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Party: Viele wollen es im Urlaub krachen lassen.

© Thomas Barwick/Getty Images

Exklusiv

Verbraucherschützer mahnen Alkohol-Klausel ab: Zahlt die Krankenversicherung nicht, wenn man zu viel trinkt?

Eine Auslandsreisekrankenversicherung springt ein, wenn man im Urlaub krank wird oder einen Unfall hat. Aber jetzt gibt es Streit um eine Klausel.

Im Urlaub geht es oft locker zu. Für viele Menschen gehören Pils und Prosecco zur Entspannung dazu. Für den einen reicht ein Gläschen, andere lassen es gern krachen. Doch wer etwa in angeheitertem Zustand die Treppe herunterfällt oder so viel Alkohol intus hat, dass ärztliche Hilfe nötig ist, könnte möglicherweise auf den Kosten der Behandlung sitzen bleiben. Der Bund der Versicherten hat die Bedingungen von Auslandsreisekrankenversicherungen untersucht und Vertragsklauseln von drei Anbietern abgemahnt, die aus Sicht der Verbraucherschützer in Bezug auf den Drogen- und Alkoholkonsum unfair und intransparent sind und Verbraucher benachteiligen.

Verbraucherschützer mahnen ADAC, Europ Assistance und Die Bayerische ab

Nach Informationen, die dem Tagesspiegel vorab vorlagen, handelt es sich um den ADAC, Europ Assistance und Die Bayerische. Der Vorwurf: Die Versicherer versuchen, in ihren Versicherungsbedingungen eine Leistung auszuschließen, wenn die Krankheit oder Verletzung in Folge eines Missbrauchs von Drogen, Medikamenten oder Alkohol eingetreten ist. Für Versicherungsnehmer sei aber nicht erkennbar, was genau mit „Missbrauch“ gemeint ist, kritisieren die Verbraucherschützer. Nach allgemeinem Sprachgebrauch sei damit ein „übermäßiger Konsum“ gemeint. Das würde aber auch fahrlässige einmalige Alkoholexzesse umfassen. Ein solcher Leistungsausschluss wäre aber unwirksam, da Krankenversicherer Zahlungen nur bei vorsätzlichem Verhalten ausschließen dürfen.

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Wann ist es Spaß und wann ist es Missbrauch?

Hinzu kommt nach Meinung des Bundes der Versicherten, dass Verbrauchern nicht klar ist, wann die Schwelle zwischen Konsum und Missbrauch überschritten ist. In den Klauseln werde der missbräuchliche Konsum von Alkohol und Medikamenten mit dem missbräuchlichen Konsum von Drogen jeder Art implizit gleichgestellt. Bei harten Drogen sei aber bereits die Einnahme geringer Mengen als Missbrauch zu bewerten. Solle das etwa auch für Alkohol gelten? Die Klausel sei diesbezüglich unklar, sagen die Verbraucherschützer, die Unklarheit gehe zu Lasten der Verbraucher und damit sei die Klausel unwirksam.

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„Eine Auslandsreisekrankenversicherung ist sehr wichtig“, sagte Stephen Rehmke, Vorstandsmitglied des Bundes der Versicherten, dem Tagesspiegel. „Die Versicherten müssen sich durch klare Ansagen darauf verlassen können, dass die Versicherung im Ernstfall leistet.“ Es dürfe nicht im Belieben des Versicherers stehen, ob jemand beim Feiern im Urlaub über die Stränge geschlagen hat.

Einfach mal abhängen: Eine Auslandsreisekrankenversicherung bietet Sicherheit.

© dpa/Georg Wendt

Die Bayerische bestätigt auf Anfrage, dass bei ihr Unfälle und Krankheiten, die ursächlich auf Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenmissbrauch zurückzuführen sind, nicht versichert sind. Bei diesem Passus bewege sich die Versicherung allerdings nicht im Spektrum Konsum (unabhängig von der Promillehöhe), sondern ausschließlich im Bereich Missbrauch (langfristig), sagte eine Unternehmenssprecherin dem Tagesspiegel. Der Missbrauch müsse zudem für die Krankheit oder den Unfall ursächlich gewesen sein.

Der ADAC unterscheidet zwischen Alkohol und anderen Drogen

Der ADAC unterscheidet: Bei Medikamenten und Drogen liege eine missbräuchliche Verwendung bereits dann vor, wenn diese entweder überhaupt nicht oder nicht in der konsumierten Menge legitimiert sind, also etwa nicht vom Arzt verordnet worden sind, heißt es auf Anfrage. Bei missbräuchlichem Alkoholkonsum lehnt die Versicherung eine Übernahme der Kosten dagegen erst dann ab, wenn nach Einschätzung des Arztes der Patient die Suchtkriterien erfüllt hat. „Sollte die versicherte Person im Urlaub „ein paar Gläser zu viel“ getrunken haben und anschließend einen Unfall mit Verletzungsfolgen haben, sehen wir dies als versichertes „Urlaubsrisiko“ an“, sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel. Die im Straßenverkehr üblichen 0,5-Promille-Grenzen seien für den Begriff „missbräuchliche Verwendung“ in der Auslandsreisekrankenversicherung übrigens nicht maßgeblich.

Warum eine Auslandsreisekrankenversicherung sinnvoll ist

Auch wenn es um die Alkohol-Klausel Streit gibt, hält der Bund der Versicherten wie alle Verbraucherschützer eine Auslandsreisekrankenversicherung grundsätzlich für eine sehr sinnvolle Versicherung. Sie übernimmt die Kosten für eine Heilbehandlung im Ausland, die die gesetzliche Krankenversicherung nicht zahlt. So werden Arztkosten, Sachmittel, Unterbringung und Verpflegung bei einem Krankenhausaufenthalt, der Transport zum nächsten Krankenhaus oder Arzt durch den Rettungsdienst übernommen. Die Versicherung zahlt auch einen Rücktransport nach Deutschland, wenn man am Urlaubsort nicht ausreichend versorgt werden kann.

Auch für Privatversicherte ist die Auslandsreisekrankenversicherung daher sinnvoll, weil ein solcher Rücktransport auch in der privaten Krankenversicherung oft nicht enthalten ist. Zudem behalten Privatversicherte ihren Anspruch auf eine Beitragsrückerstattung, wenn sie für Versicherungsfälle im Ausland die Auslandsreiseversicherung in Anspruch nehmen.

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