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Fahrer protestierten gegen "Proposition 22", weil auch sie festangestellt werden wollen.

© AFP

Volksabstimmung in Kalifornien: Uber und Co. müssen Fahrer nicht anstellen

Neben der Wahl des Präsidenten haben die Kalifornier auch über die Zukunft von Uber und Co. abgestimmt. Das Ergebnis: Sie müssen ihre Fahrer weiterhin nicht festanstellen.

Zumindest ein Votum fiel am Dienstag eindeutig aus: Die Fahrdienstanbieter Uber und Lyft sowie die Lieferdienste Doordash und Postmates haben im Rahmen einer Volksabstimmung im US-Bundesstaat Kalifornien ein Gesetz gekippt, das Fahrern auf ihren Plattformen den Status von Mitarbeitern zusprach.

Nach Auszählung der Mehrheit der Stimmen sprachen sich gut 58 Prozent dafür aus, die Fahrer als Selbstständige zu behandeln, knapp 42 Prozent waren dagegen. Mehr als 50 Prozent waren nötig, um den von den Techkonzernen eingebrachten Vorschlag durchzubringen. Die Signalwirkung dieser Abstimmung dürfte weit über die Grenzen des Bundesstaates hinausgehen. Für Uber Deutschland hat es keine direkten Folgen.

„Heute waren sich die kalifornischen Wähler einig, dass wir die unabhängige Arbeit nicht abschaffen, sondern verbessern sollten", feiert Uber das Ergebnis in einer Erklärung. Zu einigen zusätzlichen Leistungen für die Fahrer werden die Anbieter dennoch verpflichtet.

Rekordsummen, um den Status quo zu erhalten

„Proposition 22“ geht auf ein bereits in Kraft getretenes Gesetz zurück. Darin verpflichtete die kalifornische Regierung die Unternehmen dazu, die auf der Plattform registrierten unabhängigen Auftragnehmer regulär anzustellen. Sie sollten damit den Anspruch auf Zusatzleistungen wie Urlaub und Arbeitslosenversicherung bekommen.

Uber kann deshalb günstige Fahrten anbieten, weil die Fahrer selbstständig sind.
Uber kann deshalb günstige Fahrten anbieten, weil die Fahrer selbstständig sind.

© imago/ZUMA Press

Dass das Referendum zugunsten der Plattformbetreiber ausfiel, überraschend. Ist Kalifornien doch traditionell eine Hochburg der Demokraten. Die Partei von Spitzenkandidat Joe Biden, die den Bundesstaat am Dienstag erneut deutlich für sich gewinnen konnte, hatte sich vor der Abstimmung klar gegen Uber, Lyft und die anderen Anbietern gestellt.

Unter den Fahrern selbst war der Vorstoß umstritten. Während die einen die von den Techkonzernen initiierte Volksabstimmung unterstützen, weil sie ihre Flexibilität bedroht sahen, hofften andere, dass sie abgelehnt wird. „Wir wollen Arbeitnehmer werden – mit eigenen Rechten und einer Gewerkschaft, die unsere Interessen vertritt“, sagte Lyft-Fahrer Michael Robinson vor der Abstimmung einem US-Online-Magazin. „Wir müssen diese Milliardäre stoppen, ihre eigenen Gesetze zu machen.“

PR-Kampagnen liefen auf allen Kanälen

Beobachter alarmiert das Votum zugunsten der Plattformbetreiber. Sie glauben, dass vor allem die aggressive und mit mehr als 200 Millionen US-Dollar finanzierte PR-Kampagne den Techkonzernen zum Erfolg verholfen hat. Über Social-Media-Posts, TV- und Youtube-Werbung versuchten die Anbieter, die Zustimmung der Wähler zu gewinnen. Dagegen standen die 20 Millionen US-Dollar der Gewerkschaften, die unter anderem auf Flyern und Plakaten zum „Nein“ gegen das Referendum aufriefen.

Auch ihre App nutzten die Anbieter für ihren Wahlkampf. Nachdem bekannt wurde, dass Uber-Fahrer vor der Annahme eines Auftrags auf die Schaltfläche „Ja zu Prop 22“ klicken mussten, wurde die Funktion allerdings verändert. Das Fenster konnte von den Fahrern umgangen werden. Gegen die „ständige Nachrichtenflut“ in der App hatten sich einige Fahrer vor Gericht gewehrt – erfolglos. Für Uber gelte das Recht auf „freie Meinungsäußerung“, begründete der Richter seine Entscheidung, die Klage abzuweisen. 

Nun entscheiden Gerichte

Im Vorfeld hatte die Abstimmung über die Zukunft der Uber-Fahrer für Proteste gesorgt.
Im Vorfeld hatte die Abstimmung über die Zukunft der Uber-Fahrer für Proteste gesorgt.

© REUTERS

Für die Plattformanbieter ist der Kampf noch nicht ausgefochten. Obwohl „Prop. 22“ nun verabschiedet wurde, könnte der Rechtsstreit weitergehen. Der Grund: Die Regierung kann bis zum Inkrafttreten der Maßnahme geltend machen, dass die Unternehmen gegen das Gesetz verstoßen haben.

Gerichtsurteile stehen noch aus

Uber und Lyft stehen in mehreren kalifornischen Großstädten wegen Lohndiebstahls durch „vorsätzliche Fehleinstufung von Fahrern als unabhängige Unternehmer statt als Angestellte“ vor Gericht.  All diese Fälle könnten ein Jahr oder länger in Anspruch nehmen, um den Weg durch die Instanzen zu gehen.

„Das Ende dieser Kampagne ist nur der Anfang des Kampfes, um sicherzustellen, dass Plattformarbeiter faire Löhne, Krankengeld und Pflege erhalten, wenn sie bei der Arbeit verletzt werden“, zeigte sich Art Pulaski von der California Labor Federation am Mittwoch kämpferisch.

Hersteller müssen Autodaten teilen

Im Bundesstaat Massachusetts fand parallel zur Wahl ebenfalls eine der teuersten Wahlkampfkampagnen der Geschichte statt. In dem Ostküstenstaat konnten die Wahlberechtigten neben dem Präsidenten vorgestern über eine Initiative abstimmen, die vorsieht, dass Fahrzeugbesitzer selbst entscheiden können, bei wem sie ihre neuen, zunehmend vernetzten Autos reparieren lassen – bei einer freien Werkstatt oder beim Hersteller. Eine ähnliche Diskussion läuft auch hierzulande.

Die US-Autohersteller wollten das verhindern. 25 Millionen Dollar gaben sie aus, um die Wähler davon zu überzeugen, gegen das Vorhaben zu stimmen. Doch die Wähler entschieden anders. 60 Prozent stimmten für den Vorstoß, der die Hersteller dazu zwingen könnte, ihre drahtlosen Daten mit Dritten zu teilen.

Ein Yes gaben die kalifornischen Wähler voraussichtlich auch zur Proposition 24, einer Verschärfung des Datenschutzgesetzes. Der California Consumer Protection Act (CCPA), als dessen Vorbild die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gilt, trat erst im Januar in Kraft. Die Regelung, die jetzt zur Wahl stand, sieht unter anderem die Einsetzung einer neuen Behörde vor, die das Recht der Verbraucherinnen und Verbraucher durchsetzen soll und dazu etwa Bußgelder verhängen kann. Die Behörde soll ein Budget von 10 Millionen Dollar haben.  

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