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Last Exit Bochum. Betriebsratschef Rainer Einenkel glaubt weiter an Verhandlungen mit der Opel-Führung, die aber bekräftigte das Vorhaben, „die Automobilproduktion im Bochumer Werk Ende 2014 auslaufen zu lassen“.

© dpa

Verzockt: Opel in Bochum vor dem Aus

Nach der Ablehnung des Tarifvertrags durch die Belegschaft ist das Bochumer Werk kaum noch zu retten.

Und nun? In der Bochumer Belegschaft, aber auch an den anderen Opel-Standorten und in der IG Metall war am Freitag die Ratlosigkeit groß. Was wird nun aus dem Werk in Bochum und den rund 3800 Beschäftigten an dem Standort, nachdem am Donnerstag drei Viertel der Belegschaft gegen den „Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung und Sanierung“ votiert hatten? Der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel glaubt an weitere Verhandlungen mit der Opel-Führung. Doch die denkt überhaupt nicht daran und bekräftigte vielmehr am Freitag das Vorhaben, „die Automobilproduktion im Bochumer Werk Ende 2014 auslaufen zu lassen“; schon Ende dieses Jahres läuft die Getriebefertigung aus. Wenn es dabei bleibt, dann haben sich die Bochumer fürchterlich verzockt.

Vor wenigen Wochen hatten sich Arbeitnehmervertreter und die Opel-Führung nach monatelangen Verhandlungen auf einen Tarifvertrag mit Perspektiven für die deutschen Opel-Standorte geeinigt: Rüsselsheim, Bochum, Kaiserslautern, Eisenach und das Testzentrum Dudenhofen. Über diesen Vertrag stimmen die jeweiligen Belegschaften ab, bislang waren alle dafür, das Ergebnis aus Eisenach wird in der kommenden Woche erwartet. Ausgerechnet Bochum, seit vielen Jahren das umstrittenste Werk im Konzern, sprach sich dagegen aus. Dabei macht der „Gesonderte Geltungsbereich Bochum“ den Großteil des Tarifvertrags aus mit folgenden Kernpunkten:

600 Beschäftigte sollen gegen die Zahlung einer Abfindung, deren Höhe noch zu verhandeln ist, ausscheiden. Bis 2012 werden betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Der Zafira wird bis Ende 2016 in Bochum produziert. Gemeinsam mit der Stadt wird Opel eine „Initiative Bochum Perspektive 2022“ entwickeln und eine Gesellschaft gründen, die am Standort „neue Unternehmen und Technologien“ ansiedelt. Opel wird am Standort über 2016 hinaus „mindestens 1200 Vollzeitarbeitsplätze aufrechterhalten“, davon 600 in einem zentralen Ersatzteillager und 600 in der Komponentenfertigung. Ferner wird Opel „ein Investitions- und Produktionsprogramm für eine wirtschaftlich langfristig tragfähige Motorenproduktion prüfen“. Auf der anderen Seite gibt es Abstriche aller knapp 20 000 Opel-Beschäftigten bei der Bezahlung.

Alles in allem passte das den Bochumern nicht. Für die Ablehnung des Tarifvertrags gab es vier Gründe: 1. Das Ende der Autoproduktion wollen viele nicht hinnehmen. 2. Die Zusagen sind zu unverbindlich, nach turbulenten Jahren gibt es kein Vertrauen mehr in die Führung. 3. Die Geduld ist am Ende; manche wollen eine Abfindung und einen Schlussstrich. 4. Hoffnung auf weitere Verhandlungen und am Ende ein besseres Ergebnis für den Standort. Diese Hoffnung hatte der Bochumer Betriebsrat unter seinem Vorsitzenden Einenkel den Leuten gemacht. Dagegen sagt der nordrhein-westfälische IG Metall-Sprecher Wolfgang Nettelstroth über die Verhandlungen. „Wir wollten mehr. Mehr ging nicht.“

An dieser Einschätzung hat sich auch am Freitag nichts geändert, die Bochumer haben sich offenbar ins Aus manövriert. Denn der Tarifvertrag kann durchaus in Kraft treten ohne die entsprechende Passage über Bochum. In diesem Fall bleiben Einenkel und den übrigen Betriebsräten nur noch die Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan, bei denen es im Kern dann um die Höhe der Abfindung für die Beschäftigten geht, aber nicht mehr um die Zukunft des Standorts. Ob der Tarifvertrag ohne Bochum in Kraft tritt, hängt ab von der IG Metall.

Gewerkschaftschef Berthold Huber selbst hat sich in den vergangenen zwölf Monaten immer wieder eingeschaltet in die Gespräche. Angesichts der Überkapazitäten – die Opel-Fabriken sind nur zur Hälfte ausgelastet, der europäische Automarkt ist in einer erbärmlichen Verfassung und Opel hat zuletzt einen Milliardenverlust eingefahren – hatte Huber bereits vor geraumer Zeit nur noch eine Zukunft Bochums als Komponentenwerk gesehen. Auch das scheint nun verstellt durch das Votum der Belegschaft.

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