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Verband der Automobilindustrie: Autobauer aus der Defensive bringen

Eine neue Ära beim Verband der Automobilindustrie: Ex-Verkehrsminister Wissmann tritt am Freitag seinen Dienst an. Kein einfacher Job derzeit, denn die Branche befindet sich in der Dauerdefensive.

Frankfurt/Main - Die deutschen Autobauer stehen in der Klimadebatte am Pranger. Verbraucher, Politiker und die EU-Kommission werfen Audi, BMW, Mercedes und Co. vor, sie scherten sich wenig um den Umweltschutz, hätten den Rußfilter blockiert und saubere Antriebe wie den Hybrid verschlafen. Das soll sich nun ändern. Als neuer Cheflobbyist der Branche soll Matthias Wissmann dafür sorgen, dass die deutschen Konzerne ihr Image als Klimasünder loswerden. Der ehemalige Bundesverkehrsminister ist ab Freitag Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). Seinen Vorgänger, Bernd Gottschalk, hatte sein Zögern in Sachen Klimaschutz das Amt gekostet.

Die Branche setzt auf Wissmanns gute Kontakte in die Politik. Gehört der CDU-Mann doch seit 1976 dem Bundestag an und war von 1993 bis 1998 Verkehrsminister. Auch in Brüssel gilt der 58-jährige Ludwigsburger als gut vernetzt. Als Vorsitzender des Europaausschusses des Bundestages kennt er seine künftigen Gegenspieler.

Wissmann will in Berlin wirken

Wohl wissend, was von ihm erwartet wird, hatte der studierte Jurist dann auch von Anfang klar gemacht, wo für ihn als VDA-Präsident die Musik spielen wird: in Berlin - dort, wo die Politik sitzt. Und natürlich in Brüssel. Hier wie da seien nämlich die Erfolge der deutschen Autobauer in Sachen Klimaschutz "bisher nicht rübergekommen", glaubt Wissmann. Die Branche habe also vor allem ein Kommunikationsproblem. Das kann der gebürtige Schwabe mit Zahlen untermauern: Schließlich habe sich der Spritverbrauch seit 1990 um ein Viertel reduziert und auch beim CO2 oder der Dieseltechnologie seien deutliche Fortschritte erkennbar. "Das heißt nicht, dass man nichts mehr verbessern kann", räumt er ein. Zunächst aber müssten die Vorurteile abgebaut werden.

Um das zu erreichen, will Wissmann - anders als sein Vorgänger - auch auf die Umweltschützer zugehen. Schließlich wüssten alle, dass eine mobile Gesellschaft ohne das Auto undenkbar sei. "Die alten Fronten zwischen Öko-Bewegung und Automobilindustrie habe ich nie für besonders intelligent gehalten", sagte der begeisterte Radfahrer unlängst. Kein Wunder, dass selbst Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn seine Wahl zum Autolobbyisten begrüßten.

KfZ-Steuer zu CO2-Abgabe

Mit Wohlgefallen dürften sie vernommen haben, dass Wissmann sogleich forderte, die Kraftfahrzeugsteuer in eine Schadstoffsteuer umzuwandeln. "Jedes Gramm CO2 sollte gleich hoch besteuert werden. Je größer der CO2-Ausstoß, desto höher die Kfz-Steuer", schlug der 58-Jährige vor. Damit, so das Kalkül der Branche, ließen sich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die Verbraucher bekommen einen Anreiz, weniger CO2 in die Luft zu jagen. Weil sich aber vor allem mit Neuwagen kräftig Steuern sparen ließen, werden gleichzeitig die Autoverkäufe angekurbelt.

Für die deutsche Automobilindustrie beginnt mit Wissmann eine neue, politisch geprägte Ära. Das wird sich spätestens auf der weltgrößten Automesse (IAA) im September in Frankfurt am Main zeigen, wenn Volkswagen, Mercedes und Co. mit niedrigem CO2-Ausstoß statt vielen PS werben. (Von Katharina Becker, dpa)

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