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Wirtschaft: Verhalten aufwärts

Die Wirtschaft beurteilt die Lage im August etwas schlechter, dafür sind die Erwartungen besser. Nur der Ölpreis macht Angst

Berlin - Die Experten lassen sich die Stimmung vom leicht gesunkenen Geschäftsklimaindex des Instituts für Wirtschaftsforschung (Ifo) nicht vermiesen. „Alles in allem stehen die neuen Umfrageergebnisse einer verhaltenen Aufwärtsbewegung in den nächsten Monaten nicht entgegen“, sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn am Donnerstag in München.

Und da die Erwartungen nur knapp verfehlt wurden, machten Aktienhändler für den schwächeren Dax vor allem den neuerlichen Ölpreisrekord verantwortlich. Denn dem Ifo-Indikator sind auch positive Seiten abzugewinnen: Während die befragten 7000 Unternehmen das Geschäftsklima und ihre Lage zwar etwas negativer beurteilten als im Vormonat, sind ihre Erwartungen so gut wie seit sechs Monaten nicht mehr.

Besonders deutlich war das bei der Industrie. „Nochmals etwas optimistischer bewerteten die Industrieunternehmen auch ihre Exportchancen“, erklärte Sinn.

David Milleker, leitender Volkswirt bei der Allianz-Gruppe, warnte davor, den Index-Rückgang überzubewerten. „Das ist so was von undramatisch. Das Geschäftsklima macht einen ausgesprochen robusten Eindruck“, sagte er dem Tagesspiegel. „Die Exporterwartungen sind blendend, der Ölpreis hat nicht massiv durchgeschlagen.“ Dass der Einzelhandel etwas pessimistischer sei, sei nicht überraschend. Insgesamt deute der Index darauf hin, dass zwei Prozent Wachstum in 2006 möglich seien.

Jörg Lüschow, Volkswirt der WestLB, hob vor allem die positiven Erwartungen hervor. „Im Umfeld explodierender Ölpreise ist das sehr beachtlich.“ Auch Jörg Krämer von der Hypo-Vereinsbank setzt weiter auf eine moderate Belebung der Wirtschaft nach der Stagnation vom Frühjahr. „Wir fühlen uns aber gerade nach dem heutigen Rückgang des Ifo-Geschäftsklimas darin bestärkt, dass diese wirtschaftliche Erholung den Namen Aufschwung nicht verdient und nur sehr kurz sein wird“, sagte Krämer.

Das unerwartet stark gestiegene Konjunkturbarometer des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hatte zwei Tage zuvor die Hoffnung auf eine merkliche Wirtschaftsbelebung geschürt. ZEW-Chef Wolfgang Franz hoffte schon, dass der Funke vom Export auf die Binnenwirtschaft überspringen könnte. Andreas Scheuerle von der DekaBank sieht zwar eine stabilere heimische Nachfrage. „Aber ein Funke, der ein Feuer entfacht, ist noch nicht übergesprungen.“

Dabei gilt die Sorge vor allem dem Ölpreis, der nach Ansicht von Ifo-Volkswirt Klaus Abberger ein wesentlicher Risikofaktor für die Konjunktur bleibt. Leichtes US-Öl zur Lieferung im Oktober stieg am Donnerstag zeitweise auf 68 Dollar je Barrel (159 Liter) und damit auf den höchsten Stand seit Beginn des Terminhandels 1983. Auch andere Ölsorten verteuerten sich. „Das Öl ist eines der größten Risiken für die Wirtschaft“, sagte Volkswirt Stefan Bielmeier von der Deutschen Bank.

Der Bundesverband des Groß- und Außenhandels (BGA) rät dazu, sich auf immer höhere Rekorde einzustellen. „Der Ölpreis ist auf einem langfristigen Trend nach oben, das kann man drehen oder wenden, wie man will. Es wird zwar technische Reaktionen nach unten geben, aber der Trend ist klar“, sagte BGA-Präsident Anton Börner dem Tagesspiegel.

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer forderte, den Gas- vom Ölpreis abzukoppeln, da die Verknüpfung nicht ökonomisch begründet sei. „Das ist modernes Raubrittertum, was sich da abspielt“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Gaskunden sollten Widerspruch gegen höhere Preise einlegen, damit die Kalkulationsgrundlagen klar werden.

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