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Wirtschaft: „Unions-Rentenpläne sind ungerecht“

BfA-Direktor lehnt abschlagsfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren ab

Berlin - Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) hat sich für die langfristige Einführung der Rente mit 67 Jahren ausgesprochen. „Wenn die Regelaltersgrenze angehoben wird, führt das zu einer Verkürzung der Rentenlaufzeiten und damit zu einer finanziellen Entlastung der Rentenversicherung“, sagte der scheidende BfA-Direktor Klaus Michaelis im Interview mit dem Tagesspiegel. Wenn die Menschen länger arbeiteten, zahlten sie auch mehr Beiträge und erhielten dann auch eine höhere Rente, sagte Michelis, der zum 1. Juli in den Ruhestand gegangen ist. „Eine Anhebung des gesetzlichen Rentenalters kann verhindern, dass das Rentenniveau zu stark sinkt.“

SPD und Union sparen in ihren Wahlprogrammen die Rente mit 67 aus. „Eine Anhebung der Regelaltersgrenze muss langfristig diskutiert werden. Es braucht eine Vorlaufzeit, weil die Menschen sich darauf einrichten müssen“, sagte Michaelis. Er verwies darauf, dass man das Renteneintrittsalter nur dann anheben könne, wenn der Rahmen stimmt. „Die Betriebe müssen älteren Menschen auch altersgerechte Arbeitsangebote unterbreiten“, sagte Michalis. Derzeit sei das nicht der Fall. „Wer älter und arbeitslos ist, hat enorme Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt“, sagte der Rentenexperte.

Kritik übte er an den Rentenplänen von Union und FDP. Michaelis bezeichnete den Vorschlag, Menschen nach 45 Beitragsjahren schon im Alter von 63 Jahren ohne Abschläge in Rente zu schicken, als „ungerecht“. Vor allem Männer würden davon profitieren. Derzeit erreichen nach BfA-Angaben knapp 50 Prozent der Männer 45 Beitragsjahre, bei den Frauen sind es knapp acht Prozent. „Für Frauen wäre das ein riesiger Nachteil“, kritisierte Michaelis. Außerdem wäre es ungerecht, wenn jemand, der zwar nur 43 Jahre gearbeitet habe, aber höhere und insgesamt mehr Beiträge als ein Durchschnittsverdiener mit 45 Arbeitsjahren gezahlt habe, weiterhin Abschläge in Kauf nehmen müsste. „Rentenabschläge sollten versicherungsmathematisch fair kalkuliert sein und weder zur Belohnung noch zur Bestrafung eingesetzt werden“, forderte Michaelis.

Während SPD und Grüne im Jahr 2030 mit einem Rentenbeitrag von 22 Prozent rechnen, will die CSU laut früheren Beschlüssen den Beitrag langfristig bei 20 Prozent deckeln, die FDP bei 19 Prozent. Michaelis äußerte Bedenken. „Wenn der Beitragssatz fix ist und der Bundeszuschuss nicht erhöht werden soll – und davon gehe ich angesichts der öffentlichen Finanzen aus – dann blieben nur Rentenkürzungen“, sagte er. Nach zwei Nullrunden bei der Rentenanpassung sehe er dafür überhaupt keinen Spielraum. „Die Menschen werden es nicht verstehen, wenn Renten gekürzt werden, obwohl die Löhne sich positiv entwickeln.“ Der scheidende BfA-Direktor sprach sich dafür aus, Kindererziehung bei der Rente stärker zu belohnen – durch eine Ausweitung der Kindererziehungszeiten. „Aktuell scheitert jede Veränderung an der Finanzierbarkeit“, räumte Michaelis ein. Die CSU hatte gefordert, einen Kinderbonus im Wahlprogramm zu versprechen.

Michaelis wandte sich gegen Überlegungen, die Hinterbliebenenversorgung zu kürzen – wie die CDU es vor zwei Jahren auf ihrem Parteitag beschlossen hatte. „Bei den Witwenrenten sehe ich aktuell keine Möglichkeit, weitere Einschnitte vorzunehmen“, sagte Michaelis. Die soziale Sicherheit würde erheblich eingeschränkt. Frauen seien heute nach wie vor auf Witwenrenten angewiesen. „Das wird sich erst dann erledigen, wenn Männer und Frauen ein ganzes Leben lang etwa gleiche Löhne bekommen haben.“

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