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Übernahmeschutz: EU-Gerichtshof kippt VW-Gesetz

Der Europäische Gerichtshof hat das VW-Gesetz gekippt. Es sei mit europäischem Recht nicht vereinbar. Niedersachsen will trotzdem an VW festhalten, während Porsche die Hand ausstreckt.

Im europäischen Rechtsstreit um das fast 50 Jahre alte VW-Gesetz hat die Bundesrepublik Deutschland eine schwere Niederlage eingesteckt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte, das Gesetz zum Schutz des Autobauers Volkswagen vor feindlichen Übernahmen verstoße gegen EU-Recht. Es werde der freie Kapitalverkehr in der Union behindert. (Rechtssache C-112/05)

Das Gericht gab mit dem Urteil der EU-Kommission Recht, die vor drei Jahren gegen Deutschland geklagt hatte. Berlin habe nicht erklären können, warum das Gesetz zum Schutz der Arbeitsplätze bei Volkswagen erforderlich sei, schrieben die EU-Richter.

Abschreckende Wirkung auf Investoren

Das Gericht verwarf die Bestimmung, wonach ein Aktionär in Wolfsburg in der Hauptversammlung höchstens 20 Prozent der Stimmrechte ausüben kann - auch wenn er mehr Anteile hat. Dieses habe eine abschreckende Wirkung auf Investoren. Keine Gnade in Luxemburg fand auch die Bestimmung, dass öffentliche Anteilseigner, also der Bund und das Land Niedersachsen, jeweils zwei Mitglieder in den Aufsichtsrat entsenden können. Der EuGH kann nationale Gesetze nicht aufheben, aber Mitgliedstaaten auffordern, diese aufzuheben oder zu ändern.

Die Bundesregierung hat nach dem Urteil eine schnelle Änderung des VW-Gesetzes angekündigt. Die vom höchsten EU-Gericht beanstandeten Vorschriften des Gesetzes würden ab sofort nicht mehr angewendet, sagte ein Sprecher des Justizministeriums am Dienstag in Berlin. Ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren werde unverzüglich eingeleitet. Der Sprecher ließ offen, ob das Gesetz ganz abgeschafft wird oder nur einzelne Punkte geändert werden. Dies werde sorgfältig geprüft. Der EuGH hat das fast 50 Jahre alte VW-Gesetz zum Schutz des Autobauers vor feindlichen Übernahmen gekippt. Es verstoße gegen EU-Recht.

Niedersachsen will an VW festhalten

Das Land Niedersachsen will auch nach dem Fall des VW-Gesetz an seiner Beteiligung an dem Autobauer festhalten. "Die niedersächsische Landesregierung verfolgt das Ziel, dass VW ein erfolgreiches Unternehmen mit einer hohen Anzahl verkaufter Produkte und zufriedenen Mitarbeitern mit sicheren Arbeitsplätzen, insbesondere an den niedersächsischen Produktionsstandorten, ist", erklärte Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) in Hannover. Dies wolle man gemeinsam mit dem anderen Großaktionär Porsche erreichen.

Zur positiven Entwicklung des Unternehmens habe auch die Beteiligung der Porsche AG beigetragen. "Die Volkswagen AG ist durch die Beteiligungen der Porsche AG und des Landes Niedersachsen vor dem Zugriff von Finanzinvestoren geschützt. Gegen Eigentümer mit mehr als 50 Prozent kann man nicht spekulieren", betonte Wulff.

Der Stuttgarter Sportwagenbauer Porsche hat die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum VW-Gesetz begrüßt. "Mit einem Stimmrechtsanteil von knapp über 30 Prozent an Volkswagen sind wir natürlich sehr daran interessiert, unsere Stimmrechte auch voll ausüben zu können", sagte Porsche-Chef Wendelin Wiedeking in einer ersten Reaktion auf die Entscheidung. Angaben darüber, wie es nun mit der Aufstockung der Porsche-Anteile an VW weitergeht, wurden nicht gemacht.

Porsche gibt sich kooperativ

Porsche akzeptiere, dass Niedersachsen entsprechend seines Aktienanteils angemessen im VW-Aufsichtsrat vertreten sei, hieß es in der Porsche-Erklärung. Die beiden Porsche-Vertreter in dem Kontrollgremium, Wiedeking und Porsche-Finanzvorstand Holger Härter, würden es begrüßen, wenn der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff und sein Kollege, Wirtschaftsminister Walter Hirche, weiterhin dem Aufsichtsrat des Wolfsburger Automobilherstellers angehören würden, teilte Porsche weiter mit. Damit wäre die notwendige Kontinuität in der vertrauensvollen Zusammenarbeit sichergestellt.

Porsche wies darauf hin, dass die Richter in Luxemburg auch festgestellt hätten, dass das im VW-Gesetz verankerte Recht des Bundes und des Landes Niedersachsen, je zwei Vertreter in den VW-Aufsichtsrat entsenden zu dürfen, sobald sie jeweils über mehr als eine VW-Aktie verfügen, ebenfalls europarechtswidrig sei. "Damit gelten für Volkswagen künftig die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen, wonach die Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat von der Hauptversammlung gewählt werden", hieß es in der Porsche-Erklärung weiter. (mit dpa)

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