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Mehdorn

© dpa

Verkehrsausschuss: Mehdorn im Verhör

Der Verkehrsausschuss des Bundestags befragt den Bahn-Chef zur Datenaffäre – und wirft ihm vor, wichtige Akten vernichtet zu haben

Berlin - Da ist es wieder, dieses Hartmut-Mehdorn-Lächeln. Die schmalen Lippen aufeinandergepresst, einen Mundwinkel leicht nach oben gezogen, kombiniert mit einem spöttischen Blick, wirkt es ein bisschen verschmitzt, fast lausbubenhaft. Mehdorn lächelt dieses Lächeln, wenn er gut Wetter machen muss. Doch die Botschaft hinter diesem Lächeln ist eine andere. „Mir kann keiner“, lautet sie, und „ich bin der Chef der Deutschen Bahn, und Ihr habt überhaupt keine Ahnung, was das bedeutet“.

Laut sagen darf Hartmut Mehdorn das an diesem Mittwoch natürlich nicht. Er muss vor dem Bundestags-Verkehrsausschuss aussagen, das ist feindliches Terrain. Trotzdem bekundet er, wie „gerne“ er gekommen sei, wie „angenehm“ er den Auftritt empfunden habe und dass man „endlich“ vieles habe klären können.

Es geht um viel an diesem Tag. Darum, dass die Bahn über Jahre immer wieder Daten von Mitarbeitern und Lieferanten miteinander abgeglichen hat, um Korruption auf die Spur zu kommen. Dass es womöglich Verstöße gegen das Strafrecht gegeben hat, als der Konzern über Detektive verdächtige Mitarbeiter überprüfen ließ. Und es geht, vor allem, um den Kopf von Hartmut Mehdorn. Darum, ob er etwas gewusst hat und gehen muss. Oder ob er, obwohl sein Traum vom Börsengang geplatzt ist, einen akzeptablen Abgang bekommt, nach der Bundestagswahl.

„Das wird am Ende eine politische Frage sein“, gibt nach der vierstündigen Befragung ein führender Kopf der rot-schwarzen Koalition zu. Mehdorns Zukunft hängt von Machtfragen ab: Die Union würde ihn gerne halten. „Er ist so souverän, da sieht man, die vertuschen nichts“, schwärmt in einer Pause Georg Brunnhuber (CDU), der auch in Mehdorns Aufsichtsrat sitzt. Der Manager könne in einem 240 000 Mitarbeiter zählenden Konzern eben nicht alles wissen.

„Die Zahl der Fragen nimmt eher noch zu“, findet dagegen Achim Großmann (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Verkehrsministerium. Seine Partei will den Vorstandschef loswerden – vor der Wahl, um bei der Suche nach dem Nachfolger mitreden zu können. Die Opposition ist auf ihrer Seite. „Es kann nicht sein, dass ein Vorstand, der die Korruptionsbekämpfung zum Zentrum seiner Arbeit macht, die Maßnahmen nicht hinterfragt“, sagt Winfried Hermann von den Grünen. Deshalb müsse Mehdorn gehen.

Damit es auch dazu kommt, haben seine Gegner einen schwer wiegenden Vorwurf mitgebracht. Bei der Bahn sollen Akten zur Datenaffäre vernichtet worden sein, an einem Wochenende Anfang Februar. Das hätten anonyme Briefe und mündliche Hinweise ergeben, berichten mehrere Mitglieder des Ausschusses. Es gebe „sehr große Indizien, dass es dazu gekommen ist“, befand Uwe Beckmeyer, verkehrspolitischer Sprecher der SPD. Kurz darauf, dies ist kein Gerücht, hatten bei der Bahn Dutzende Ermittler mit der Aufklärung der Affäre begonnen: Der Vorstand hat eine Rechtsanwaltskanzlei beauftragt, außerdem hat der Aufsichtsrat die Wirtschaftsprüfer von KPMG sowie die ehemaligen Minister Gerhart Baum (FDP) und Herta Däubler-Gmelin (SPD) engagiert. Nach Anzeigen und auf Bitten der Bahn sucht zudem die Staatsanwaltschaft nach strafbarem Handeln.

Dass die Bahn nicht hilfreich bei der Aufklärung ist, finden auch Baum und Däubler-Gmelin. Die Untersuchung durch die KPMG werde „durch mangelhafte Kooperation seitens der DB AG stark behindert“, monieren sie in einem Brief an Aufsichtsratschef Werner Müller, der dieser Zeitung vorliegt. Es „werden immer noch Akten vorenthalten“, Dokumente seien unsortiert oder fehlten. „Es erhärtet sich der Eindruck, dass einer schnellen und lückenlosen Aufklärung Steine in den Weg gelegt werden.“ Die KPMG selber sieht aber keinen Anlass zur Klage.

Licht ins Dunkel soll nun Josef Bähr bringen, bei der Bahn für die Korruptionsfahndung verantwortlich. Er fehlte am Mittwoch wegen Krankheit. Auch Wolfgang Schaupensteiner, als Anti–Korruptionsbeauftragter Bährs Chef, war unpässlich – angeblich wegen eines Zahnarzttermins. Mehdorn selbst gibt sich im Ausschusssaal und davor reumütig, aber unschuldig. „Es sind Fehler gemacht worden“, bekennt er. Von der Aktenvernichtung wisse er aber nichts. Bis zur nächsten Vernehmung wird es nun wieder ein paar Wochen dauern. Heute hat der Mann Zeit gewonnen. Als er geht, lächelt er wieder sein Hartmut-Mehdorn-Lächeln.

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