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Wirtschaft: US-Justiz ermittelt gegen Siemens

Bei dem Korruptionsverfahren drohen Millionenbußgelder. Das Unternehmen schließt Verstöße nicht aus

Berlin - Die Schmiergeld-Affäre bei Siemens beschäftigt inzwischen auch amerikanische Behörden. Jetzt ermittelt die US-Justiz, ob der Münchner Konzern gegen Antikorruptionsregeln verstoßen hat. „Das US-amerikanische Justizministerium führt im Zusammenhang mit diesen Angelegenheiten gegen Siemens ein Verfahren wegen möglicher Verstöße gegen US-Strafvorschriften“, schreibt Siemens im Bericht über das erste Quartal des Geschäftsjahres 2007. „Wir wissen seit vergangener Woche, dass es ein Verfahren gibt“, sagte ein Siemens- sprecher dem Tagesspiegel. Außerdem führt nach Kenntnis von Siemens die für Untersuchungen zuständige Einheit der US-amerikanischen Wertpapieraufsichtsbehörde SEC derzeit eine informelle Untersuchung dieser Angelegenheit durch. Bisher hatte der Konzern von Kontakten mit US-Justizministerium und Börsenaufsicht gesprochen.

In Deutschland ermittelt die Staatsanwaltschaft seit November gegen mehrere teils ehemalige, teils aktive Mitarbeiter von Siemens wegen des Verdachts der Untreue, Bestechung und Steuerhinterziehung. Auch frühere Mitglieder des Zentralvorstands sollen von den schwarzen Kassen im Konzern gewusst haben. Siemens selbst hat inzwischen Zahlungen von insgesamt rund 420 Millionen Euro als zweifelhaft eingestuft.

Ein Verfahren in den USA könnte gravierende Folgen für den Konzern haben. Siemens ist auch an der amerikanischen Technologiebörse Nasdaq notiert. Und die Amerikaner haben besonders strenge Korruptionsvorschriften für in den USA börsennotierte Unternehmen, die die Behörden auch dann verfolgen können, wenn die Korruption gar nicht in den USA stattfand. Die US-Behörden können nicht nur um Rechtshilfe bei den deutschen Ermittlern ersuchen, sie können von Siemens selbst Unterlagen anfordern. Siemens hatte bereits im Dezember die internationale Anwaltskanzlei Debevoise & Plimpton unter anderem damit beauftragt, das Unternehmen bei der Aufarbeitung behördlicher Ermittlungen zu unterstützen.

„Das ist ein übliches Verfahren, um die US-Behörden milde zu stimmen und zu zeigen, dass man selbst Interesse an der Aufklärung hat“, sagte der Anwalt einer anderen international tätigen Kanzlei dem Tagesspiegel. Je nachdem, wie die Ermittlungen laufen, könnte Siemens nicht nur ein Bußgeld in Millionenhöhe drohen. „Die Bußgelder der SEC sind so ausgelegt, dass sie abschreckenden Charakter haben“, sagte der Anwalt. Die US-Behörden könnten darüber hinaus bei Siemens in den USA ein zusätzliches Aufsichtsgremium installieren. „Das sind einschneidende Maßnahmen, die von Unternehmen nicht sehr gern gesehen werden“, sagte der Anwalt.

Siemens selbst schreibt in seinem Quartalsbericht: „Es kann gegenwärtig nicht ausgeschlossen werden, dass Siemens oder einzelne Mitarbeiter wegen Gesetzesverstößen straf- oder zivilrechtlich verfolgt werden.“ Negative Folgen könnten daraus auch für die operative Geschäftstätigkeit entstehen, unter anderem aus Geldbußen, Schadenersatz oder Ausschlüssen bei der öffentlichen Auftragsvergabe. Rückstellungen habe der Konzern dafür jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorgenommen. Für eine „vernünftige Schätzung der möglichen Höhe“ etwaiger Zahlungen sei es noch zu früh.

Dabei ermitteln nicht nur die Amerikaner in Sachen Korruption. Zuletzt hatte die EU gegen Siemens eine Rekordstrafe von 420 Millionen Euro wegen Kartellabsprachen verhängt. Im Quartalsbericht steht nun, dass im Dezember Beamte der japanischen Kartellbehörde die Büroräume von mehr als zehn Herstellern und Zwischenhändlern von medizinischen Geräten, darunter auch Siemens, im Zusammenhang mit möglichen Kartellrechtsverletzungen durchsucht haben.

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