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Unternehmen: Haribo lässt Warren Buffett abblitzen

Der US-Milliardär Warren Buffet will sich an deutschen Firmen beteiligen. Der Gummibärchenproduzent winkt ab - kein Bedarf. Nicht die erste Absage aus deutschen Unternehmen für den amerikanischen Investor.

Berlin - Als Warren Buffett, der reichste Mann der Welt, zur Tüte mit den Gummibärchen griff, dachten alle, das sei ein Zeichen. Denn der US-Milliardär hatte bei seinem Deutschland-Trip im Mai keinen Hehl aus dem Zweck seiner Reise gemacht: Deutsche Unternehmen, möglichst Familienbetriebe, wollte und will der Investor seiner legendären Anlagefirma Berkshire Hathaway einverleiben. Als möglicher Kandidat galt dabei auch das Bonner Traditionsunternehmen Haribo.

Doch nachdem Buffett bereits bei Heidelberger Druck abgeblitzt ist, scheint er auch beim Gummibärchenhersteller nicht zum Zug zu kommen. „Wir haben keine Absicht, irgendetwas zu verkaufen“, sagte Haribo-Sprecher Marco Alfter dem Tagesspiegel, „eher kaufen wir dazu.“

Am Geld kann es nicht liegen. Warren Buffet ist mit einem geschätzten Vermögen von 62 Milliarden US-Dollar derzeit Spitzenreiter auf der Forbes-Liste der reichsten Männer der Welt und kann sich eine Menge leisten. Doch Haribo ist an fremdem Geld nicht interessiert und kommt auch ohne Kapitalspritze aus den USA gut über die Runden.

Der Umsatz klettert von Jahr zu Jahr. Im vergangenen Jahr lag das Wachstum im „hohen einstelligen Prozentbereich“, berichtet Alfter, „wir sind Weltmarktführer bei Fruchtgummi und Lakritz, wir brauchen keine Hilfe.“ Umsatz- und Gewinnzahlen veröffentlicht das Unternehmen traditionell nicht. In Branchenkreisen wird aber geschätzt, dass der weltweite Umsatz zwischen 1,5 und zwei Milliarden Euro im Jahr beträgt.

Lieber neue Gummibärchensorten erfinden als das Unternehmen verkaufen

„Kein Interesse“, sagt Firmenchef Hans Riegel daher auf die Frage nach einer Übernahme durch Buffetts Investmentfirma. In Bonn-Kessenich, dem Firmensitz, ist das Thema damit erledigt. Stattdessen konzentriert man sich darauf, neue Gummibärchensorten zu erfinden. Das Allerneuste sind EM-Bärchen in den Farben Schwarz, Rot und Gelb. Die verkaufen sich in den Läden so gut, dass Haribo anders als geplant jetzt noch einmal nachproduzieren muss. Und auch der Umzug der Firma muss in die Wege geleitet werden. Von Bonn will Haribo nach Rheinbach in der Voreifel ziehen und dort ein neues großes Zentrallager samt Fabrik bauen.

Doch trotz aller Erfolgsmeldungen ist die wichtigste Frage nach wie vor ungelöst. Wer soll dem Chef, Hans Riegel, nachfolgen? 85 Jahre ist der Sohn des Firmengründers, der ebenfalls Hans hieß, jetzt, und er ist kinderlos. Die Idee, die Unternehmensführung an seinen Neffen, Paul Riegel, zu übergeben, hat sich vor gut zwei Jahren zerschlagen. „Aus privaten Gründen“ hatte sich der designierte Kronprinz Anfang 2006 überraschend aus dem Unternehmen zurückgezogen, wie Haribo damals mitteilte. In der Branche war dagegen gemutmaßt worden, Onkel und Neffe hätten sich nicht über die richtige Strategie einigen können.

Wie es weitergeht, wenn der Chef eines Tages nicht mehr kann? „Es ist alles möglich“, sagt Haribo-Sprecher Alfter. Der Nachfolger kann aus der Familie kommen oder aus dem Unternehmen, es kann aber auch ein Externer sein. „Es gibt derzeit keinen Namen“, berichtet Alfter. Ein Problem sieht der Sprecher in der bislang erfolglosen Kandidatensuche nicht. Trotz des hohen Alters des Seniors gebe es keinen Handlungsdruck. Immerhin steuere der Firmenchef nach wie vor seinen Helikopter selbst, wenn er die verschiedenen Haribo-Werke besucht. „Die Flugtauglichkeitsprüfung hat er ohne Schwierigkeiten bestanden“, sagte Alfter.

Das Familienunternehmen gehört Hans Riegel und seinem Bruder Paul jeweils zur Hälfte. Schon vor Jahren hat Hans Riegel seinen Anteil in eine Stiftung eingebracht, die „Dr. Hans Riegel-Stiftung“. Die Stiftung soll bei Bedarf einen Geschäftsführer suchen, sagte Alfter. Der Unternehmenssprecher weiß, wovon er spricht. Alfter ist selbst Beiratsmitglied der Stiftung. Auch der Vorstandsvorsitzende kommt aus dem Unternehmen. Andreas Nickenick ist bei Haribo zuständig für Vertrieb und Marketing.

Buffet liebt Süßes

Warren Buffett hätte bei Haribo sicher gern zugeschlagen. Der Milliardär kauft bevorzugt Firmen, deren Produkte er versteht. Als Ende April der Süßwarenkonzern Mars und der Kaugummiproduzent Wrigley fusionierten, gehörte Buffett zu den Finanziers des 23-Milliarden-Dollar-Deals. Beteiligt ist seine Firma Berkshire Hathaway auch an Coca-Cola. Cherry Coke soll das Lieblingsgetränk des Investors sein.

Da müssten ihm eigentlich auch die Cola-Flaschen und Gummibärchen aus der Haribo-Produktion schmecken. Oder die neuen Haribo „Chamallows“, wie die Marshmallows der von Haribo übernommenen Firma Dulcia jetzt heißen. Und auch von der Biografie her gibt es Parallelen zwischen dem Amerikaner und dem Deutschen. Mit seinen 77 Jahren ist auch Buffett ein gestandener Unternehmer, der wie Riegel zuzupacken weiß. Als Jugendlicher trug Buffett Zeitungen aus und vermietete Flipperautomaten. Hans Riegel fuhr nach dem Krieg von Bonn nach Bremen, um seine Gummibärchen im Land bekannt zu machen. Beide Firmenchefs sind bodenständig geblieben.

Doch einen Fehler hat Buffett gemacht, als er kürzlich in Frankfurt am Main war. Zwar hat er die Gummibärchentüte in die Höhe gehalten, er hat die kleinen Gelatine-Bären aber nicht probiert. „Wichtiger ist, dass sie anderen schmecken“, hat der Investor den Journalisten im Frankfurter Flughafenhotel zugerufen. Vielleicht hätte er aber doch in die Tüte greifen und einen Bären essen sollen. Denn dann wäre er Hans Riegel nähergekommen. Der Senior an der Unternehmensspitze ist nämlich süchtig nach den eigenen Produkten.

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