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Pharmaindustrie: Teurer Einkauf in Amerika

Der Darmstädter Pharmakonzern Merck zahlt 5,3 Milliarden Euro für die Biotech-Firma Millipore

Darmstadt - Drei Jahre nach der gut zehn Milliarden Euro teuren Übernahme der Schweizer Pharma-Firma Serono weitet Merck nun sein Biotech-Geschäft durch einen milliardenschweren Zukauf aus: Für rund 5,3 Milliarden Euro übernimmt der Darmstädter Chemie- und Pharmakonzern die US-Biotechfirma Millipore Corporation. Merck setzte sich im Bieterwettbewerb gegen den weltweit größten Laborausrüster für die Biotech-Branche, Thermo Fisher Scientific, durch. Mit dem Zukauf rückt Merck nach den Worten von Vorstandschef Karl-Ludwig Kley zu einem der weltweit führenden Unternehmen für Ausrüstungen und Zusatzstoffe für die Biotechnologie auf und stärkt seine Position in diesem Bereich vor allem in den USA und in Asien.

Der Biotechnologiedienstleister Millipore machte 2009 einen Umsatz von 1,7 Milliarden Dollar, der Betriebsgewinn vor Zinsen und Steuern lag bei 341 Millionen Dollar. Merck übernimmt allerdings auch Schulden des Unternehmens in Höhe von 800 Millionen Dollar. Zusammen kommen Merck und Millipore auf einen Jahresumsatz von 8,9 Milliarden Euro und auf ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern von zwei Milliarden Euro.

Millipore passe „perfekt“ zu Merck und sei ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung des Konzerns, sagte Kley am Montag in Darmstadt. „Mit der Übernahme verbindet sich eine eingebaute Wachstumsgarantie.“ Merck erweitere seine Produktpalette und stärke die globale Präsens. Die 1954 gegründete Biotech-Firma Millipore mit Sitz in Billerica im US-Bundesstaat Massachusetts beschäftigt weltweit rund 6000 Mitarbeiter und genießt in der Branche einen hervorragenden Ruf. Das Unternehmen liefert Filter, Hilfsmittel und Zusatzstoffe für die biotechnologische Produktion – ein Bereich, in dem Merck derzeit noch deutlich kleiner ist. In den letzten Jahren ist Millipore im Schnitt um 13 Prozent pro Jahr gewachsen, beim Ergebnis ging es sogar um 18 Prozent nach oben. Mit der Übernahme kann Merck den Branchenumsatz in den USA nahezu verdreifachen, in Asien und Europa wird er jeweils verdoppelt.

Auch für das Geschäft von Merck insgesamt und die Mitarbeiter bedeute die Übernahme eine Stärkung, sagte Kley. Damit werde die Balance zwischen Chemie und Pharma ausgewogener. Künftig kommen 65 Prozent der Umsätze bei Merck aus dem Pharmabereich und 35 Prozent aus der Chemie. Zu den 35 Prozent steuert Merck Millipore 23 Prozent bei, zwölf Prozent stammen aus dem Geschäft mit Flüssigkristallen.

Beobachter und Analysten begrüßen die Akquisition zwar als strategisch richtig, halten sie aber für überteuert. Der Preis für Millipore sei zu hoch, meint Daniel Wendorff von der Commerzbank, auch wenn der Kauf im Prinzip richtig sei, weil er einen Bereich stärke, der nicht zu den Kernkompetenzen von Merck zähle. Auch UBS-Analyst Fabian Wenner beurteilt den Kaufpreis mit Vorsicht, sieht aber auf lange Sicht Vorteile für Merck. Die Börsen reagierten am Montag positiv auf die Übernahme: Merck-Aktien legten nach einem schwächeren Handelsauftakt 2,9 Prozent zu. Vorstandschef Kley wies die Bedenken, die Transaktion sei zu teuer, zurück: Millipore trage sofort zum Ergebnis von Merck bei.

Ein Abbau von Arbeitsplätzen ist mit dem Kauf offenbar nicht verbunden. „Es geht bei der Übernahme nicht um Kostensenkung, sondern darum, zwei Starke zusammenzuführen und zu wachsen“, sagte Kley. Weltweit beschäftigt Merck rund 33 000 Mitarbeiter, davon etwa 8900 in Deutschland. Durch den Kauf von Millipore kommen weitere 6000 dazu.

Die Kosten für die Integration belaufen sich nach Angaben von Merck auf etwa 110 Millionen Euro. Finanziert werden soll der Kauf aus Barmitteln und Bankkrediten. Die jährlichen Synergien durch den Zukauf lägen ab dem dritten Jahr bei 75 Millionen Euro, sagte Kley. Die Übernahme muss nun von den Millipore-Aktionären abgesegnet und von den Kartellbehörden genehmigt werden. Mit Problemen rechnet das Unternehmen dabei nicht. Die Übernahme soll im zweiten Halbjahr 2010 abgeschlossen werden.

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