zum Hauptinhalt
Chinesischen Produkten bescheinigen die befragten Deutschen ein gutes Preis-Leistungsverhältnis. Gleichzeitig steht der Fälschungsverdacht immer im Raum.

© dpa

Unkenntnis, Vorurteile und Angst: Deutsche begegnen China mit großem Misstrauen

Auf der einen Seite sind die wirtschaftlichen Chancen enorm. Auf der anderen Seite halten die Deutschen China für bedrohlich mächtig. Umgekehrt ist das ganz anders, wie eine Studie zeigt.

Nur zwei Prozent der Deutschen wissen, dass Xi Jinping Chinas neuer Staats- und Parteichef ist. Umgekehrt kann zumindest jeder fünfte Chinese Angela Merkel als deutsche Kanzlerin identifizieren. Wie wenig sich beide Völker kennen, offenbart eine neue Studie über „Wahrnehmung und Realität“ im Verhältnis zwischen den beiden großen Wirtschaftspartnern.

Oft bestimmen Klischees das Bild. Während Chinesen aber eher einen positiven Eindruck von Deutschland haben, sind die Deutschen zutiefst gespalten in ihrer Einstellung gegenüber China.

Die Kooperation mit der zweitgrößten Volkswirtschaft wird einerseits als Chance für die deutsche Wirtschaft gesehen, andererseits fürchten Deutsche den wirtschaftlichen und politischen Aufstieg Chinas. 59 Prozent empfinden Chinas politische Macht als Bedrohung, wie die Umfragen der Meinungsforscher von TNS Emnid für die am Dienstag in Berlin veröffentlichte 200-seitige Studie im Auftrag des chinesischen Telekom-Konzern Huawei ergaben.

Wirtschaftsbeziehungen wichtig wie die zu den USA

„Mit Blick auf Politik und Staat in China sehen besonders viele Deutsche die Situation in den Bereichen Menschenrechte, Rechtstaatlichkeit, freie Meinungsäußerung sowie Umgang mit der natürlichen Umwelt kritisch“, sagte Patrick Köllner, Direktor des Giga Instituts für Asienstudien in Hamburg, das die Umfrageergebnisse analysierte. Gleiches gelte für das internationale Engagement der aufstrebenden asiatischen Großmacht.

Es sei daher nicht überraschend, dass Chinas Image in Deutschland dem der USA und Japans hinterherhinkt. „Interessant ist jedoch, dass China im direkten Ländervergleich besser abschneidet als Russland und Indien.“

Die große Mehrheit der Deutschen (84 Prozent) hält die deutschen Wirtschaftsbeziehungen zum drittgrößten Handelspartner für ebenso wichtig oder sogar wichtiger als die zu den USA. Auch hier ein ambivalentes Gefühl: Mehr als die Hälfte der Deutschen (58 Prozent) glaubt, dass das Wirtschaftswachstum in China auch die deutsche Konjunktur ankurbelt. Es gibt aber die Furcht, dass China mehr von der Kooperation profitiert als Deutschland oder chinesische Produkte einheimische deutsche Hersteller verdrängen könnten.

Zwar wird chinesischen Produkten einerseits internationale Wettbewerbsfähigkeit und ein gutes Preis-Leistungsverhältnis attestiert. Andererseits wird ihre Qualität kritisch beäugt - und China vielfach der Raubkopiererei oder Industriespionage verdächtigt.

Chinas Kultur ist interessant, aber "fremd"

Wenn Deutsche an China denken, fallen ihnen spontan Begriffe wie Wirtschaftsmacht (37 Prozent), Bevölkerungswachstum (20 Prozent) sowie Kommunismus und Große Mauer (jeweils 15 Prozent) oder auch Menschenrechtsverletzungen und chinesisches Essen (jeweils 14 Prozent) ein. Mehr als die Hälfte der Deutschen interessiert sich für Chinas Kultur, die mehrheitlich aber als „fremd“ empfunden wird.

Trotz aller Unterschiede betrachten sich Deutsche und Chinesen gegenseitig als ähnlich traditionsgebunden, hierarchieorientiert, höflich und als Volk mit Familien- und Gemeinschaftssinn. Jeder zweite Chinese könnte sich vorstellen, in Deutschland zu leben, aber nur jeder fünfte Deutsche in China. Chinesen denken bei Deutschland an Wirtschaftsmacht (60 Prozent), Autoindustrie (38 Prozent), Industrietechnologie und deutsches Bier (jeweils 19 Prozent).

Deutsche Kultur hat in China ein positives Image. Das Deutschlandbild wird vor allem von deutscher Markenqualität bestimmt, selbst wenn die Produktionsstandorte längst in China liegen: Siemens ist mit 87 Prozent am bekanntesten, dicht gefolgt von Volkswagen, BMW und Adidas. In Deutschland sind nur zwei chinesische Marken eher bekannt: Der Computerhersteller Lenovo (30 Prozent) oder Huawei selbst (21 Prozent). Der zweitgrößte Netzwerkausrüster der Welt, der für die Studie 2600 Personen befragen ließ, hat sich als drittgrößter Smartphone-Anbieter zunehmend einen Namen gemacht.

Aber auch China macht mit Bier von sich reden: Tsingtao-Bier, dessen Ursprung auf den Export deutscher Braukunst Anfang des 20. Jahrhunderts nach China zurückgeht, ist heute in Deutschland zumindest neun Prozent der Befragten bekannt. Und wenn Präsident Xi Jinping Ende März erstmals nach Deutschland kommt, dürfte er auch hierzulande seinen Bekanntheitsgrad steigern. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false