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Zeitlos schön? Die Pianistin und Komponistin Clara Schumann (1819–1896) schmückte den letzten 100-Mark-Schein.

© Volkmar Schulz / Keystone Presse

Währung: Die D-Mark: Clara lebt

Weltweit sind noch rund 14 Milliarden D-Mark im Umlauf. Wäre es für Deutschland möglich, zur alten Währung zurückzukehren?

Die kleinen silberfarbenen Münzen mit dem Bundesadler und der großen Eins, das praktische Fünf-Mark-Stück, die blauen Hunderter-Scheine – mehr als 50 Jahre war die D-Mark das Zahlungsmittel in Deutschland, bevor sie 2002 endgültig durch den Euro abgelöst wurde. Nun wankt die Gemeinschaftswährung in Europas Schuldenkrise. Und einige Deutsche sehnen sich wieder nach der guten, alten D-Mark.

Was ist von dem alten Zahlungsmittel noch übrig? Ende des Jahres 2000 existierten knapp 280 Milliarden D-Mark in Scheinen und Münzen, heute sind weltweit noch 13,6 Milliarden D-Mark in Umlauf – davon 6,6 Milliarden in Scheinen, rund sieben Milliarden in Münzen. Und in manchen Geschäften kann man tatsächlich noch mit der Mark bezahlen: Zum Beispiel beim Bekleidungshaus C&A. Seit November 2004 hat das Unternehmen so bereits 50 Millionen D-Mark eingesammelt, derzeit landen monatlich noch 150 000 bis 200 000 Mark in den Kassen des Unternehmens. „Das ist ein Kundenservice, für den natürlich Kosten anfallen“, sagt C&A-Sprecher Thorsten Rolfes. Denn ein Dienstleister muss die D-Mark für den Konzern in Euro umtauschen. „Weil dieser Service so beliebt ist, werden wir ihn aber weiter anbieten“, sagt Rolfes. Viele Leute, die in D-Mark bezahlten, hätten das Geld gefunden, bei eigenen Umzügen oder nach dem Tod von Angehörigen, weil es versteckt oder verlegt worden war.

Nicht wenige Deutsche haben noch D-Mark zu Hause, in Schubladen, in Aschekästen von alten Öfen, in Tablettenschachteln eingerollt, oder gar unter dem Ersatzreifen im Auto. Die Bundesbank sammelt die besten Geschichten derjenigen, die das Geld in Euros tauschen. Im vergangenen Jahr brachten die Deutschen 162,8 Millionen D-Mark zurück zur Bundesbank, davon die meisten Summen von um die 500 Mark. Zum Beispiel ein Student aus dem Ruhrgebiet, der ein illegal entsorgtes Sofa am Straßenrand mitnahm. Als er es neu beziehen lassen wollte, fand er darin mehrere tausend D-Mark. Oder ein Bauer, der eine ganze Regentonne voller Münzen zum Umtausch brachte. Er hatte jahrelang morgens auf dem Weg zum Markt dort immer sein Portemonnaie um Münzen erleichtert.

Die abgegebenen D-Mark-Scheine und Münzen werden aber nicht gelagert, aufbewahrt, zurückgelegt. „Alles Geld, das seit der Währungsreform gegen den Euro eingetauscht wurde, ist geschreddert und entwertet worden“, sagt eine Bundesbank-Sprecherin. Nur ein kleiner Teil der Scheine und Münzen werde behalten, zum Beispiel fürs Museum, heißt es bei der Bundesbank.

Wer noch Deutsche Mark besitzt, kann diese in einer Bundesbank-Filiale tauschen. Spezielle Maschinen, die auch früher schon zur Vernichtung beschädigter Noten dienten, prüfen die Scheine auf Echtheit und schreddern sie, die Reste werden verbrannt. D-Mark-Münzen sortieren die Mitarbeiter der Bundesbank und geben sie an die Prägeanstalten weiter. Dort landen auch sie in einer Maschinen, die sie verformt und damit entwertet.

Die Rohstoffe lässt sich der Bund nicht entgehen. Die Vebeg GmbH – eine Treuhandgesellschaft des Bundes, verkauft die Münzreste weltweit, in der Regel an Metallhändler. Besonders die Ein-, Zwei, und Fünf-Mark-Münzen, die aus einer wertvollen Kupfer-Nickel-Legierung bestehen, werden gerne weiterverarbeitet. Sie finden sich zum Beispiel in Beschichtungen von Töpfen wieder oder werden gar für die Herstellung von Euromünzen verwendet – allerdings können sie nur für den silbernen Teil der Ein- und Zwei-Euro-Münzen genutzt werden. So steckt die D-Mark auch ganz real im Euro. Mehr als 100 000 Tonnen Münzen hat die Vebeg seit der Währungsreform weiterverkauft. 2009 waren es immerhin noch 303 Tonnen, in diesem Jahr bisher 144 Tonnen. Das meiste sei nun schon längst verarbeitet, heißt es bei der Vebeg. Der Erlös des verkauften Metalls geht zurück ans Bundesfinanzministerium.

Von der D-Mark sind also nur gehortete Scheine, Gedenkmünzen und Ausstellungsstücke übrig geblieben. Noch nicht einmal mehr die Druckplatten existieren, mit denen die Scheine einmal hergestellt worden waren. Auch sie wurden nach Angaben der Bundesbank vollständig vernichtet. Wie, will das Institut aber nicht verraten. Denn wenn es um Währungen geht, gibt es viel Geheimniskrämerei. Auch bei der Bundesdruckerei, in der heute ein Teil der Euros gedruckt wird, liegen nach eigenen Angaben keine D-Mark-Druckplatten mehr.

Zwar könnten bei einer Wiedereinführung der alten Währung deshalb nicht mehr exakt die gleichen Scheine hergestellt werden wie früher. Dennoch wäre es für Deutschland recht schnell möglich, zur D-Mark zurückzukehren – dann vielleicht in neuem Design.

„Rechtlich ist ein freiwilliger Ausstieg aus der Währungsunion möglich“, sagt Ansgar Belke, Forschungdirektor beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Zunächst müsste die Mark wieder als Buchgeld eingeführt werden, zum Beispiel gäbe es für ein Jahr einen eingefrorenen Wechselkurs. Der Euro wäre in dieser Zeit weiterhin das offizielle Zahlungsmittel. Während dieser Phase könnten neue Scheine und Münzen gedruckt und geprägt werden, die nach Ablauf des Jahres auf den Markt geworfen würden. Im Zuge der Ausgabe der D-Mark würde das Euro-Bargeld abgeschafft, es wäre dann eine reine Buchwährung. Schließlich würde der feste Wechselkurs zwischen beiden Währungen aufgehoben, und die Deutsche Mark wäre wieder unabhängig. Ökonomen wie Belke halten einen Ausstieg der Deutschen aus der Eurozone jedoch nicht für sinnvoll. So bleibt die Mark für die meisten nur noch eine Erinnerung.

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