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Wirtschaft: Vorsicht vor der asiatischen Renaissance

In den letzten Wochen herrschte eine euphorische Stimmung an den asiatischen Aktienmärkten.Die Börsenindizes kletterten und kletterten nach oben und ein Ende schien nicht in Sicht.

In den letzten Wochen herrschte eine euphorische Stimmung an den asiatischen Aktienmärkten.Die Börsenindizes kletterten und kletterten nach oben und ein Ende schien nicht in Sicht.Die Analysten erwärmten sich wieder für asiatische Werte.Die großen Fonds transferierten ihr Geld nach Hongkong, Singapur und Tokio.Von Krise keine Spur.Doch die Wunden von 1997 sind noch nicht verheilt.Experten rechnen mit rund zwei Jahren, ehe die wirtschaftlichen Daten das Niveau von 1997 wieder erreichen werden.Die Finanzmärkte sind der Zeit nur voraus.Sie spiegeln das wider, was vielleicht in ein oder zwei Jahren von den Unternehmen eingelöst wird.

Begonnen hatte die Asienkrise, die weltweit die Märkte in Mitleidenschaft zog, in Thailand.Dort hatte es schon lange im Immobilien- und Bankensektor gegärt.Offensichtlich wurden die Probleme als die Notenbank den thailändischen Bath gegen Spekulationen verteidigen mußte.Am 2.Juli 1997 brach die Verteidigungsstrategie zusammen, der Bath wurde freigegeben und verlor sofort stark an Wert.Von Thailand ausgehend schwappte die Asienkrise auf weitere Länder der Region über.Zunächst geriet der philippinische Peso unter Abwertungsdruck, danach der malaysische Ringgit und die indonesische Rupiah.Die Währungen wurden ebenfalls freigegeben und verloren rasch um bis zu 15 Prozent ihres Wertes gegenüber dem US-Dollar.Im Oktober wurden auch die von der Asien-Krise weniger betroffenen Währungen Taiwans und Hongkongs von der Spekulationswelle erfaßt.Der Aktienindex in Hongkong fiel innerhalb von drei Tagen um 23 Prozent.Es folgte eine Panik an den internationalen Börsen.Besonders hart getroffen wurden Lateinamerika und Rußland.Im November war auch Südkorea an der Reihe.Der Aktienindex rutschte auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren, der koreanische Won wurde im Dezember freigegeben.

Doch seit Anfang des Jahres sind die positiven Signale, die aus den Tigerstaaten kommen, nicht zu übersehen.Zumindest, wenn man den dortigen Zeitungen Glauben schenkt.So titelte die konservative Straits Times in Singapur."Gibt es nur noch den Weg nach oben?" Und die englischsprachige South China Morning Post in Hongkong verstieg sich gar zu der Aussage "Die Bullen stürmen Asiens Börsensäle".Also, alles wieder im Lot? Können Kleinanleger ihr Geld wieder in diese Regionen transferieren oder ist die Angelegenheit noch zu heikel?

Chancen für Gewinne sehen die meisten Analysten allemal.Doch Vorsicht ist geboten."Nur an den Finanzmärkten sieht es so gut aus," warnt Dung Tran Dinh, Asienexperte bei der Norddeutschen Landesbank.Durch die großen ausländischen Fondsgesellschaften sei viel Geld in die asiatischen Börsen geflossen.Doch die Fondsmanager könnten ihr Geld auch rasch wieder abziehen.Langfristige Investitionen im Unternehmen würden eher selten getätigt, denn diese Gelder wären langfristig gebunden."Das Geschehen an den asiatischen Börsen kann durchaus als Luftblase gesehen werden, die platzen kann.Die Börsen sind vor Rückschlägen nicht gefeit.Verlieren die großen Anleger ihr Vertrauen, ist es mit der Hausse wieder vorbei." Dennoch rät Dinh nicht von einem Engagement ab."Kleinanleger sollen warten bis sich die hohen Kurse durch Gewinnmitnahmen konsoldiert haben." Dinh warnt jedoch vor einem zu großen Engagement in Asien.Nur rund zehn Prozent des Portfolios sollten in asiatische Werte investiert sein.

Die meisten Kleinanleger haben gar nicht die Zeit, sich über asiatische Unternehmen regelmäßig zu informieren und das Börsengeschehen dort zu verfolgen." Deswegen sollten Kleinanleger Fonds vorziehen, findet Dinh.Die meisten Banken haben zumindest einen Fonds, der überwiegend in asiatische Werte investiert."In einem solchen Asienfonds sollten auf jeden Fall Telekommunikation-, Elektronik- und Versorgertitel vertreten sein," sagt er.Vor allem die Telekommunikationsbereiche habe ein riesiges Potential, man müsse nur auf den prosperierenden Markt in China schauen.Banktiteln hingegen sollten noch nicht gekauft werden, die Reformen des Bankwesens dauerten noch an."Insgesamt geht es mit Asien wieder bergauf, die Leistungsbilanzen sehen deutlich besser aus als noch vor einem Jahr."

Dieser Meinung ist auch Rainer Bormann, Asienexperte bei ABN-Amro-Asia in London.Im Gegensatz zu Dinh hält er Banktitel für empfehlenswert.Die faulen Kredite der Banken würden systematisch abgebaut, daher sei in den Finanztiteln wieder eine Menge Phantasie drin.Genau wie Dinh rät er, ein wachsames Auge auf die Telekommunikationswerte zu werfen.Auch er verweist auf den riesigen Markt in China."China Telekom ist immerhin weltweit der viertgrößte Mobilfunkanbieter." Exotische Engagements aber sollte ein Kleinanleger vermeiden, findet Bormann.Die Börsen in Hongkong und Singapur seien allerdings auch für Kleinanleger interessant."Der Zugang zu diesen Börsen ist auch für Ausländer nicht mit einem hohen bürokratischem Aufwand verbunden.Zudem sind die Börsen in Singapur und Hongkong relativ stabil." Bormann glaubt jedoch, daß ein Kleinanleger Fonds einem Direktengagement vorziehen sollte."Das ist einfach sicherer.Fonds ermöglichen eine Risikostreuung." Daß die Börse keine Einbahnstraße ist, zeigte sich am Freitag durch die scharfen Kurskorrekturen an den asiatischen Börsen.In Tokio fiel der Nikkei-Index unter die 17000 Punkte-Marke und schloß mit einem Minus von rund 354 auf dem Stand von 16946,52 Punkten.Auch in Hongkong sind die Aktien mit dem höchsten Punkteverlust seit dem 7.Januar 1998 aus dem Handel gegangen.Selbst in Singapur fiel der Straits-Times-Index um rund drei Prozent.Als Gründe nannten die Börsianer die bereits erwarteten Gewinnmitnahmen sowie die Inflationswarnung von Notenbankchef Alan Greenspan.

SIMONE MATTHAEI

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