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Wirtschaft: Transatlantischer Bananenstreit eskaliert

GENF .Die beiden größten Wirtschaftsblöcke der Welt schlittern scheinbar haltlos in einen Handelskrieg.

GENF .Die beiden größten Wirtschaftsblöcke der Welt schlittern scheinbar haltlos in einen Handelskrieg.Der Grund klingt banal, doch hat er es für die EU und die USA in sich: Bananen.Im Wechselspiel von Drohungen und Gegendrohungen waren am Mittwoch die Europäer am Zug.Brüssel beantragte vor der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf ein Verfahren gegen die USA wegen von Washington angedrohten Sanktionen gegen die EU.Der Hintergrund: Seit Jahren streiten sich die beiden ökonomischen Riesen um die Bananenmarktordnung der EU.Das alte Einfuhrregime der Europäer hatte nach einem Schiedsspruch der WTO gegen die Regeln des internationalen Handels verstoßen.Brüssel hatte Einfuhren der gelben Frucht aus dem lateinamerikanischen Raum mit seiner komplizierten Einfuhrregelung diskriminiert.Hauptnutznießer waren ehemalige britische und französische Kolonien in Afrika und der Karibik, deren Bananen auf dem europäischen Markt vergleichsweise preiswert angeboten werden konnten.

Nach Meinung vieler Experten zahlten europäische Verbraucher die Zeche.Denn durch die EU-Regelung wurden die Bananen aus dem lateinamerikaischen Raum verteuert.Insbesondere amerikanische Multis wie Chiquita und Dole, deren Fruchtplantagen in Lateinamerika beheimatet sind, machten sich bei der US-Administration dafür stark, gegen Brüssel vor der Welthandelsorganisation vorzugehen.Mit Erfolg.Nachdem jedoch die WTO die alte Bananenmarktordnung verworfen hatte, bastelten die Europäer ein neues Verfahren, mit dem nach Meinung von Fachleuten und den Handelsstrategen der USA die Einfuhren aus Lateinamerika erneut behindert werden.Brüssel will die neue Bananenmarktordnung zum 1.Januar in Kraft treten lassen.Washington seinerseits droht nun, daß, falls die Europäer tatsächlich die neue Regelung implementieren, Sanktionen gegen europäische Produkte auf dem amerikanischen Markt die Folge wären.Diese Drohung wollen die Europäer vor der WTO zur Sprache bringen.Einer der Hauptverlierer wäre die deutsche Industrie.So stehen Elektrogeräte auf der Liste.Aber auch franzöischer Schaumwein, belgische Textilien oder niederländische Agrarerzeugnisse würden in Amerika durch Strafzölle verteuert.

Ein anderer Verlierer des aufziehenden Handelskrieges zwischen den USA und der EU steht jetzt schon fest: Die Genfer Welthandelsorganisation.1995 vornehmlich auf Betreiben Washingtons und Brüssels gegründet, soll die Institution zwischenstaatliche Handelsstreitigkeiten lösen.Bisher war die WTO sehr erfolgreich.Insgesamt wurden mehr als 150 Fälle in Genf behandelt.Doch das System hat einen Haken.Da die WTO keine exekutive Gewalt besitzt, hängt die Umsetzung der Urteile allein von der unterlegenen Partei ab.Während die USA sich vorbildlich verhalten und alle Entscheide, die gegen sie gefällt wurden, implementierten, hat die EU im Bananenfall ein alarmierendes Signal gesetzt.Durch die sträfliche Mißachtung des WTO-Schiedsspruchs untergraben die Europäer jetzt die Autorität der WTO.Allerdings verhalten sich die USA im Bananenkonflikt keinen Deut besser.Denn die gegen die Europäer angekündigten Sanktionen verstoßen auch gegen die Bestimmungen der WTO.

DIRK HERBERMANN (JAN)

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