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Aus der Pistole. Schon mehrmals haben sich die Kartellwächter den Benzinmarkt vorgeknöpft. Jetzt haben sie offenbar erstmals ermittelt, dass die Branche den Wettbewerb bremst.

© dpa

Teurer Sprit: Kartellamt droht den Ölkonzernen

Auf dem Benzinmarkt herrschen nur wenige Firmen, kritisieren die Wettbewerbshüter. Sie prüfen nun, die Justiz einzuschalten.

Berlin - Mächtigere Gegenspieler hätten sich die 300 Beamten kaum aussuchen können. BP, Conoco-Philips, Exxon-Mobil, Shell und Total heißen die Widersacher – Ölkonzerne also, die jedes Jahr Dutzende Milliarden Euro scheffeln. Doch die kleine Bonner Behörde ist auch nicht irgendwer: Das Bundeskartellamt ist der Gralshüter der Marktwirtschaft in Deutschland, es spürt Preisabsprachen und Machtmissbrauch nach. Offenbar sind die Experten nun wieder fündig geworden – ausgerechnet bei den Tankstellen. Sie stehen schon lange im Verdacht, sich beim Verkauf von Benzin nicht allein nach Angebot und Nachfrage zu richten. Nur einige wenige Firmen bestimmten den Markt, sagte Kartellamts-Präsident Andreas Mundt nun dem „Handelsblatt“.

Seit drei Jahren prüft das Amt die undurchsichtige Benzinbranche. „Wir gehen davon aus, dass die Sektoruntersuchung am Ende unsere Schlussfolgerung zu einem marktbeherrschenden Oligopol für die Branche untermauert“, sagte Mundt. Auf die Frage, ob es auch zu Verfahren gegen Firmen kommen könne, sagte er: „Ich halte das nicht für ausgeschlossen. Ich hege die ernsthafte Hoffnung, dass wir etwas bewegen können.“

Die Eigenheiten des Benzinpreises beklagen viele: Vor Feiertagen oder Ferien steigen die Preise oft auf breiter Front. Auch den Anstieg der Rohölpreise, so der Verdacht, geben die Konzerne rasch an die Kunden weiter – sinkt der Preis aber, haben sie keine Eile. Nirgends herrscht ein so intensiver Wettbewerb wie beim Benzinverkauf, kontert die Ölbranche stets. Der größte Preistreiber sei ohnehin die Steuer, die zwei Drittel des Literpreises ausmache. Durch die in den letzten Wochen stark gestiegenen Preise hat das Thema zusätzliche Brisanz bekommen.

Schon ein Zwischenbericht des Amts aus dem Sommer 2009 hatte gezeigt, dass die Konkurrenz nicht besonders rege ist. Der gesamte Produktionsprozess, vom Bohrloch über den Transport per Pipeline und Tanker bis zur Zapfpistole, befindet sich in der Hand nur weniger Unternehmen. „Auf allen Marktebenen findet man Strukturen vor, die stark dämpfend auf den Wettbewerb insgesamt wirken“, hatten die Fachleute damals festgestellt. Weitere Fusionen von Konzernen seien abzulehnen, schlussfolgerten die Beamten.

Um die Preisbildung genau zu beobachten, hatten die Kartellwächter die Notierungen an 100 Tankstellen in Hamburg, Köln, München und Leipzig über einen längeren Zeitraum beobachtet. Damit wollten sie herausfinden, ob Benzin am Freitagabend tatsächlich teurer und am Montag wieder günstiger wird. Die genauen Ergebnisse der Studie sollen im März vorgelegt werden.

Die Automobilklubs sind froh, dass Bewegung in das Thema kommt. „Wir begrüßen, dass das Kartellamt endlich etwas unternehmen will“, sagte Matthias Knobloch, Verkehrspolitik-Chef des Autoclubs Europa (ACE), dieser Zeitung. Es sei klar, dass sich die Konzerne absprächen. Am Ende des Verfahrens müsse es eine größere Transparenz bei der Preisgestaltung geben. „Das Amt muss die Konzerne zwingen nachzuweisen, warum die Preise steigen, so dass die Verbraucher es nachvollziehen können“, verlangte Knobloch.

Für zusätzliche Verwirrung bei den Autofahrern sorgt derweil die Einführung des neuen Kraftstoffs Super E10. Ihm sind zehn Prozent des Bio-Treibstoffs Ethanol beigemischt. Die Tankstellen verkaufen E10 um bis zu zehn Cent billiger als das herkömmliche Superbenzin. Trotzdem meiden nach Angaben des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV) sieben von zehn Kunden die Sorte E10. Dies berge die Gefahr, dass die Lagerbestände des herkömmlichen Sprits zur Neige gingen. „Wir appellieren deshalb an die Verbraucher, verschenken Sie kein Geld“, sagte MWV-Hauptgeschäftsführer Klaus Picard. Hintergrund: Die Benzin-Branche hat ihre Lagerkapazitäten auf E10 umgestellt – dazu ist sie gesetzlich verpflichtet. Verkauft sie nicht eine bestimmte Menge E10, drohen ihr Strafen. Das bislang übliche Superbenzin mit 98 Oktan wird nur nur noch in kleinen Mengen angeboten. Nötig ist das gleichwohl, um die vier Millionen Autos hierzulande zu versorgen, deren Motoren E10 nicht vertragen. Die im Raum stehenden Strafen gingen „zulasten des Verbraucher“, drohte MWV-Chef Picard. mit fo (HB)

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