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Wirtschaft: US-Investor übernimmt Herlitz

Gläubigerbanken verkaufen ihre Anteile an dem Berliner Bürowarenhersteller / Advent verspricht Investitionen

Berlin – Der Berliner Bürowarenhersteller Herlitz ist von einem Finanzinvestor übernommen worden. Die Luxemburger Stationery Products teilte am Montag mit, sie habe von den Gläubigerbanken bereits knapp 65 Prozent des Grundkapitals erworben. Den Minderheitsaktionären unterbreitete Stationery am Montag ein öffentliches Übernahmeangebot. Das Unternehmen, hinter dem der US-Finanzinvestor Advent steht, will den Aktionären den gesetzlichen Mindestpreis zahlen, also den Durchschnittskurs der vergangenen drei Monate. Die Aktie wurde am Nachmittag vom Handel ausgesetzt. Während Aktionärsschützer die Übernahme kritisierten, begrüßte Herlitz-Chef Christian Supthut die Transaktion. „Sie versetzt uns in die Lage, Wachstumschancen insbesondere in Osteuropa verstärkt zu nutzen“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung von Herlitz und Advent.

Ralf Huep, Geschäftsführer der deutschen Advent GmbH, sagte dem Tagesspiegel, man habe seit rund einem halben Jahr verhandelt. Dabei sei ein Finanzrahmen sichergestellt worden, der auch Investitionen ermögliche. Zunächst stünden der Kundenstamm und der Maschinenpark im Vordergrund. Huep schloss aber eine weitere Expansion von Herlitz nicht aus. „Wir sind für Zukäufe aufgeschlossen. Es müssen aber überschaubare Schritte sein", betonte er. Dafür werde Advent auch zusätzliches Geld bereitstellen. In den vergangenen 15 Jahren, in denen Advent in Deutschland tätig gewesen sei, habe man eine Beteiligung in der Regel vier bis sieben Jahre gehalten. Auch bei früheren Übernahmen – etwa dem PVC-Hersteller Vinnolit und dem Autozulieferer Moeller – hatte Advent investiert und so nach eigenen Angaben Arbeitsplätze gesichert. Inwieweit bei Herlitz Arbeitsplätze von der Übernahme betroffen sind, blieb am Montag offen. Allerdings hat die Gewerkschaft Verdi bereits vor Jahren eine Verlängerung der Arbeitszeit auf 37 Stunden akzeptiert. Im Gegenzug hatte das Unternehmen betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Dieser Vertrag bleibt trotz des Eigentümerwechsels gültig.

Großen Druck, die ausstehenden 35 Prozent an Herlitz zu übernehmen, verspürt Huep nicht. „Unsere Strategie funktioniert auch mit den 65 Prozent, die wir von den Banken bekommen." Das sehen Aktionärsschützer anders. Michael Kunert von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) fürchtet, dass Advent widerborstige Aktionäre mit einem „Squeeze-Out“ herausdrängen könnte. Das ist möglich, wenn ein Anteilseigner 95 Prozent der Anteile hat. Zudem wäre ein strategischer Investor aus der Papierbranche besser gewesen, meint Kunert.

Das Traditionsunternehmen Herlitz war 2002 in die Insolvenz gegangen, hatte sich aber zuletzt wieder erholt. Herlitz beschäftigt 2700 Mitarbeiter, die meisten in Berlin und Brandenburg. 2004 hatte das Unternehmen seinen Jahresüberschuss von 1,7 auf 3,7 Millionen Euro steigern können. Allerdings hatte Herlitz bei seinen Gläubigerbanken noch immer Schulden von 41 Millionen Euro. Diese hat Advent jetzt abgelöst. Dem Vernehmen nach kommt bei der Sanierung des Unternehmens jetzt der Commerzbank eine tragende Rolle zu. So habe die Bank für die kommenden fünf Jahre ein Kreditvolumen von 80 Millionen Euro zugesagt. Darin enthalten sind ein Investitionskredit, ein Saisonkredit, um saisonale Schwankungen zu überbrücken, und ein so genannter Pauschalkredit, mit dem Forderungen der Poolbanken abgelöst werden. Das betrifft offenbar vor allem den Standort Falkensee, wo Herlitz zu Beginn der 90er Jahre ein riesiges Logistikzentrum aufgebaut hatte. Wie es in Unternehmenskreisen weiter hieß, werde nun erwogen, Falkensee dadurch aufzuwerten, dass die Herlitz-Bereiche, die bislang noch am Unternehmenssitz in Berlin-Tegel angesiedelt sind, ins brandenburgische Falkensee verlegt werden.

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