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Zufrieden. Präsident Barack Obama nach dem Erfolg im US-Senat.

© dpa

USA: Obama feiert Finanzreform

Der US-Präsident will das Gesetz nächste Woche unterschreiben. Es ist der größte Eingriff ins Finanzsystem der USA seit den Dreißiger Jahren.

Washington - Präsident Barack Obama wird die tiefgreifende Reform der Finanzaufsicht, die der US-Senat am Donnerstag endgültig verabschiedet hatte, in der kommenden Woche in einer feierlichen Zeremonie unterschreiben und damit in Kraft setzen. Das 2300 Seiten lange Gesetz ist der größte Eingriff in die Regulierung von Banken und anderen Finanzdienstleistern seit der Depression der 1930er Jahre. Die „New York Times“ schreibt, es „spiegelt ein neues Misstrauen gegenüber den Finanzmärkten nach mehreren Jahrzehnten, in denen die Politik die Wall Street mit Bewunderung beobachtet hatte“.

Der Senat beschloss die schärferen Auflagen mit 60 zu 39 Stimmen entlang der Parteilinien. Die Demokraten stimmten dafür bis auf Russ Feingold; er sagte zur Begründung, die staatliche Kontrolle gehe nicht weit genug. Die Republikaner votierten nahezu geschlossen gegen die Reform. Die drei Ausnahmen waren die beiden moderaten Senatorinnen aus dem Neuenglandstaat Maine, Olympia Snowe und Susan Collins, sowie Scott Brown aus Massachusetts, der zu Jahresbeginn den Senatssitz des verstorbenen Demokraten Ted Kennedy erobert hatte. Für Obama ist dies der dritte große gesetzgeberische Erfolg in 18 Monaten Amtszeit nach dem Konjunkturpaket und der Gesundheitsreform.

Regierung und Kongress ziehen mit der Reform die Lehren aus der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise. Sie geht nicht so weit, wie die Regierung Obama vor anderthalb Jahren unter dem Eindruck der dramatischen Auswirkungen der Krise angekündigt hatte. Und sie bleibt weit zurück hinter den Wünschen Deutschlands und Frankreichs an die USA. Sie sieht, zum Beispiel, keine Transaktionssteuer vor. Sie bricht die großen Finanzkonzerne nicht auf, verschärft aber die Aufsicht über das System.

Eine Verbraucherschutzbehörde für Bankkunden wird eingeführt. Die Regierung darf Banken, deren Größe das System gefährdet, übernehmen und aufteilen. Sie darf auch in den Derivatemarkt eingreifen. Geschäftsbanken wird der Handel mit Derivaten allerdings nicht völlig verboten. Bei der Kreditvergabe müssen Banken einen Teil des Risikos behalten und können es nicht komplett an Dritte weiterverkaufen. Die Praxis, Finanzwetten gegen die Produkte, die sie Kunden verkaufen, einzugehen, um ihr Risiko zu begrenzen, wird Banken verboten. Hedgefonds und Banken werden schärfer voneinander getrennt.

Der republikanische Senator Richard Shelby aus Alabama, ein Wortführer der Gegner, nannte das Gesetz „ein 2300-Seiten-Monster“. Es schaffe eine riesige Bürokratie und unterminiere die Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Wirtschaft. Präsident Obama sagte dagegen, „es muss sich niemand fürchten, dessen Business-Modell nicht darauf beruht, die Kunden zu betrügen“. Die Reform werde die Innovation der Finanzbranche befördern. Sie sei entscheidend für das Wachstumspotenzial der Wirtschaft.

Der Kampf um die künftige Praxis in der Finanzbranche sei damit aber nicht beendet, analysieren US-Medien. Er beginne jetzt erst richtig. Das Gesetz lege die Grundsätze fest, die entscheidenden Details müssten jedoch noch in Ausführungsbestimmungen geregelt werden. Finanzminister Timothy Geithner sagte: „Dieser Prozess wird einige Zeit dauern, aber wir sind entschlossen, so schnell wie möglich zu handeln, um Klarheit und Sicherheit zu schaffen.“

Die großen US-Zeitungen bewerten die Reform unterschiedlich. Das „Wall Street Journal“ meint, die Eingriffe des Staates gehen wie schon bei der Gesundheitsreform zu weit und verursachten unnötig hohe zusätzliche Kosten. Das Blatt prognostiziert, das Gesetz werde den Demokraten bei der Kongresswahl schaden. Umfragen zeigten, dass die Bürger in der Mehrheit weniger staatliche Gängelung wünschten. Die „New York Times“ und die „Washington Post“ schreiben, dies sei ein Sieg für Obama.

Die Bundesregierung hat die US-Finanzreform als erfreuliches und positives Signal begrüßt. Die Finanzmarktreform bewege sich im Rahmen der Empfehlungen der in den G 20 zusammengeschlossenen wichtigsten Wirtschaftsnationen, sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Michael Offer, am Freitag in Berlin. Ein Vergleich mit den Plänen in Europa und Deutschland sei aber nicht in jedem Fall möglich. „Aufgrund der unterschiedlichen Spezifika des amerikanischen Bankensystems im Vergleich zum europäischen ist es jetzt schwer möglich, eins zu eins die Dinge zu vergleichen.“ Entscheidend sei die gleiche Zielrichtung im Sinne der G-20-Beschlüsse. Christoph von Marschall

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