zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Tour d’ horizon beim Bundeskanzler

Gewerkschaften wollen Arbeitsmarkt ansprechen

Berlin – Vor einem Spitzentreffen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) an diesem Donnerstag haben die Gewerkschaften Änderungen bei der Arbeitsmarktreform Hartz IV verlangt. Der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG), Franz-Josef Möllenberg, sagte dem Tagesspiegel, er erwarte vom Gespräch mit dem Bundeskanzler Signale, dass die Reform im Laufe des Jahres an einigen Stellen überarbeitet werde. Schließlich habe Schröder beim letzten Treffen im September zugesagt, wenn es „Verwerfungen“ bei Hartz IV gebe, werde die Bundesregierung nachbessern. „Wir erwarten nun, dass er zu seinem Wort steht“, sagte der Gewerkschaftschef. Schon jetzt gebe es „erhebliche Probleme“ mit Hartz IV.

In Regierungskreisen hieß es zu dem Treffen hingegen, es werde „eine Tour d’ horizon geben“. „Entscheidungen sind nicht zu erwarten“, sagte ein hoher Regierungsbeamter dem Tagesspiegel. Auch Nachbesserungen bei Hartz IV werde der Kanzler nicht versprechen. „Es ist noch viel zu früh, dazu etwas zu sagen.“ Auf der Agenda ständen neben der Arbeitsmarktpolitik auch die Wirtschaftslage und die geplante Dienstleistungsrichtlinie der Europäischen Kommission.

Am Treffen im Kanzleramt nehmen die Chefs der Einzelgewerkschaften und der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, teil. Sommer hatte vor kurzem betont, er sehe in dem Treffen einen Auftakt für Gespräche, um in diesem Jahr zu einer Reihe von Nachbesserungen bei der Arbeitsmarktreform zu kommen.

NGG-Chef Möllenberg kritisierte, zum einen würden bei der Umsetzung noch Fehler passieren, außerdem seien einige gesetzliche Regelungen nicht vernünftig. Er rechne jedoch nicht damit, dass unmittelbar nach dem Treffen mit dem Kanzler Hartz IV komplett geändert werde. „Wir müssen aber sachlich und in Ruhe beraten, wo nachgebessert werden muss.“

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) sieht allerdings aktuell noch keinen Nachbesserungsbedarf. Der Ombudsrat, der seit dem Start der Reform Beschwerden der Betroffenen sammelt, will in den nächsten Wochen einen ersten Bericht mit Verbesserungsvorschlägen vorlegen. Mit Änderungen an der Reform ist nach Angaben aus Kreisen der rot-grünen Koalition im Herbst zu rechnen.

Konkret forderte der NGG-Chef, die Regelsätze für das ArbeitslosengeldII in Ost und West anzugleichen. Derzeit werden im Westen 345 Euro und im Osten 331 Euro gezahlt. Die Bundesregierung begründet das mit der unterschiedlichen Höhe der Lebenshaltungskosten. „Die Differenzierung ist überholt“, sagte Möllenberg. Kritisch überprüft werden müssten auch die Zumutbarkeitsregelungen. „Es gibt zu viele Einzelfälle, in denen die Bearbeiter aus Unsicherheit falsche Entscheidungen treffen“, so der Gewerkschaftsmann. Außerdem habe es bei der Ausstellung der Bescheide „jede Menge Fehler“ gegeben. Darüber hinaus forderte er Änderungen bei den Mini-Jobs mit einem Monatseinkommen bis 400 Euro und Midijobs mit einem Monatseinkommen zwischen 400 und 800 Euro. „Dadurch werden vor allem im Hotel- und Gaststättengewerbe Zehntausende von Vollzeitarbeitsplätzen umgewandelt“, kritisierte Möllenberg. Es sei für den Arbeitsmarkt kontraproduktiv, wenn weitere Vollzeitstellen verloren gingen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false