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Wirtschaft: Unternehmensberater Simon: Die katastrophale Wirtschaftspolitik vertreibt gerade erfolgreiche Firmen (Interview)

Professor Hermann Simon ist Geschäftsführender Vorstand der Unternehmensberatung Simon, Kucher & Partners in Bonn.Können kleine und mittlere Unternehmen auf den Weltmärkten mitspielen oder sind sie per se auf lokale und regionale Märkte beschränkt?

Professor Hermann Simon ist Geschäftsführender Vorstand der Unternehmensberatung Simon, Kucher & Partners in Bonn.

Können kleine und mittlere Unternehmen auf den Weltmärkten mitspielen oder sind sie per se auf lokale und regionale Märkte beschränkt?

Kleine und mittlere Unternehmen sind sehr wohl in der Lage, auf den Weltmärkten mitzuspielen. Ich selbst habe mehr als 500 deutsche mittlere Unternehmen identifiziert, die auf ihren Märkten die Nummer eins in der Welt sind, die sogenannten "heimlichen Gewinner". Das setzt allerdings eine klare Konzentration bei der Produkt- und Technologiekompetenz voraus. Nur mit einer solchen Konzentration wird man Weltklasse. Der Fokus muss dabei verbunden werden mit der weltweiten Vermarktung. Auch diese kann man nur durch Beschränkung auf eng definierte Märkte realisieren. Die Strategien "Konzentration in der Kompetenz" und "weltweite Vermarktung" passen für kleine und mittlere Unternehmen sehr gut zusammen.

Wie können die Kleinen ihre mangelnde Kapitalkraft wettmachen? Wiegen Flexibilität und Innovationsfreudigkeit die fehlende Kapitalstärke auf?

In den meisten Fällen ist nicht die Kapitalkraft der Engpassfaktor des Wachstums. Wenn man auf seinem Gebiet überlegene Leistung bringt, so verdient man auch Geld und kann im Zeitablauf eine Kapitalbasis aufbauen. Natürlich muss man dabei schrittweise vorgehen. Die Welt lässt sich nicht auf einen Schlag erobern, sondern hierzu ist ein jahrelanges schrittweises Vorgehen erforderlich. Basis muss die Innovationsstärke sein. Denn nur mit innovativen Produkten erzielt man überdurchschnittliche Gewinne und damit ausreichende Kapitalstärke. Die Internationalisierung lässt sich auch nicht von Anfang an präzise planen, sondern hier sind hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gefragt. Diese spezifischen Stärken muss ein mittelständisches Unternehmen ganz bewusst nutzen.

Sind kleine und mittlere Unternehmen stärker Standort gebunden als große, globalisierte Konzerne und was heißt das für die Wirtschafts- und Steuerpolitik?

Kleine und mittlere Unternehmen sind insofern stärker an einen Standort gebunden als sie oft nur ein Werk oder allenfalls wenige Fabriken haben. Große globalisierte Konzerne haben hingegen viele Produktionsstätten und können zwischen diesen Aufträge hin und her schieben. Kleine Firmen hängen folglich auch stärker von der Wirtschafts- und Steuerpolitik ab. Falls die Bedingungen jedoch zu ungünstig werden, verlagern auch diese Unternehmen ihre Standorte ins Ausland. Gerade mit verstärktem Wachstum und besonderem Erfolg sind solche Bewegungen zu beobachten. Wenn man also gerade die erfolgreichen Klein- und Mittelbetriebe halten will, so muss man unbedingt eine attraktive Wirtschafts- und Steuerpolitik bieten. Die derzeitige Situation in der Bundesrepublik ist in dieser Hinsicht katastrophal. Ideen wie die Vermögensabgabe der SPD werden eine weitere Standortflucht von kleinen und mittleren Unternehmen bewirken, und zwar von den besten. Denn diese kommen überall zurecht. Nur die schwachen bleiben zurück, sie sind am immobilsten.

Wie finden kleine und mittlere Unternehmen weltweit Kunden? Ist das Internet der Durchbruch, um mit Geschäftspartnern in aller Welt in Kontakt zu kommen?

Das Internet begünstigt kleine im Verhältnis zu großen Unternehmen. Es stellt insofern eine Demokratisierung der Informations- und Kommunikationspolitik dar. Mit Hilfe des Internets lassen sich Kunden in aller Welt erreichen. Ein Beispiel aus den neuen Bundesländern: Ein Anbieter von asiatischen Heilkräutern und Tees machte 10 000 Mark Umsatz pro Monat, bevor er ins Internet ging. Nach der Einrichtung einer Homepage schnellt sein Umsatz auf 100 000 Mark pro Monat hoch, und gleichzeitig kommen seine Kunden nun aus aller Welt. Das Internet wird also ein Beschleuniger der Globalisierung. Jedem kleinen und mittleren Unternehmen empfehle ich, dieses Instrument voll einzusetzen.

Was können die Unternehmen ihrerseits tun, um sich für den globalen Wettbewerb zu rüsten? Was bringen Netzwerke?

Zunächst müssen die kleinen und mittleren Firmen sich selbst international rüsten, das heißt mental globalisieren. Das bedeutet, die Angst vor der Vermarktung im Ausland abzulegen, sich die notwendigen Sprachkenntnisse anzueignen, internationale Mitarbeiter einzustellen. Das ist ein schwieriger Prozess, da die oft verschlossenen Unternehmenskulturen sich bei der Aufnahme ausländischer Kollegen nicht leicht tun. Netzwerke sind in einigen Branchen wie Hard- und Software wichtig. Insgesamt messe ich ihnen jedoch keine sehr große Bedeutung zu. Jedes Unternehmen muss die Internationalisierung selbst bewerkstelligen. Andere helfen ihm hierbei nur eingeschränkt.

Was sollte die Regierung tun, um die Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen nachhaltig zu stärken?

Die Steuern müssen runter. Insbesondere müssen "Anschläge auf den Standort Deutschland", wie etwa die Vermögensabgabe-Pläne der SPD, endlich vom Tisch. Offensichtlich wissen viele Politiker nicht, welche Irritationen von derartigen Gedankenmodellen aus der sozialistischen Mottenkiste ausgehen. Deutschland braucht nichts dringender als hochmotivierte Unternehmer. Und die Politik sollte alles unterlassen solche Typen, vor allem auch unter den jungen Leuten, zu verscheuchen.

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