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Wirtschaft: VW-Belegschaft pfeift Manager aus

Markenchef Wolfgang Bernhard erläutert Zwang zur Sanierung, Belegschaft klagt über Vorstandsfehler

Berlin - Die Zeiten in Wolfsburg werden härter. Top-Manager Wolfgang Bernhard wurde am Donnerstag auf einer Betriebsversammlung ausgebuht und kam teilweise wegen der Pfiffe nicht zu Wort. Bernhard, im Konzernvorstand für die Marke VW zuständig, verteidigte die Kostensenkungspläne der Unternehmensführung: „Sichere Arbeitsplätze kommen von Wettbewerbsfähigkeit.“ Betriebsratschef Bernd Osterloh warf dagegen dem Management vor, die Belegschaft zu verunsichern. Im Übrigen seien die Beschäftigten „nicht bereit, immer wieder aufs Neue Managementfehler auszubaden“, sagte Osterloh unter dem Applaus von rund 18 000 VWlern, die sich in Halle 11 auf dem Wolfsburger Werksgelände versammelt hatten.

Wie Teilnehmer berichteten, wurde es richtig laut, als Bernhard die Sanierungsmaßnahmen des Managements erläuterte. Die Empörung der Beschäftigten richtete sich dabei gegen das vermeintlich zögerliche Vorgehen der Konzernführung. Vor einem Jahr, als Bernhard erstmals auf einer Betriebsversammlung auftrat, war er noch für seine offene Analyse inklusive Kritik am Management bejubelt worden. Seitdem seien Einsparungen bei den Materialkosten, in den Produktionsabläufen und bei den Grundkosten in allen Unternehmensbereichen realisiert worden. „Jetzt müssen wir auch die Arbeitskosten wettbewerbsfähig machen“, sagte der VW-Markenchef. Derzeit lägen die Arbeitskosten in Wolfsburg „mehr als ein Drittel über denen in anderen deutschen Automobilwerken“.

In den sechs westdeutschen VW-Werken gilt ein Haustarif. Dieser Tarif schließt betriebsbedingte Kündigungen bis 2011 aus, sodass VW mit Abfindungen bis zu 250 000 Euro Mitarbeiter zum freiwilligen Ausscheiden bewegen will. Von den gut 100 000 Arbeitsplätzen an den Standorten Wolfsburg, Emden, Hannover, Kassel, Braunschweig und Salzgitter könnten rund 20 000 wegfallen.

Bernhard verteidigte das Ziel des Vorstands, die Arbeitszeit von 28,8 schrittweise auf 35 Wochenstunden zu erhöhen. Das sei notwendig, um auch künftig den Golf in Wolfsburg zu bauen. Die Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich ermögliche es, das auch künftig kein Mitarbeiter weniger Jahreseinkommen in der Tasche habe. Er appellierte an die Belegschaft „mit uns an einem Strang zu ziehen“. Betriebsratschef Osterloh hielt dagegen: „Volkswagen hat keine Antworten für den Personalüberhang, bietet den Kollegen keine erkennbare Perspektive und will aber gleichzeitig die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich verlängern. Das passt nicht zusammen und da werden wir auch nicht mitgehen.“

Osterloh verlangte Sicherheit für die Beschäftigten und umgehend Gespräche über den Heimatstandort Wolfsburg. Unter den Bedingungen des Haustarifvertrags wird dort der Golf gebaut. Allerdings so teuer, dass jedes Auto einen Verlust bringt. Osterloh forderte vor der Belegschaft ein „Zukunftsprojekt Standort Wolfsburg“. Wenn die Beschäftigten Einsparungen erbringen, dann sollten die „auch dem Standort gutgeschrieben werden und nicht auf Nimmerwiedersehen irgendwohin verschwinden“. Für den Betriebsrat reklamierte er Mitbestimmung bei Investitionsentscheidungen, „damit nicht Fehlentscheidungen des Managements die Kraftanstrengungen der Belegschaft wieder auffressen“. Am Montag hatten sich beiden Seiten zu einem Sondierungsgespräch getroffen. Ein weiteres Gespräch ist im Juli geplant.

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