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Wirtschaft: Telekom verliert Monopol im Ortsnetz

Vermittlungsausschuss will offenbar der Öffnung der „letzten Meile“ zustimmen/Späth will T-Aktien verkaufen

Berlin (ce/vis). Die Aktie der Deutschen Telekom geriet am Montag erneut unter Druck. Die Aussichten der Telekom-Wettbewerber, noch in diesem Jahr Gespräche im Ortsnetz über Call-by-Call anbieten zu können, sind offenbar gewachsen. Dazu kam, dass Lothar Späth (CDU), Kandidat für das Arbeits- und Wirtschaftsministerium im Schattenkabinett des Unionskanzlerkandidaten Edmund Stoiber ankündigte, im Fall eines Wahlsiegs die restlichen Bundesanteile der Telekom zügig verkaufen zu wollen. Die T-Aktie notierte zum Handelsschluss bei 10,30 Euro, 3,7 Prozent unter dem Wert vom Freitag.

Offensichtlich haben sich die Mitglieder des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat darauf verständigt, bei ihrer heutigen Sitzung den Weg für die Öffnung der Telefon-Ortsnetze freizumachen. Das Ortsnetz war zuletzt einer der wenigen stabilen Geldbringer für die Telekom, weil sie dort nahezu Monopolanbieter war.

Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) rechnet damit, dass das Telefonieren im Ortsnetz noch in diesem Jahr billiger wird. „Wir sind zuversichtlich, dass wir die Bedenken der Bundesländer gegen den Start von Call-by-Call ausräumen können“, sagte ein Ministeriumssprecher am Montag. Ab dem 1. Dezember 2002 könnten dann Telekom-Kunden Ortsgespräche über einen anderen Anbieter führen, ohne ihren Anschluss bei der Telekom zu kündigen. Möglich ist das bisher schon bei Ferngesprächen.

Am Dienstagabend berät der Vermittlungsausschuss die von der Bundesregierung vorgeschlagene kleine Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Am 12. Juli war der Gesetzentwurf im Bundesrat gestoppt worden, weil unter anderem Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) Nachteile für lokale Telefon-Netzbetreiber in Ballungsgebieten fürchtete. NRW geht nun nach Angaben der Regierungssprecherin Miriam Meckel mit einem Kompromissvorschlag in die Verhandlungen. Neue Konkurrenten sollen demnach künftig an den Kosten des Teilnehmeranschlusses beteiligt werden. „Dann haben die Unternehmen keinen Nachteil, die schon in Netze investiert haben“, sagte Meckel dem Tagesspiegel. Die Neuordnung der Entgelte läge damit in der Hand der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post.

Werden die Ortsnetze dem Wettbewerb geöffnet, so kann im Prinzip jedes Unternehmen Call-by-Call oder Preselection anbieten. Anbieter solcher Dienste zahlen eine Gebühr an den Netzbetreiber – in der Regel die Telekom –, damit die Telefongespräche bis zum Kunden durchgeleitet werden. Damit können Unternehmen künftig ohne große Investitionen Nahgespräche anbieten. Darin sehen die knapp 50 lokalen und regionalen Stadtnetzbetreiber einen Wettbewerbsnachteil. Sie haben nach Angaben des Branchenverbandes Breko in den vergangenen Jahren mehr als 700 Millionen Euro investiert. „Wir haben viel Geld in die Hand genommen und fordern jetzt einen fairen Wettbewerb“, sagt Udo Pauck, Geschäftsführer des Kölner Netzbetreibers NetCologne.

Die EU-Kommission hatte von ihren Mitgliedsländern bereits zum 1. Januar 2000 eine Liberalisierung der Ortsnetze gefordert. Sollte die Bundesregierung nicht bald die Ortsnetze freigeben, drohen eine Klage und Schadensersatzforderungen beim Europäischen Gerichtshof. Sollte der Vermittlungsausschuss dem Kompromiss zustimmen, kann die Gesetzesnovelle noch in dieser Woche im Bundestag verabschiedet werden.

Der NRW-Kompromiss trifft auch in den unionsgeführten Bundesländern auf Zustimmung. „Die Länder streben eine Einigung an“, sagte ein Sprecher des saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU).

Verkauf der Telekom-Anteile

Die T-Aktie litt außerdem unter der Ankündigung von CDU-Wirtschaftspolitiker Lothar Späth, im Falle eines Wahlsiegs alle Telekom-Anteile des Bundes schnell privatisieren zu wollen. Der Staat hält über die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau immer noch 1,8 Milliarden T-Aktien. Das entspricht einer Beteiligung von 43 Prozent.

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