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Volkswagen: Sanierung schwächt VW-Erfolg

Volkswagen hat mitten im schmerzhaften Sanierungsprozess mit guten Zahlen überrascht. Der Umbau bei der Kernmarke belastet das Ergebnis aber weiter.

Wolfsburg - Im ersten Halbjahr fuhr Europas größter Autobauer trotz Milliardenkosten für den Konzernumbau einen Gewinn von knapp 1,2 Milliarden Euro ein, wie VW mitteilte. Das war rund drei Mal so viel wie im selben Zeitraum des Vorjahres. Dennoch gab sich Konzernchef Bernd Pischetsrieder zurückhaltend. Der Gewinn sei absolut gesehen "weiter unbefriedigend." Es seien noch "erhebliche Anstrengungen" nötig, um VW langfristig wieder auf Kurs zu bringen. Die Börse reagierte mit Euphorie auf die Zahlen.

Fast alle Daten fielen besser aus als von den Analysten erwartet. Die Umsätze kletterten im ersten Halbjahr dank anziehender Autoverkäufe in allen wichtigen Märkten um 14 Prozent auf 52 Milliarden Euro. Im laufenden Jahr rechnet Volkswagen weltweit mit etwas mehr Pkw-Verkäufen und entsprechend mehr Umsatz als im vergangenen Jahr. Dies beflügelte die Volkswagen-Aktie: Sie machte in Frankfurt am Main einen Kurssprung von bis zu 8,7 Prozent auf 59,39 Euro und setzte sich damit an die Spitze des Deutschen Aktienindex (Dax).

Während die Verkäufe des Autovermieters Europcar sowie der IT-Dienstleistungstochter Gedas Millionen in die VW-Kassen spülten, kostete die laufende Sanierung den Konzern im ersten Halbjahr demnach 1,3 Milliarden Euro. Der größte Teil fließt in Abfindungen, mit denen Volkswagen Mitarbeiter dazu bewegen will, freiwillig den Konzern zu verlassen. Bis dato hätten 2500 Beschäftigte eine solche Abfindung akzeptiert, sagte Pischetsrieder. Weitere 9700 Mitarbeiter hätten die angebotene Vorruhestandsvereinbarung unterzeichnet. Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch zeigte sich zuversichtlich, dass noch mehr VW-Arbeiter die eine oder andere Vereinbarung zum Ausscheiden annehmen werden. "Daher sind die 1,3 Milliarden Euro möglicherweise noch nicht das letzte Wort", sagte er.

Kein Grund zur Euphorie

Die Sanierungskosten drückten das Betriebsergebnis der Autosparte um knapp ein Viertel unter den Vorjahreswert. Dabei konnte die zuletzt schwächelnde Markengruppe Volkswagen, zu der neben VW auch Skoda, Bentley und Bugatti gehören, deutlich zulegen: Dank guter Verkäufe von Passat, Jetta und der Marke Skoda kletterte das Betriebsergebnis um 561 Millionen Euro auf 730 Millionen Euro. "Mit dem Ergebnis der Kernmarke Volkswagen Pkw können wir nicht zufrieden sein", dämpfte Finanzvorstand Pötsch jedoch die Euphorie. Auch die unbefriedigende Situation bei Seat belaste den Konzern weiter, hieß es bei Volkswagen. "Wir müssen mit Hochdruck an der Restrukturierung arbeiten", fügte Pötsch hinzu.

Die bewusste Zurückhaltung der Volkswagen-Spitze überrascht nicht. Der Konzern befindet sich mitten in zähen Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern über harte Einschnitte für die Belegschaft. Die Marke VW, an der allein in den sechs westdeutschen Werken rund 100.000 Arbeitsplätze hängen, war im vergangenen Jahr knapp an roten Zahlen vorbeigeschrammt. Schon im Februar hatte Markenchef Wolfgang Bernhard harte Sanierungsschritte angekündigt, darunter die Abkehr von der Vier-Tage-Woche. 20.000 Jobs stehen auf der Kippe. Der im November 2004 geschlossene Zukunftstarifvertrag schließt betriebsbedingte Kündigungen allerdings bis Ende 2011 aus.

Zugleich waren die guten Ergebnisse eine willkommene Ablenkung von der Korruptionsaffäre der deutschen Autobranche, die auch Volkswagen betrifft. Im Zusamenhang mit Schmiergeldzahlungen vom französischen Zulieferer Faurecia in Höhe von mehreren hunderttausend Euro ermittelt die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main unter anderem gegen zwei inzwischen freigestellte oder pensionierte Einkaufsmanager von Volkswagen sowie einen Einkäufer der Konzerntochter Audi. (tso/AFP)

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