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Urheberrechte: YouTube unter Druck

Das Internetportal YouTube sieht sich seit dem Verkauf an Google zunehmend mit Urheberrechtsklagen konfrontiert. Wird kein Kompromiss gefunden, könnte das gesamte Geschäftsmodell in Frage stehen.

Hamburg - YouTube liegt bei Internet-Surfern im Trend. Seit ihrer Gründung im Februar 2005 ist die Plattform im weltweiten Netz rasant zum führenden Videoportal aufgestiegen. Der Clou daran: Jeder Nutzer kann dort eigene Videos hochladen oder die von anderen kostenlos betrachten. Doch nun droht den Betreibern Ungemach. Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Verfielfältigungsrechte (GEMA) fordert Lizenzgebühren für dort verbreitete, geschützte Inhalte. Und sie ist nicht die Einzige, die YouTube und seinen neuen Besitzer, den US-Internetkonzern Google, mit Copyright-Forderungen in die Zange nimmt. Die Betreiber stehen vor einem Dilemma: Sie wollen den Charme der offenen Videobörse erhalten, aber Rechte-Piraterie verhindern.

Rund 70 Millionen Nutzer besuchen laut einer Studie monatlich YouTube - was sich etwa mit "Deine Glotze" übersetzen ließe. Mehr als 30 Millionen schauen ein Video an. Während lustige Heimvideos aus der privaten Videokamera in der Regel niemandem wegen Copyright-Verletzungen Kopfschmerzen bereiten, sind Urhebern andere Clips ein Dorn im Auge: Musikvideos, Mitschnitte von Konzerten oder Ausschnitte aus Serien, Filmen oder Fußballspielen etwa.

So konnte sich jeder YouTube-Surfer kurze Zeit nach dem WM-Finale den Kopfstoß von Zinédine Zidane noch einmal anschauen. Auch Privataufnahmen aus Bundesliga-Spielen kursieren. Kein Wunder, dass die Deutsche Fußball Liga (DFL) YouTube und ähnlichen Seiten nun die Rote Karte zeigt. Eine Firma soll im Auftrag der DFL Urheberrechtsverstöße aufspüren und Unterlassung fordern. Auch andere Sportligen in aller Welt haben ähnliche Schritte ergriffen.

Google gibt sich kooperativ

Die Gema richtet ihre Forderung direkt an Google. Der US-Internetkonzern hatte das populäre Videoportal vor wenigen Wochen für stolze 1,65 Milliarden Dollar (rund 1,3 Milliarden Euro) gekauft. Die Gesellschaft verhandle derzeit mit Google, sagte ein Gema-Sprecher dem "Handelsblatt". Dabei drücken die Copyright-Schützer aufs Gaspedal. "Wir werden die Verhandlungen nicht abwarten, sondern haben Google von den Verstößen auf YouTube in Kenntnis gesetzt, wo die Rechte unserer Mitglieder betroffen sind", sagte der Sprecher. Google sei aufgefordert worden, Videos mit nicht lizenzierter Musik zu löschen.

Google Deutschland gibt sich kooperativ. "Natürlich wird das Urheberrecht respektiert und geschützt", beteuert Sprecher Stefan Keuchel. Das gelte auch für YouTube, wenn Ende des Jahres die Übernahme abgeschlossen sei und die Seite zu Google gehöre. Sobald ein Rechteinhaber auf einen Verstoß aufmerksam mache, werde das entsprechende Video entfernt. Doch dieses Vorhaben gleicht einem Fass ohne Boden. Schließlich stellt nicht Google, sondern die Millionen-Community von YouTube-Nutzern die Videos ins Netz. 70.000 neue Clips kommen täglich hinzu. Jeder Urheberrechtsverstoß müsste einzeln angemahnt werden. Wird das Video von A gelöscht, kann B es Minuten später erneut hochladen.

YouTube hat gute Chancen

"Hinter jedem Clip herzulaufen, ist weder technisch noch personell möglich", sagt der Berliner Medienwissenschaftler Jesko Kaltenbaek. Zwar gebe es technische Versuche, wonach geschützte Inhalte automatisch erkannt und aus dem Netz gelöscht werden sollen. Doch die stünden erst am Anfang. Kaltenbaeck sieht trotz der Copyright-Forderungen gute Chancen für die YouTube-Community. Er glaubt, dass das Portal anders als die MP3-Tauschbörse Napster überlebt. So sei Napster eine reine Tauschbörse ohne Werbe-Anzeigen durch ein kommerzielles Unternehmen wie Google im Hintergrund gewesen. In den USA gebe es zudem Ideen, um das Problem der Rechtepiraterie bei YouTube in den Griff zu bekommen, sagt der an der Freien Universität lehrende Forscher.

Sinnvoll seien einvernehmliche Lösungen - etwa indem Musikkonzerne und TV-Sender an den Werbeeinnahmen der Seite beteiligt werden oder pauschale Abgaben kassieren. Zumal die Videos auf der Plattform meist von vergleichsweise schlechter Klangqualität seien. Eine schlechte Lösung wäre es in den Augen des Medienwissenschaftlers, wenn sich Nutzer der Seite künftig identifizieren müssten, bevor sie ein Video hochladen. "Das würde YouTube seinen Charme nehmen", sagt Kaltenbaek. Der Reiz bestehe gerade darin, dass Millionen Menschen sich frei austauschen können. (Von Julia Deppe, ddp)

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