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Wirtschaft: Von wegen Urlaub

Wegen der Euro-Krise fahren in diesem Jahr weniger Deutsche nach Griechenland. Und auch den Südländern selbst ist kaum nach Reisen zumute.

Von Carla Neuhaus

Die Deutschen meiden Griechenland. Nur 1,1 Prozent planen in diesem Jahr einen Urlaub in dem Krisenstaat – ein Drittel weniger als noch vor zwei Jahren. Profitieren können davon zwei andere hoch verschuldete Länder: Spanien und Italien. Dort wollen sogar mehr Deutsche hinfahren (13 beziehungsweise acht Prozent). Auch unter den Berlinern bleibt Spanien trotz Krise das beliebteste Urlaubsziel im Ausland, 15 Prozent reisen dort dieses Jahr hin.

„In der Hauptbuchungszeit Anfang des Jahres war Griechenland in den deutschen Medien viel präsenter als die anderen Krisenstaaten“, erklärt Claudia Brözel von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNE) die Zahlen. „Und im Urlaub wollen wir uns schließlich nicht mit einem so ernsten Thema wie einer politischen Krise beschäftigen.“ Bilder wie etwa das, auf dem Griechen zu sehen sind, die in Athen eine Deutschlandflagge verbrennen, schreckten die Urlauber ab. Hinzu kommt die Angst, das Land könne während des Urlaubs zur Drachme zurückkehren. Zwar hätte das für Pauschaltouristen, die ihre Reise im Vorfeld bereits bezahlt haben, keine Auswirkungen – noch dazu ist ein Euro-Austritt so kurzfristig gar nicht denkbar. Dennoch hält diese „diffuse Angst“, wie Brözel sie nennt, viele Deutsche davon ab, jetzt nach Griechenland zu reisen. „Selten wurden Buchungsentscheidungen für oder gegen ein Urlaubsland so emotional und irrational getroffen“, bestätigt Tui-Deutschland-Chef Volker Böttcher.

Während die deutschen Buchungszahlen für andere Krisenländer wie Spanien oder Italien sich kaum verändert haben, melden die Reiseveranstalter für Griechenland Einbrüche von bis zu 30 Prozent. „Allerdings gibt es derzeit auch sehr viele Spätbucher für Griechenland“, sagt Sibylle Zeuch vom Deutschen Reiseverband. „Viele wollten erst einmal die Parlamentswahlen abwarten.“ Zudem haben die griechischen Hotels ihre Preise drastisch gesenkt, um noch Kurzentschlossene anzulocken. Die deutschen Reiseveranstalter werben mit Preisabschlägen zwischen zehn und zwanzig Prozent und versuchen den Reisenden die Angst zu nehmen. „Demonstrationen und Kundgebungen hat es bislang vor allem in Athen gegeben und nicht auf den griechischen Inseln, wo die Mehrzahl der Urlauber hinfliegt“, sagt Zeuch.

Professorin Brözel sieht die Rabatte auf Griechenlandreisen kritisch. „Da entsteht ein Billigimage, das das Land nur schwer wieder loswerden wird“, sagt sie. Wer jetzt in Griechenland besonders günstig Urlaub mache, sei im nächsten Jahr kaum dazu bereit, mehr Geld dafür zu zahlen. „Wir dürfen Griechenland nicht verramschen.“

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