zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Unternehmens-Übernahmen: Die Aktionäre haben das letzte Wort

In Deutschland sollen grundsätzlich die Aktionäre über das Angebot von Unternehmensübernahmen entscheiden können. Das sieht der vom Bundesfinanzministerium vorgelegte Gesetzentwurf vor, den das Bundeskabinett am Mittwoch verabschiedete.

In Deutschland sollen grundsätzlich die Aktionäre über das Angebot von Unternehmensübernahmen entscheiden können. Das sieht der vom Bundesfinanzministerium vorgelegte Gesetzentwurf vor, den das Bundeskabinett am Mittwoch verabschiedete. Mit dem Gesetzentwurf möchte die Regierung einen verlässlichen Rechtsrahmen für Unternehmensübernahmen in Deutschland schaffen und Minderheitsaktionäre und Arbeitnehmer stärken. Damit reagiert die Regierung auf die zunehmende Zahl von Übernahmen. Gelten sollen die neuen Regeln für Unternehmen mit Sitz in Deutschland, deren Aktien an einer europäischen Börse notiert sind. Das Gesetz soll Vorstand und Aufsichtsrat einer von einer Übernahme bedrohten Gesellschaft unter gewissen Bedingungen Abwehrmaßnahmen erlauben. Während der Beratungen zum Gesetz sind Nachbesserungen nicht ausgeschlossen. Anfang 2002 soll es in Kraft treten. Es hat folgende Kernpunkte:

Information der Betroffenen

Aktionäre wie Arbeitnehmer eines Übernahmekandidaten sollen umfassend und rasch Hintergrundinformationen eines Kaufinteressenten erhalten. Der Vorstand des Übernahmekandidaten soll eine begründete Stellungnahme zu dem Angebot abgeben, in der unter anderem auch die Folgen einer solchen Übernahme auf die Beschäftigten behandelt werden. Beigefügt sein soll eine Stellungnahme der Arbeitnehmerseite.

Leistung des potenziellen Käufers

Der Übernahme-Interessent muss den Aktionären der Gesellschaft, die er übernehmen will, ein angemessenes Angebot zum Erwerb ihrer Aktien unterbreiten, das sich am durchschnittlichen Aktienkurs des Übernahmekandidaten innerhalb eines nicht näher genannten Zeitraumes orientiert. Der Bieter kann seine Gegenleistung als Barzahlung in Euro oder in Form frei handelbarer Aktien mit Stimmrecht anbieten, die an einer europäischen Börse notiert sind.

Vorgehen des Vorstandes

Während eines Angebotsverfahrens dürfen Vorstand und Aufsichtsrat des Übernahmekandidaten nur im Rahmen einer Ermächtigung der Hauptversammlung Handlungen vornehmen, mit denen die Übernahme verhindert werden könnte. Dies gilt nicht für Handlungen, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter auch ohne ein Übernahmeangebot im Unternehmensinteresse vornehmen würde. Unbestimmte pauschale Ermächtigungen, so genannte "Blankettermächtigungen", sind nicht zulässig. Wird die Ermächtigung auf Vorrat erteilt, ohne dass ein Übernahmeangebot vorliegt, ist dafür eine Mehrheit von 75 Prozent des vertretenen Grundkapitals auf einer Hauptversammlung nötig. Eine Ermächtigung gilt höchstens 18 Monate.

Ausschluss von Aktionären

Über eine Änderung des Aktienrechts soll ein Hauptaktionär, der 95 Prozent der Anteile einer Gesellschaft hält, die Möglichkeit erhalten, Minderheitsaktionäre aus der Gesellschaft - gegen Abfindung - auszuschließen.

Aufsicht und Kontrolle

Die Aufsicht über den ordnungsgemäßen Ablauf von Übernahmeverfahren obliegt dem Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel. Durch Schaffung eines Beirates und eines Widerspruchsausschusses soll Sachverstand der Betroffenen gesichert sein.

In einer ersten Reaktion erklärten die Arbeitgeberverbände, damit werde ein Stück Waffengleichheit mit Firmen anderer Ländern hergestellt. Der Bankenverband drängt darauf, im Rahmen einer EU-Übernahmerichtlinie den Abbau aller Übernahmehürden durchzusetzen. CDU-Wirtschaftsexperte Matthias Wissmann begrüßte die Neuregelung, Kritik kam von der SPD.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false