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In der Bredoiulle. Gelingt die Übernahme, gehen bei Hochtief Arbeitsplätze verloren, fürchtet die Branche.

© dpa

Übernahmekampf: Hochtief: Giftpille für die Spanier

Mit allen Mitteln versucht Deutschlands größter Baukonzern Hochtief, die Übernahme durch den Konkurrenten ACS abzuwehren. Am Mittwoch hat Hochtief die Gangart noch einmal verschärft.

Berlin - Als die Spanier ihren Angriff planten, hing der Chef gerade in den Seilen. Herbert Lütkestratkötter, der Deutschlands größten Baukonzern Hochtief führt, war Mitte September auf einer Bergtour im Dachstein unterwegs, als der spanische Konkurrent ACS die Fühler nach seinem Unternehmen ausstreckte. Der Urlaub war gelaufen, Lütkestratkötter reiste umgehend nach Essen zurück. Und begann mit der Abwehrschlacht. „Unabhängigkeit macht uns stark und erfolgreich. Das soll auch in Zukunft so bleiben“, erklärt der Manager forsch.

Seitdem hat der Westfale alle Hände voll zu tun. In der ersten großen Übernahmeschlacht um einen deutschen Konzern nach der Krise will Lütkestratkötter mit allen Mitteln den Versuch von ACS abwehren, die Mehrheit bei Hochtief zu übernehmen. Zusammen mit Fachleuten von Goldman Sachs, Credit Suisse und der Deutschen Bank arbeitet er an einer Strategie, um eigenständig zu bleiben. Das Ziel: Die Hochtief-Aktie soll so teuer werden, dass die Übernahme für die Spanier unmöglich wird. Die Anteilseigner müssen überzeugt werden, ihre Papiere zu halten, statt sie gegen ACS-Aktien zu tauschen. „Wo für Hochtief und seine Aktionäre die Vorteile liegen sollen, erkennen wir nicht, dies hat auch ACS noch nicht dargelegt“, sagt Lütkestratkötter selbstbewusst.

Am Mittwoch hat Hochtief die Gangart verschärft. Der Konzern will erreichen, dass ACS für die australische Hochtief-Tochter Leighton ein milliardenschweres Angebot abgeben muss, wenn die Spanier zuvor die Kontrolle bei den Essenern erlangen. Dazu hat Hochtief einen Antrag bei der australischen Börsenaufsicht gestellt. Die Deutschen besitzen bislang 54,5 Prozent von Leighton. Als „Giftpille“ bezeichnen die Börsenleute eine solche Abwehrstrategie: Das Übernahmeziel soll möglichst unattraktiv werden. ACS lehnt ein Angebot für die Australier ab. Wer siegt, ist unklar – die Rechtslage ist kompliziert, mit einer raschen Entscheidung kaum zu rechnen.

ACS hält bereits knapp 30 Prozent an Hochtief. Über Zukäufe an der Börse will das Unternehmen von Real-Madrid-Präsident Florentino Perez auf mehr als 50 Prozent kommen. Aktionärsschützer halten dies aber nicht für kompatibel mit den EU-Binnenmarktregeln. Zum Zeitpunkt der Ankündigung bewertete ACS die Hochtief-Aktie mit 56 Euro – am Mittwoch notierte sie bei 63,94 Euro.

ACS will mit der Übernahme vor allem seine Bilanz aufpolieren. Die Schulden der Spanier liegen bei zehn Milliarden Euro, die von Hochtief bei Null. Zwei Milliarden Euro haben die Deutschen in der Kasse, die Auftragsbücher sind gut gefüllt. Hochtief ist international tätig, mit 68 000 Beschäftigten, davon 11 000 in Deutschland. Derzeit errichtet Hochtief etwa die Elbphilharmonie in Hamburg. Neben dem Bau spielen vor allem Dienstleistungen eine Rolle – Planung, Finanzierung und Betrieb eines Objekts.

Nur noch zwei Baukonzerne werden von Deutschland aus geführt – neben Hochtief noch Bilfinger Berger. Dabei sind oft nur noch die aufwändigere Planung und Konstruktion in der Hand der Konzerne. Einfache Bauleistungen kaufen die Unternehmen auf dem Markt ein. Die ACS-Offerte löst Sorge in der Branche aus. „Gelingt die Übernahme, werden in Deutschland auf jeden Fall Arbeitsplätze abgebaut“, sagt ein hochrangiger Vertreter der Branche. Angesichts der schwierigen Verhältnisse hierzulande – der Markt ist zersplittert, Großprojekte gibt es kaum – werde ein Interessent versuchen, das Geschäft aus dem Ausland zu führen. „Das führt zum Abfluss von Know-How.“

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