zum Hauptinhalt

Verkehr: Regierung spart sich neue Bahngleise

Angesichts drastischer Kostensteigerungen streicht der Bund zahlreiche geplante Bahnstrecken. Kürzungen bei der Straße lehnt Verkehrsminister Peter Ramsauer ab.

Berlin - Neun Bahnverbindungen würden bis zu einem Drittel teurer, vor allem Regionalstrecken in Norddeutschland, sagte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) am Donnerstag in Berlin. Auch für weitere Projekte dürfte es in den kommenden Jahren eng werden: Ramsauers Ministerium plant mit 29 neuen Strecken für aktuell 26 Milliarden Euro. Zur Verfügung stehen bis 2020 aber nur acht Milliarden Euro.

„Ich habe mittel- bis langfristig erhebliche Finanzierungsprobleme“, räumte Ramsauer ein. Die nun auf Eis gelegten Projekte würden erst wieder vorangetrieben, wenn sich die Rahmenbedingungen geändert hätten. Betroffen ist etwa der Ausbau der Strecke zwischen Lübeck und Stralsund, das „Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 1“. 80 Prozent des Vorhabens sind zwar schon umgesetzt, weitergebaut wird nun aber nicht. Weitere betroffene Trassen liegen überwiegend in Schleswig-Holstein und Niedersachsen.

Die umstrittene ICE-Trasse von Wendlingen nach Ulm, die für das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 wichtig ist, will Ramsauer dagegen unverändert verfolgen. Gebaut werden darf eine Strecke nur, wenn sie für jeden investierten Euro mindestens einen Euro zusätzlichen Nutzen bringt. Bei Wendlingen–Ulm liegt dieses sogenannte Nutzen-Kosten-Verhältnis bei 1,5. Wachse der Verkehr weniger als geplant, liege der Wert bei 1,0. Die Grünen halten das Verhältnis für kleiner als 1,0, damit wäre die Trasse unwirtschaftlich. Ramsauer warf den Grünen vor, mit „unzulässigen“ Annahmen Stimmung zu machen.

Die Regierung muss alle fünf Jahre überprüfen, ob die von der Politik angestrebten Bauvorhaben noch wirtschaftlich und notwendig sind. Was die Regierung plant, hält sie im Bundesverkehrswegeplan fest. Der aktuelle stammt aus dem Jahr 2003, eine neue Version soll es 2015 geben.

Von den 29 verbliebenen Vorhaben werden zudem acht deutlich zusammengestrichen, um sie wirtschaftlich zu retten. In der Hauptstadtregion wird die Strecke Berlin-Görlitz nur bis Cottbus für Tempo 160 ausgebaut, bis Görlitz bleibt es – von der Elektrifizierung abgesehen – bei der bisherigen Geschwindigkeit. Die ICE-Strecke Berlin-München lohnt sich nach Ramsauers Berechnung weiterhin.

„Gerade bei Schienenprojekten haben wir es mit rasanten Kostensteigerungen zu tun“, begründete der Minister den Sparkurs bei der Schiene. Steigende Baukosten, höhere Sicherheitsanforderungen etwa bei Tunneln, zusätzlicher Aufwand für den Lärmschutz oder für moderne Signaltechnik seien dafür verantwortlich. Auch die Bahn treffe eine Mitschuld – sie habe keinen Anreiz, Projekte möglichst effizient durchzuführen, weil sie Geld des Bundes verbaue.

Im Straßenbau will der Bund dagegen auf kein Vorhaben verzichten. Allein bei den Bundesstraßen sind auf 5500 Kilometern Aus- und Neubauten geplant, darunter sind allein 850 Ortsumgehungen. Eine Wirtschaftlichkeitsrechnung nimmt das Verkehrsministerium für diese Projekte nicht vor – dazu seien sie zu kleinteilig, hieß es zur Begründung. Die Wirtschaftlichkeit neuer Autobahnen sieht der Bund angesichts des Verkehrswachstums ohnehin als gegeben an. Hier soll allein der Lastwagenverkehr bis 2025 um mehr als 80 Prozent zunehmen, der Pkw-Verkehr um knapp 35 Prozent. „Die Realität gebietet es, dass die Straße Hauptverkehrsträger bleiben wird“, sagte Ramsauer. Das Wachstum müsse aber möglichst auf die Schiene gelenkt werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false