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Wirtschaft: Teurer Transrapid

Nach dem Unglück könnte die Münchner Trasse mehr kosten als geplant. Probleme gibt es auch mit der EU

Berlin - Nach dem Transrapid-Unfall im Emsland mehren sich die Stimmen, die eine Abkehr von dem Projekt fordern. „Die hohe Sicherheit war immer ein Argument für den Transrapid“, sagte die stellvertretende Geschäftsführerin des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), Heidi Tischmann, dem Tagesspiegel. „Dieses Argument ist jetzt hinfällig.“ Die Grünen forderten einen Stopp der geplanten Transrapidstrecke in München. „Es gibt mit dieser Technik einfach Sicherheitsprobleme“, sagte der Verkehrsexperte der Partei, Winfried Hermann.

Am Sonntag hatten Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und sein bayerischer Amtskollege Erwin Huber (CSU) erklärt, an der Magnetschwebetechnik festzuhalten. Am Montag bekräftigte auch Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU), das Unglück habe nichts mit der Technologie als solcher zu tun.

Trotzdem wird es wohl Auswirkungen auf den geplanten Bau der 37 Kilometer langen Strecke vom Münchner Hauptbahnhof zum Flughafen geben. Möglicherweise werde das Projekt teurer als bisher vorgesehen, sagte Huber. Durch zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen könnten weitere Aufwendungen nötig werden. Er rechne aber weiterhin für Mitte 2007 mit einem Abschluss des Genehmigungsverfahrens. Tiefensee hatte den Zeitplan in Frage gestellt. Die Klärung von Sicherheitsfragen habe Vorrang.

Bisher hat die Entwicklung der Transrapidtechnologie rund eine Milliarde Euro gekostet. Gut 60 Prozent dieser Kosten hat die öffentliche Hand getragen. Der Bau der Strecke in München wiederum wird mit weiteren 1,6 bis 1,8 Milliarden Euro zu Buche schlagen – je nach Schätzung. Die Finanzierung ist zwischen Bund und Land umstritten; derzeit bleibt noch eine Finanzierungslücke von über einer halben Milliarde Euro. Die Industrie wiederum – also das Transrapidkonsortium aus Siemens und Thyssen- Krupp – wird selbst nur einen geringen Teil der Kosten tragen.

Kritiker fürchten nun, dass die Steuerzahler noch weit mehr Geld ausgeben müssen. „Großprojekte haben es so an sich, dass die Kosten immer höher ausfallen, als anfangs gedacht“, sagte VCD-Expertin Tischmann. „Dieses Geld fehlt dem öffentlichen Nahverkehr an anderer Stelle.“ Falls die Kosten nun wegen höherer Sicherheitsanforderungen noch weiter steigen sollten, sei dies „ein weiteres Argument gegen diese Technologie“.

Schwierigkeiten könnte es zudem mit der Europäischen Union geben. In einem Schreiben an die Bundesregierung verlangt Kommissar Jacques Barrot Auskunft über den geplanten Bau. Wegen Wettbewerbsbedenken wolle die Kommission „alle relevanten Verträge“ einsehen, berichtet das Handelsblatt.

Auch Anton Hofreiter, der Obmann der Grünen im Verkehrsausschuss, äußerte Bedenken wegen der Verquickung von öffentlichen und privaten Interessen beim Transrapid: Mögliche Gewinne kämen dem Industriekonsortium zugute, die Risiken hingegen übernehme die öffentliche Hand, sagte er dem Tagesspiegel. Dass der Zeitplan noch eingehalten wird, glaubt der Verkehrsexperte nicht. Eigentlich wollten Bund und Land in diesem Herbst die letzten Finanzierungsfragen klären. „Das ist nicht mehr einzuhalten“, sagte Hofreiter. „Man kann keine Entscheidung treffen, wenn das Sicherheitskonzept nicht abgeschlossen ist.“

Wirtschaftsminister Huber sagte dagegen, die Finanzfragen seien lösbar. „Wenn Bund, Land, Bahn und Europäische Kommission zusammen finanzieren, dann ist so ein Projekt zu schultern.“

Auch das Industriekonsortium sieht nach dem Unfall im Emsland keinen Grund, am Transrapid zu zweifeln. Medienberichte, wonach China kein Interesse mehr an der Technik habe, seien falsch. „Die Gespräche gehen definitiv weiter“, sagte eine Sprecherin. Der Transrapid verkehrt seit Anfang 2004 zwischen dem Flughafen von Schanghai und der Innenstadt. Erwogen wird eine Verlängerung bis nach Hangzhou.

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