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Test der Beratungsqualität: Banken: Aus der Krise nichts gelernt

Banken beraten Kunden immer schlechter, sagt Stiftung Warentest. Beratungsprotokolle sind mangelhaft. Die Situation für den Verbraucher ist nicht besser geworden.

Berlin - Von wegen Reue: Trotz gegenteiliger Beteuerungen wird die Beratungsqualität bei den deutschen Banken immer schlechter. Zu diesem Schluss kommt die Zeitschrift „Finanztest“ in ihrer aktuellen Ausgabe. Die Tester haben 146 Beratungsgespräche in 21 Banken geführt. Sechs Institute bekamen die Note „mangelhaft“, keine einzige Bank beriet „gut.“ Das ist ein noch schlechteres Ergebnis als beim letzten Bankentest im vergangenen Dezember. „Obwohl die Banken danach hoch und heilig versprachen, kundenfreundlicher zu beraten, ist die Situation für den Verbraucher nicht besser geworden – im Gegenteil“, sagte Stephanie Pallasch von der Stiftung Warentest.

Verantwortlich für die schlechten Noten machen die Tester vor allem den Umgang der Institute mit dem Beratungsprotokoll, dass der Gesetzgeber seit Januar vorschreibt. In 126 Fällen hatten die Bankberater den Testkunden Wertpapiere empfohlen. Danach hätten sie eigentlich ein Beratungsprotokoll aushändigen müssen. In über der Hälfte aller Fälle wurde das versäumt, was zu Punktabzug führte. Die Mittelbrandenburgische Sparkasse aus Potsdam zum Beispiel hätte ohne diesen Fehler sogar ein „gutes“ Ergebnis erzielen können.

Das Beratungsprotokoll soll im Streitfall als Beweismittel dienen, etwa wenn der Berater dem Kunden ein riskantes Produkt empfohlen hat, obwohl dieser nach einer sicheren Anlage gefragt hatte. Einzelne Banken gaben das Protokoll nur heraus, wenn der Testkunde es unterschrieb. Das sieht der Gesetzgeber allerdings nicht vor. „Wir raten dringend von der Unterzeichnung ab, denn sie könnte im Streitfall als Zustimmung zur Beratung ausgelegt werden“, sagte Pallasch.

Auch bei der eigentlichen Aufgabe – 35 000 Euro für zehn Jahre sicher und flexibel anzulegen – versagten viele Banken. In den meisten Fällen empfahlen die Berater ein zu riskantes Konzept. Nur drei Sparkassen erhielten für die Lösung des Anlageproblems eine gute Note. Ein Viertel der Berater hielt den Anlagewunsch schlicht für „nicht erfüllbar“. Bei der Deutschen Bank rieten einige Berater zu Bausparverträgen. Nach Ansicht der Verbraucherschützer war das keine Beratung im Sinne des Kunden: „Attraktiv sind hier vor allem die hohen Provisionen“, sagte Hermann Josef Tenhagen, Chefredakteur von „Finanztest“.

Die Banken räumten am Dienstag Fehler ein. Offenbar gebe es „bei der Handhabung von Protokollen nach einer Wertpapieranlageberatung von Neukunden noch deutlichen Nachholbedarf“, hieß es in einer Mitteilung des Zentralen Kreditausschusses, in dem die gesamte Branche organisiert ist.

Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) forderte am Dienstag Konsequenzen aus den schlechten Testergebnissen zu ziehen. „Ich erwarte von der Finanzaufsicht Bafin, dass sie Hinweisen auf Verstöße nachgeht und Banken und Finanzdienstleister intensiver kontrolliert“, sagte die Ministerin dem „Handelsblatt“. Sie sieht die Bafin in der Pflicht, Vorgaben zu machen, um die Qualität der Beratungsprotokolle zu verbessern. Verbraucherschutz müsse einen höheren Stellenwert bekommen.

Verbraucherschützern geht das nicht weit genug. „Wir benötigen endlich klare Vorgaben für den Beratungsprozess und eine den tatsächlichen Verlauf des Beratungsgespräches widerspiegelnde Beratungsdokumentation“ sagte Gerd Billen, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen.

Das Hauptproblem sieht der Verband allerdings in der Tatsache, dass die Banken Provisionen für die Produkte kassieren, die sie ihren Kunden verkaufen. Billens Ansicht nach ist das ein Interessenkonflikt, der eine faire Beratung unmöglich macht. „Ohne die Abkehr von der provisionsgetriebenen Beratung, ohne klare gesetzliche Vorgaben und effektive Kontrollen durch die Finanzaufsicht wird sich an der Qualität der Anlageberatung durch Banken und Finanzvermittler nichts ändern“, sagte Billen. Für „Finanztest“-Chef Tenhagen liegt das Problem weniger in fehlenden Gesetzen, als vielmehr in mangelnden Kontrollen. „Wenn man Gesetze nicht kontrolliert, helfen auch keine neuen Gesetze.“

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