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Märkte und Mechanismen: Teurer Haarschnitt

Den deutschen Banken drohen im Falle einer Beteiligung von Gläubigern am griechischen Rettungspaket massive Schockwellen. Denn die Branche hat griechische Engagements in zweistelliger Milliardenhöhe in den Büchern.

Frankfurt am Main - Den deutschen Banken drohen im Falle einer Beteiligung von Gläubigern am griechischen Rettungspaket massive Schockwellen. Denn die Branche hat griechische Engagements in zweistelliger Milliardenhöhe in den Büchern. Würde der Wert hellenischer Staatsanleihen herabgesetzt – Experten sprechen von einem „Haircut“ –, dann wären Milliardenlasten die Folge – und staatliche Hilfen unumgänglich.

Am stärksten betroffen wäre der mittlerweile vollständig verstaatlichte Immobilien- und Staatsfinanzierer Hypo Real Estate (HRE), der nach eigenen Angaben griechische Staatsanleihen im Wert von 7,9 Milliarden Euro hält. Selbst eine Wertherabsetzung um die Hälfte würde also zu Verlusten von knapp vier Milliarden Euro führen. Bei den Staatspleiten von Russland und Argentinien vor rund zehn Jahren mussten Anleihegläubiger sogar auf etwa 70 bis 80 Prozent ihres Investments verzichten.

Die teilverstaatlichte Commerzbank ist mit gut drei Milliarden Euro engagiert. Ein Verlust von 1,5 Milliarden Euro im Zuge eines Haircuts wäre zwar womöglich noch zu schultern. Zugleich würde aber der durch die Milliardengeldspritze des Bundes entstandene Eigenkapital-Puffer erheblich schrumpfen. „Alle Bemühungen, 2010 Gewinne zu schreiben, wären dann wohl obsolet“, sagt Konrad Becker, Analyst beim Bankhaus Merck Finck. Damit würde der Haircut hierzulande vor allem jene Häuser treffen, die ohnehin schon staatlich gestützt werden mussten. „Es wird für die Regierung am Ende vermutlich billiger sein, Griechenland direkt zu helfen, als eine zweite Bankenkrise bewältigen zu müssen“, resümiert Analyst Becker.

Für andere große Häuser wie die Allianz, die Münchener Rück oder die Deutsche Bank wäre eine Einbeziehung des Finanzsektors in das griechische Rettungspaket hingegen vermutlich zu schultern. Auch Landesbanken sind – soweit bekannt – meist „nur“ im dreistelligen Millionenbereich engagiert.

Doch das Problem ist deutlich umfangreicher. Denn Branchenkenner gehen davon aus, dass auch gewöhnliche Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken in griechischen Staatsanleihen engagiert sind. Sie könnten bei einer Wertherabsetzung ebenfalls unter Druck kommen. Auch die Postbank ist mit knapp 1,3 Milliarden Euro investiert. „Das Zeug hat jeder“, sagt ein Banker. Hinzu kommt der Signaleffekt: Würde bei Griechenland ein Haircut durchgeführt, gäbe es automatisch einen Präzedenzfall für andere hoch verschuldete Euro-Staaten. Würden diese dem Beispiel folgen, könnten noch weit umfangreichere Belastungen auf die Banken zukommen. HB

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