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Wirtschaft: Überflieger

Vom Spielzeugmodell bis zum professionellen Arbeitsgerät: Der Markt für Drohnen boomt. Auch Kriminelle interessieren sich dafür.

Berlin - Auch in diesem Jahr werden Drohnen, insbesondere in Verbindung mit Kameras, auf der IFA eine bedeutende Rolle spielen. Diverse Hersteller zeigen auf der internationalen Messe für Unterhaltungselektronik unter dem Funkturm ihre neuesten Entwicklungen. Die immer stärkere Verbreitung der kleinen Fluggeräte und die damit verbundene Unfallgefahr haben auch in Deutschland zu strengeren Auflagen geführt.

Der Markt für die unbemannten Luftfahrzeuge (Unmanned Aerial Vehicle/UAV), wie die amtliche Bezeichnung lautet, explodiert weltweit: Nach einer Erhebung der amerikanischen Consumer Technology Association wurden allein in den USA im vergangenen Jahr rund 2,4 Millionen der Miniflieger verkauft, mehr als eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr. Für die Bundesrepublik geht die Deutsche Flugsicherung (DFS) in diesem Jahr von 600 000 Einheiten aus.

Kameralose Spielzeugmodelle wie die 250 Gramm schwere „Froxxix“ von Revell mit rund fünf Minuten Flugzeit sind in einem der großen Elektronikmärkte schon für 19 Euro 99 zu haben. Zu den Mittelklassedrohnen zählt die „Phantom 3“ des chinesischen Branchengiganten dji (Preisbeispiel 599 Euro), die über eine Kamera verfügt, mit 1,22 Kilogramm etwa 25 Minuten in der Luft bleibt und ein Tempo von fast 60 Stundenkilometern erreicht. Für ein Spitzenmodell wie die „Typhoon H“ von Yuneec muss man schon mindestens um die 1700 Euro auf den Tisch blättern, die es dafür mit 1,9 Kilo auf 70 Kilometer pro Stunde bringt. Professionellen Drohnen sind technisch und preislich nach oben kaum Grenzen gesetzt.

Solche Gewichte und Geschwindigkeiten bergen eine nicht unerhebliche Unfallgefahr. Spezielle Haftpflichtversicherungen sind inzwischen Pflicht. Im Januar stürzte ein Miniflieger auf die Münchner Westumfahrung und kollidierte mit einem Pkw. Bei einem Radrennen im kalifornischen Sacramento flog ein Teilnehmer über den Lenker, als ein abstürzendes UAV direkt vor ihm aufschlug. In Seattle muss ein Drohnenbesitzer nach der Kollision mit einem Gebäude und der Verletzung von zwei Passanten 30 Tage in Haft.

Aber auch ohne Unfall kann es teuer werden: 1500 Euro musste ein Fotograf zahlen, der beim Hafenfest in Ueckermünde eine Drohne verbotswidrig über das Publikum fliegen ließ. 500 Euro Bußgeld kostete ein Mitglied der Piratenpartei der unerlaubte Drohneneinsatz für Aufnahmen bei einer Wahlkampfveranstaltung von Angela Merkel in Dresden.

Kriminelle nutzen Drohnen, um Drogen oder Waffen über Gefängnismauern zu bringen oder Drogen über Grenzen zu schmuggeln. Zu einem gefährlichen und illegalen „Sport“ ist es geworden, Drohnen in der Nähe von Flughäfen starten zu lassen, um Nahaufnahmen von landenden Flugzeugen zu machen. Allein in Deutschland zählte die DFS im vergangenen Jahr 64 derartige Zwischenfälle. Im schwedischen Stockholm musste der Flugbetrieb am Arlanda-Airport wegen solcher Aktivitäten mehrfach eingestellt werden. Einige Hersteller begrenzen mit elektronischen Sperren die Flughöhe oder die Überschreitung von Grenzen.

In Deutschland trat im April die Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten in Kraft; ab dem 1. Oktober benötigen Betreiber größerer UAVs einen sogenannten Drohnenführerschein. Alle Drohnen und Modellflugzeuge ab 250 Gramm Gewicht müssen eine Plakette mit dem Namen und der Adresse des Besitzers tragen. Wiegen Fluggeräte mehr als zwei Kilogramm, ist ein Nachweis über den Erwerb besonderer Kenntnisse nach Prüfung durch eine vom Luftfahrt-Bundesamt (LBA) anerkannte Stelle erforderlich, die ab einem Alter von 16 Jahren erteilt wird. Bei Gewichten von mehr als fünf Kilogramm kommt eine Aufstiegserlaubnis der Luftfahrtbehörden der Bundesländer dazu. Das LBA hat bisher elf solcher Stellen lizensiert, keine davon in Berlin oder Brandenburg. Hier bieten einzelne Anbieter spezielle Seminare an, die zwischen 350 und 400 Euro kosten – die Prüfung selbst kostet deutlich weniger, wird aber nur erfahrenen Drohnenpiloten empfohlen. Besitzer ab 14 Jahren von Modellflugzeugen ab zwei Kilo können den Nachweis alternativ kostengünstiger nach Einweisung durch einen Luftsportverein bekommen. Kein Nachweis ist erforderlich, wenn das UAV ausschließlich auf zugelassenen Modellfluggeländen betrieben wird.

Um die Vorschriften zu umgehen, haben diverse Hersteller inzwischen Drohnen auf den Markt gebracht, deren Gewicht jeweils nur wenige Gramm unter der Zwei-Kilo-Grenze liegt. Grundsätzlich müssen Drohnen in Sichtweite des Piloten betrieben werden und dürfen eine Flughöhe von 100 Metern nicht überschreiten. Der Überflug von Menschenansammlungen, Hauptverkehrswegen, Industrieanlagen, Krankenhäusern, Gefängnissen, Kraftwerken, Naturschutzgebieten, militärischen Objekten sowie Einsatzorten von Polizei und Feuerwehr ist generell verboten. In Berlin kommt hinzu, dass fast das gesamte Stadtgebiet zu den Kontrollzonen der Flughäfen Tegel oder Schönefeld gehört. Bis zu einer Entfernung von 1,5 Kilometern zum Flughafenzaun gilt ein generelles Flugverbot, in den übrigen Bereichen beträgt die zulässige Maximalflughöhe 30 Meter. Für das Regierungsviertel (5,5 Kilometer Umkreis um den Reichstag) und den Forschungsreaktor des Helmholtz-Zentrums in Wannsee (3,7 Kilometer Umkreis) bestehen Sperrgebiete, in denen jeder Flugbetrieb ohne Sondergenehmigung untersagt ist. Die DFS hat kürzlich eine kostenlose Drohnen-App vorgestellt, die Besitzern für jeden Standort die individuellen Regelungen anzeigt. Rainer W. During

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