ob Selbstverpflichtungen der Unternehmen ausreichten, um künftigen Missbrauch zu verhindern, sagte Schäuble. "Wenn es nicht ausreicht, müssen wir überlegen, können wir weitere Gesetze machen? Aber das steht am Ende, und nicht am Anfang."

Auch die Branchenverbände hatten die Politik vor gesetzgeberischen Schnellschüssen gewarnt. Vor dem Treffen im Innenministerium an diesem Montag in Berlin mahnten die Verbände, zunächst die Fakten abzuwarten. Sie verwiesen am Wochenende zugleich darauf, es gebe in Deutschland bereits ein striktes Datenschutzrecht. Es seien daher nicht mehr Sanktionen, sondern die sorgfältige Umsetzung des Datenschutzes nötig. Auch in der Koalition ist umstritten, ob schärfere Gesetze nötig sind. Führende SPD- und Unionspolitiker lehnen allerdings voreilige Schlüsse ab.

Treffen findet trotz Absagen statt

Zahlreiche Firmen sind der Einladung Schäubles bisher nicht gefolgt. Zugesagt haben neben der Deutschen Telekom AG aber die Branchenverbände Bitkom und VATM. Trotz Absagen einiger Firmen finde das Treffen statt, bestätigte ein Ministeriumssprecher. Viele Unternehmen seien schließlich in den großen Verbänden vertreten. Die Bundesregierung will die Branche zu einer Selbstverpflichtung zur Einhaltung des Datenschutzes bewegen. Schäuble sagte, er wisse nicht, ob dies ausreiche, um künftigen Missbrauch zu verhindern.

Die Opposition sieht sich durch den Skandal um ausgespähte Daten von Journalisten und Aufsichtsräten der Telekom in der Ablehnung der Vorratsdatenspeicherung bestätigt. Am Samstag hatten mehr als 6000 Bürgerrechtler mit einem bundesweiten Aktionstag gegen die gesetzliche Speicherung von Telefon- und Internetdaten protestiert.

Öffentlicher Pranger für Firmen

Die Telekom hatte eingeräumt, Telefondaten ausspioniert zu haben, um die Veröffentlichung vertraulicher Informationen zu verhindern. Als Konsequenz fordert der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl schärfere Gesetze. So sollten Firmen im Falle von Datenmissbrauch an eine Art öffentlichen Pranger gestellt werden, sagte er in der "Passauer Neuen Presse" und "Neuen Osnabrücker Zeitung". Dem "Spiegel" sagte Uhl, allen Unternehmen, die Daten missbräuchlich verwenden, müsste "die denkbare Höchststrafe" auferlegt werden.

Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) hielt in der "Mitteldeutschen Zeitung" dagegen: "Wir haben es hier mit Rechtsbruch zu tun. Das ist bereits verboten." Es sei nicht sinnvoll, das Verbotene ein zweites Mal für verboten zu erklären.

SPD-Fraktionschef Peter Struck riet von schnellen Forderungen nach neuen und schärferen Gesetzen ab. "Man muss einmal den Sachverhalt aufklären", sagte er im Deutschlandfunk. Es spreche für Telekom-Chef René Obermann, dass er den ehemaligen Richter am Bundesgerichtshof Gerhard Schäfer mit der Aufklärung beauftragt habe.

"Kabarett der schlechten Art"

Jürgen Grützner vom Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) sagte der ARD, Änderungen im System machten vor allem dann keinen Sinn, "wenn dieses System durch einen Vorstandsvorsitzenden (...) mit anderen wichtigen Beteiligten eines Unternehmens einfach ausgeschaltet werden kann". Laut Bitkom hat Deutschland das schärfste Datenschutzrecht weltweit. "Wenn sich jemand zum Ziel setzt, die Gesetze zu brechen (...), dann werden wir ihn auch nicht mit schärferen Gesetzen zur Einsicht bringen."

FDP-Chef Guido Westerwelle beklagte einen stetigen Abbau von Bürger- und Freiheitsrechten. Dies sei ein schleichender Prozess, der in einer Art Salami-Taktik geschehe, sagte er auf dem FDP- Bundesparteitag. Aus Sicht von Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele ist Schäuble nicht die richtige Adresse für Maßnahmen gegen horrenden Datenmissbrauch.

Die Linken-Politikerin Petra Pau nannte das Treffen bei Schäuble und die angestrebte Selbstverpflichtung "Kabarett der schlechten Art". Schäuble selbst sei es, der Milliarden persönliche Daten auf Vorrat speichern lasse. "Das kommt einer Einladung zum Missbrauch gleich." (ck/dpa)

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