zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Terror und teure Rohstoffe sind zu viel für die Börse

Preisanstieg bei Öl und Stahl schürt Inflationsangst/Dax nähert sich Jahrestief/Teurer Euro schützt noch die deutsche Wirtschaft

Berlin – An den Finanzmärkten baut sich eine neue Drohkulisse auf: Zur Unsicherheit über die weitere Entwicklung im Irak und zur Angst vor neuen Anschlägen gesellt sich die wachsende Sorge vor einer beschleunigten Inflation. Der Grund: Die Rohstoffpreise steigen dramatisch an. In New York erreichte der Ölpreis am Abend ein Rekordhoch. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) lag erstmals bei 41,55 Dollar. Auch in Europa stiegen die Ölnotierungen weiter. Stahl kostet inzwischen so viel wie seit 15 Jahren nicht mehr. Allein der starke Euro dämpfte bislang den preistreibenden Effekt auf die deutsche Wirtschaft.

Die Börse reagierte zum Wochenauftakt mit einem Kurseinbruch: Der Dax rutschte um rund 1,3 Prozent auf zuletzt 3754 Punkte. Er näherte sich damit seinem Jahrestief von 3692 Punkten. „Technisch betrachtet, sieht es nicht gut aus“, sagte ein Experte mit Blick auf den Verlauf der Dax-Kurve und die weiteren Aussichten. Auch an den US-Börsen sackten die Aktien nach dem Handelsstart ab. Schon die Vorgaben aus Asien waren schlecht: In Japan hatte der Nikkei-Index 3,2 Prozent verloren. Zum größten Crash in der Geschichte der indischen Börse kam es in Bombay: Innerhalb weniger Minuten rutschten die Kurse um mehr als zehn Prozent nach unten.

Das Beispiel Indien zeigt, dass neben politischer Unsicherheit auch die abnehmende Risikoneigung der Investoren die Aktienmärkte – zumal in den Schwellenländern – unter massiven Druck setzt. Zusätzlich verderben die Erwartung steigender Zinsen in den USA – als Reaktion auf die Preissteigerung – und das Abflauen der US-Konjunktur die Stimmung. „Die allerbesten Zeiten für Aktien sind vorbei“, sagte Jörg de Vries-Hippen, Leiter des Fondsmanagements Europa bei Allianz Dresdner Management (Dit). Kursgewinne von 50 Prozent, wie im Jahr 2003, sähen Anleger nur im ersten Jahr nach dem Ende der Rezession. „Wir sind in einer Phase der Neuorientierung. Die Kurse werden weiterhin stark schwanken“, sagte Thomas Meier, Teamleiter für internationale Aktien bei Union Investment. „Davor kann sich niemand verstecken.“ Auch am Rentenmarkt sind die Kurse stark gefallen, weil höhere Zinsen die Rendite der Rentenpapiere verschlechtern.

Die Aussichten bleiben schlecht: „Die Dynamik der US-Wirtschaft schwächt sich schon wieder ab. Bei allen Konjunkturdaten werden die Vergleiche mit dem Vorjahr künftig schwächer ausfallen, weil schon das Vorjahr stark war“, sagte de Vries-Hippen. Sorgen bereiten den Experten besonders die Rohstoffpreise. Das Statistische Bundesamt befürchtet, dass wegen des deutlich teureren Stahls zum Beispiel die Preise für Bauprodukte, für Maschinen und Kraftfahrzeuge steigen werden. Nach Angaben des Branchenverbandes Stahl würde jedes Auto um durchschnittlich 100 Euro teurer, wenn die Hersteller den Preisschub bei den Rohstoffen an die Kunden voll weitergäben.

Dazu sind die Unternehmen nach Einschätzung von Gustav Horn, Konjunkturexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, derzeit aber nicht in der Lage. Die Konjunktur sei zu schwach. Deshalb hält Horn die Sorge vor einer akuten Inflationsgefahr durch explodierende Rohstoffpreise auch für übertrieben. Risiken gebe es gleichwohl, vor allem wenn der Euro weiter falle. Da Rohstoffe weltweit in Dollar gehandelt werden, habe der starke Euro bis zum Jahresbeginn den Preiseffekt gedämpft. „Sollte der Euro aber weiter sinken“, so Horn, „dann haben wir ein Problem.“

Welchen Effekt der Euro bislang hatte, zeigt der Rohstoffpreisindex des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archivs. In US-Dollar stieg der Index innerhalb eines Jahres um 34 Prozent, in Euro dagegen nur um rund 22 Prozent. Ursache ist laut HWWA vor allem der hohe Rohstoffbedarf der chinesischen Wirtschaft. Hinzu kommen Hamsterkäufe der heimischen Industrie: Die Furcht vor weiter steigenden Preisen oder Lieferengpässen führte dazu, dass die Stahlindustrie in den ersten drei Monaten 39 Prozent mehr Aufträge verbuchte als im Vorjahreszeitraum. Damit sei mehr Stahl bestellt worden, als tatsächlich verbraucht werde, heißt es bei der Wirtschaftsvereinigung Stahl.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false