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Ein Jobcenter in Schwerin.

© dpa

Vermittlung von Langzeitarbeitslosen: Schluderige Jobcenter

Der Bundesrechnungshof hat die Beratung von Hartz-IV-Empfängern kritisiert. Nun liegt der Abschlussbericht vor. Die Arbeitsagentur zeigt sich einsichtig.

Während die Arbeitslosenquote in Deutschland stetig sinkt, verringert sich die Zahl der gut sechs Millionen Harz-IV-Empfänger fast gar nicht. Und das seit Jahren. Ein Grund dafür ist die mangelhafte Betreuung in den Jobcentern – wie ein aktueller Abschlussbericht des Bundesrechnungshofs zeigt.

Es wird viel Geld investiert, um Langzeitarbeitslose wieder in Arbeit zu bringen. Sie werden weitergebildet, sollen sich mit Ein-Euro-Jobs an den Arbeitsalltag gewöhnen oder nehmen an bestimmten Eingliederungsprogrammen teil. Um zu sehen, ob diese Maßnahmen auch effektiv sind, sollen Jobcenter-Mitarbeiter währenddessen und danach mit den Teilnehmern sprechen, ihr Bewerberprofil neu anpassen und eine Strategie für die weitere Jobsuche entwickeln. Fühlt sich derjenige jetzt bereit für den Arbeitsmarkt? Braucht er eine weitere Maßnahme? Oder steht ihm ein ganz anderes Hemmnis wie etwa eine Suchterkrankung im Weg? Dieses sogenannte „Absolventenmanagement“ haben Kontrolleure des Bundesrechnungshofs Ende 2015 untersucht. Mit dem Ergebnis: Es läuft nicht sonderlich gut.

Maßnahmen bleiben oft ohne Wirkung

Als der vorläufige Prüfbericht des Bundesrechnungshofs zu diesem Thema im vergangenen November ungewollt publik wurde, hielt sich die Behörde mit Äußerungen zurück. Man wolle erst die Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit (BA) durchlesen und einarbeiten, hieß es. In der fertigen Auswertung steht nun: „Die Bundesagentur und das Bundesministerium teilen unsere Bewertung.“ Der Rechnungshof schließe seine Prüfung ab, werde aber beobachten, ob „die Jobcenter in angemessener Weise auf unsere Feststellungen und Empfehlungen reagieren“.

Dem fertigen Bericht nach gefährden schluderige Jobcenter-Mitarbeiter die Wirkung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen in mehrfacher Hinsicht: Bei nicht einmal jedem zweiten der fast 500 untersuchten Fälle wurde kurz vor dem Ende einer Maßnahme ein Gespräch mit dem Leistungsbezieher geführt, wie es im Anschluss weitergehen soll. Bei fast jedem Dritten wurden die neu gewonnenen Qualifikationen nicht im IT-System dokumentiert und die Profile der Leistungsempfänger dementsprechend nicht überarbeitet. Mit der Folge, dass es womöglich zu keinen Fortschritten kam.

Die erworbenen Erfahrungen und Kenntnisse würden also trotz des finanziellen Aufwands und trotz des Einsatzes der Leistungsbezieher oft nutzlos bleiben, was der Motivation der Hartz-IV-Bezieher schaden und ihre Arbeitslosigkeit weiter verfestigen würde. „Zudem besteht die Gefahr, dass Leistungsberechtigte wiederholt an gleichen oder vergleichbaren Maßnahmen teilnehmen“, heißt es in dem Bericht. Ohne dass die Jobcenter die Sinnhaftigkeit einer wiederholten Teilnahme hinterfragen würden.

Weiterbildung wird zum Wahlkampfthema

Die Kosten für Maßnahmen hätten bei den untersuchten Fällen zwischen rund 180 Euro (Ein-Euro-Job) und rund 11 718 Euro (Weiterbildung) pro Teilnehmer gelegen. Ein Jobcenter habe für die Qualifizierung zur Berufskraftfahrerin beispielsweise gut 9300 Euro gezahlt. In diesem Fall habe der Vermittler aber nicht nur versäumt, die Fortbildung auszuwerten. Er habe vorher auch nicht geprüft, dass seine Kundin aus gesundheitlichen Gründen Probleme beim Autofahren hat.

Der Endbericht fällt in eine Zeit, in der Weiterbildung zum Wahlkampfthema geworden ist. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz schlägt vor, dass Arbeitslose bis zu 48 Monate lang vom Staat unterstützt werden, wenn sie sich weiterbilden. Dabei müsste der Fokus aus Sicht von Brigitte Pothmer, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, woanders liegen. Hochproblematisch sei vielmehr, dass „Geringqualifizierte, Migranten oder ältere Arbeitslose“ zu selten eine Qualifizierung angeboten bekämen. Knapp 60 Prozent der Langzeitarbeitslosen hätten zudem keine Berufsausbildung , jeder Fünfte keinen Schulabschluss. Weiterbildungen für Arbeitslose seien wichtig – aber „vor allem im Hartz-IV-System“, sagt sie. Wobei hier anscheinend noch viel zu tun ist.

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