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Besucher der Azubi- und Studientage informieren sich am Stand des Hotel- und Gaststättenwesens. Diese Branchen suchen besonders dringend Auszubildende.

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Unternehmen suchen Auszubildende: 1300 Lehrstellen in Berlin noch immer offen

Restaurantfachleute, Fleischer, Lebensmittelfachverkäufer: Für diese Berufe lassen sich zu wenige junge Leute begeistern. Jede dritte Lehrstelle bleibt unbesetzt.

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Obwohl das neue Ausbildungsjahr bereits begonnen hat, suchen noch immer zahlreiche Betriebe in Berlin nach Auszubildenden. „Die Schere zwischen Angebot und Bewerbern öffnet sich immer weiter“, sagte ein IHK-Sprecher dem Tagesspiegel. In Berlin sind derzeit noch knapp 1300 Lehrstellen offen. Im vergangenen Jahr konnte mehr als jedes dritte Unternehmen in der Hauptstadt nicht alle Ausbildungsplätze besetzen (37 Prozent). Bundesweit hatten gut 31 Prozent der Unternehmen dieses Problem.
In Berlin werden Azubis vor allem in Dienstleistungsbranchen gesucht: im kaufmännischen Bereich, im Gastronomie- und Hotelgewerbe. Diese Branchen gelten allgemein für eine Ausbildung bei Jugendlichen als eher unattraktiv – vor allem wegen Arbeitszeiten und -belastung und niedrigem Lohn. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ruft die Unternehmen auf, gerade dort die Qualität der Lehre hochzuhalten. Grund dafür sind Klagen aus Reihen der Auszubildenden, auf die sich die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack bezieht. „Die jungen Menschen beklagen eine schlechte fachliche Ausbildung, einen rüden Umgangston und Verstöße gegen den Jugendarbeitsschutz“, sagte die Gewerkschafterin. Es sei kein Wunder, wenn die Jugendlichen einen großen Bogen um diese Betriebe machten. „Wer junge Menschen für eine Ausbildung in einem Betrieb gewinnen will, muss ihnen eine gute Ausbildung und vernünftige Entwicklungsperspektiven bieten“, forderte Hannack. Arbeitgebervertreter widersprachen der Kritik. „Permanent bringt der DGB die Branche in Misskredit“, klagte die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Ingrid Hartges. Die Realität sehe anders aus. „Natürlich gibt es vereinzelt schwarze Schafe – die werden aber auch keine Azubis bekommen.“ Der Zentralverband des Handwerks wies die Vorwürfe ebenfalls zurück.

Viele entscheiden sich für ein Studium statt Lehre

Die größten Besetzungsprobleme bundesweit gibt es nach Daten des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) für Ausbildungen im Restaurantfach, zum Fleischer oder Lebensmittelfachverkäufer. In den Top Ten der Ausbildungsberufe mit besonders vielen freien Lehrstellen waren zudem Koch und Bäcker vertreten.
Ein Trend der vergangenen Jahre: Immer mehr Schulabgänger in Deutschland entscheiden sich prinzipiell gegen die Lehre und für ein Studium an der Fachhochschule oder Universität. Derzeit nehmen etwa doppelt so viele junge Menschen ein Studium auf wie sich für eine Lehre entscheiden. „Das ist dramatisch und macht uns große Sorgen“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder bereits Anfang des Jahres. Der bundesweite Trend zur Akademisierung hat sich in den vergangenen Jahren auch in Berlin immer weiter verstärkt: Zwischen 2009 und 2015 ist die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge von rund 19.500 auf 16.500 pro Jahr gesunken. Im vergangenen Jahr sank die Zahl der neuen Ausbildungsverträge im Vergleich zu 2014 erneut leicht auf gut 522.000 (Stichtag 30. September). Deutschlandweit blieben in allen Branchen rund 41.000 Lehrstellen frei. Nach Daten des BIBB konnten in der Tourismus-, Hotel- und Gaststättenbranche 2015 gut 5000 Ausbildungsstellen nicht besetzt werden, in der Lebensmittelherstellung mehr als 4500.
Neben der Ablehnung einer Ausbildung werden häufig auch „regionale Disparitäten“ als Grund für die rückläufige Entwicklung genannt: Bewerbungen scheiterten nicht selten an der mangelnden Bereitschaft, notfalls für eine Lehrstelle auch umzuziehen. mit dpa

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