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Wirtschaft: Volkswagen stellt die Jobmaschine ab

Bei Einstellungen künftig „zurückhaltend“/Pischetsrieder erläutert Sparprogramm/VW Bank verdient gut

Berlin (alf). Der unter Absatzproblemen leidende VolkswagenKonzern wird in diesem Jahr kaum Personal einstellen. Europas größter Autohersteller dementierte am Montag zwar einen Bericht der „Bild“, wonach ein Einstellungsstopp verhängt worden sei. VW-Sprecher Thomas Mickeleit sagte aber auf Anfrage, der Konzern werde künftig „zurückhaltender“ Arbeitskräfte einstellen. Bei der IG Metall hieß es, wenn VW freie Stellen nicht wieder besetze, könnten im vierstelligen Bereich Arbeitskräfte gespart werden. Der Konzern beschäftigt weltweit 337000 Mitarbeiter.

Der VW-Vorstandsvorsitzende Bernd Pischetsrieder will am heutigen Dienstag die Inhalte des Sparprogramms „ForMotion“ erläutern. Mit Hilfe der Maßnahmen, darunter Kostensenkung und Investitionskürzung, will Pischetsrieder in diesem und im kommenden Jahr in der Summe zwei Milliarden Euro sparen. Das operative VW-Ergebnis nach Sondereinflüssen war im vergangenen Jahr um knapp 63 Prozent auf 1,78 Milliarden Euro gesunken, mit gut fünf Millionen Fahrzeugen lag die Produktion auf dem Niveau von 2002. Für das laufende Jahr wird keine wirkliche Besserung erwartet. Vor allem der Absatz des Golf, mit Abstand das wichtigste VW-Modell, entspricht nicht den Erwartungen. Seit Herbst auf dem Markt, musste Pischetsrieder vor einigen Wochen mit einer Klimaanlage als Zugabe die Kunden ködern; das kostet VW pro Anlage rund 1200 Euro und hat die Nachfrage nach dem Kompaktwagen deutlich stimuliert.

Vom Golf will VW in diesem Jahr 600000 Exemplare produzieren. Wenn dieses „Brot- und-Butter-Auto“ nicht läuft, dann droht der gesamte Konzern zu schlingern. Bei VW- Händlern gibt es die Einschätzung, dass die kostenlose Klimaanlage nicht ausreiche, um das angestrebte Verkaufsvolumen zu erreichen. Dazu müsste noch ein Radio und die Metalliclackierung als „Zugaben“ draufgelegt werden, sagte ein Händler dem Tagesspiegel. Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer vermutet dagegen, VW werde sich in den kommenden Wochen anschauen, wie der neue Opel Astra abschneide. Der Astra ist der schärfste Konkurrent des Golf, aber deutlich günstiger. „Bei VW produziert man zu teuer“, kritisiert denn auch Dudenhöffer die relativ hohen Löhne in Wolfsburg, wo die meisten Golf gebaut werden.

Ein Werkzeugmacher bei VW verdient knapp 3000 Euro. Weil VW traditionell gut zahlt – von den 50000 VWlern in Wolfsburg gehört nur ein Bruchteil nicht der IG Metall an –, konnte vor gut zehn Jahren die Vier- Tage-Woche mit einem teilweisen Lohnausgleich eingeführt werden. Generell gilt seitdem in Wolfsburg die 28,8-Stunden-Woche, derzeit wird durchschnittlich 30 Stunden gearbeitet. Allerdings hat Personalvorstand Peter Hartz wieder etwas Neues vor. Er will eine „demographische Arbeitszeit einführen“. Danach würden junge Mitarbeiter mehr und ältere kürzer arbeiten; mit 30 Jahren zum Beispiel 40 Stunden und mit 50 Jahren 30 Stunden die Woche. Zum Zweiten hat sich Hartz den Begriff der Job-Familie einfallen lassen: Die Trennung von Angestellten und Arbeitern will Hartz aufgeben und vergleichbare Tätigkeiten und Qualifikationen in einem neuen Entgeltrahmen zusammenfassen. Welche Auswirkungen das für die Belegschaft hat, ist offen. Der Hannoveraner IG-Metall-Sprecher Jörg Köther spricht von „einer Mischung aus Zumutungen und interessanten Vorschlägen“, über die in den nächsten Monaten verhandelt werde. Gegen die IG Metall werden Pischetsrieder und Hartz wenig ausrichten. „Hier gibt es das Prinzip der kooperativen Konfliktbewältigung“, beschreibt der Wolfsburger Gewerkschaftssprecher Willi Dörr die Zusammenarbeit im „VEB Wolfsburg“, wie der Konzernriese bisweilen bezeichnet wird.

Anders als im „normalen“ Autogeschäft hat VW 2003 mit Finanzdienstleistungen rund ums Auto gutes Geld verdient. Das Ergebnis vor Steuern erhöhte sich um knapp 13 Prozent auf 565 Millionen Euro. Nach eigenen Angaben ist die VW Bank der größte Auto-Finanzdienstleister in Europa. Die Zahl der Neuverträge erhöhte sich 2003 um gut fünf Prozent auf knapp 660000; der gesamte Vertragsbestand stieg ebenfalls um rund fünf Prozent auf vier Millionen Verträge. Erst vor kurzem hatte die VW Bank eine Kooperation mit dem ADAC bekannt gegeben.

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