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Wirtschaft: Vodafone verschärft den Angriff auf die Telekom

Zusätzliche Handy-Angebote sollen Festnetz schwächen / 250 000 neue Kunden in Deutschland

Düsseldorf - Mit neuen Angeboten für das Handy zu Hause verschärft der Mobilfunkanbieter Vodafone seine Angriffe auf die Deutsche Telekom. Schnelle UMTS-Handys und ein separat gelieferter DSL-Anschluss der Vodafone-Tochter Arcor sollen künftig zu Hause und unterwegs den Zugang ins Internet ermöglichen. Vodafone hofft, dass Telekom-Kunden ihren Festnetzanschluss kündigen. In dem Paket, das im Herbst auf den Markt kommen soll, will Vodafone aber auch Zusatzdienste wie Musik und Fernsehen fürs Handy mit verkaufen.

Zudem soll es möglich sein, mit dem Mobiltelefon von unterwegs auf die Festplatte des eigenen PC zuzugreifen. „Wir planen keinen Kampfpreis“, sagte Vodafone-Deutschland-Chef Friedrich Joussen am Montag in Düsseldorf, eine Zahl nannte er aber nicht.

Die Deutsche Telekom will nach den Sommerferien zurückschlagen und geht den umgekehrten Weg: Der Ex-Monopolist wird ein Festnetz-Telefon vorstellen, das auch als Handy benutzt werden kann.

Vodafone setzt mit seinen Plänen verstärkt auf seine jüngsten Wachstumsfelder Mobilfunk zu Hause und UMTS. Während der gesamte Mobilfunk-Umsatz am Ende des ersten Quartals 2006/2007 um 2,9 Prozent unter dem Vorjahresniveau lag, verdoppelte sich die Zahl der Kunden, die ihr Handy in den eigenen vier Wänden zu günstigeren Preisen als unterwegs nutzten, allein im ersten Quartal auf 900 000. Die Zahl der UMTS-Kunden stieg um 300 000 auf jetzt 2,3 Millionen. Sie bringen Vodafone laut Joussen etwa doppelt so viel Umsatz wie Kunden mit einem normalen Handyvertrag, weil sie unterwegs viel im Internet surfen und Musiktitel herunterladen. Mit solchen Datendiensten erlöste Vodafone im ersten Geschäftsquartal 2006/2007 43,5 Prozent mehr Umsatz als ein Jahr zuvor.

Insgesamt bescherten die vergangenen drei Monate Vodafone netto 250 000 neue Kunden. Mit jetzt 29,4 Millionen Kunden nimmt Vodafone Marktführer T-Mobile ins Visier, der zuletzt 30,2 Millionen Kunden meldete. Die Vodafone-Gruppe gewann im ersten Quartal weltweit 4,5 Millionen Kunden hinzu, 100 000 mehr, als Analysten prognostiziert hatten. Weltweit hat der Konzern jetzt 186,8 Millionen Kunden. Angaben zum Gewinn macht Vodafone nach dem ersten Quartal traditionell nicht. Milliardenschwere Firmenwert-Abschreibungen vor allem in Deutschland, wo Vodafone Anfang 2000 Mannesmann für 170 Milliarden Euro gekauft hatte, bescherten den Briten im abgelaufenen Geschäftsjahr jedoch noch tiefrote Zahlen.

Nach Ansicht des Beraters Arno Wilfert von Arthur D. Little ist Vodafones Offensive ein weiterer Abschied vom klassischen Telefonfestnetz. „Spätestens 2015 oder 2020 wird es abgeschaltet“, sagte Wilfert. „Dann wird nur noch über das Internet oder mobil telefoniert.“ Vodafones Angebot könne aber lediglich einen Marktanteil von zehn Prozent erreichen, vor allem Singles.

Auch in anderen Ländern will Vodafone das Handy für den Hausgebrauch attraktiver machen. Es seien Zukäufe von Festnetzgesellschaften denkbar, um den Kunden eine schnelle DSL-Internetleitung gleich mitliefern zu können, kündigte Joussen an. Für UMTS-Handys seien nicht genügend Sendekapazitäten vorhanden, sagte sein Sprecher Jens Kürten. „Es wären Milliardeninvestitionen nötig, damit alle Kunden per UMTS ins Internet gehen können.“ Im Jahr 2000 hatte Vodafone-Deutschland-Vorgänger Mannesmann D2 eine UMTS-Lizenz für 16,5 Milliarden D-Mark erworben.

Erstmals trat Deutschland-Chef Joussen zugleich als Übergangs-Europa-Chef vor die Öffentlichkeit. Zuvor hatte Vodafone mitgeteilt, dass Bill Morrow seinen erst im April angetretenen Posten aus familiären Gründen wieder verlassen wird.

Morrows Weggang bringt Vodafone-Chef Arun Sarin in Schwierigkeiten. Während er einen Nachfolger suchen muss, steht er selbst in der Schusslinie. Auf der heutigen Hauptversammlung wollen einige Aktionäre gegen ihn stimmen, weil sie den Vorstand für den 2005 um mehr als 30 Prozent gesunkenen Aktienkurs verantwortlich machen. Zudem kritisieren sie die hohen Gehälter in der Vorstandsetage.

Nils-Viktor Sorge

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