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Mit Tradition. 1875 begann Schiesser mit der Produktion von Unterwäsche.

© dapd

Wäschehersteller: Israelischer Investor übernimmt Schiesser

Das Traditionshaus Schiesser hat einen neuen Eigentümer: Eine Textilfirma aus Israel übernimmt sämtliche Anteile des Unterwäscheherstellers. Der geplante Börsengang fällt aus.

Der israelische Wäschespezialist Delta Galil Industries übernimmt alle Anteile und bringt dafür 68 Millionen Euro in das Unternehmen ein. Der ursprünglich für das zweite Quartal angekündigte Börsengang ist damit abgesagt. „Delta Galil bringt so viel frisches Kapital, dass die Gläubiger befriedigt werden können und auch ein gesundes Wachstum des Unternehmens sichergestellt ist“, sagte der ehemalige Insolvenzverwalter und jetzige Aufsichtsratsvorsitzende des Unternehmens, Volker Grub, am Mittwoch in einer Telefonkonferenz. Nach dem Einstieg sei die Schiesser AG „hervorragend mit finanziellen Mitteln ausgestattet“.

Für die 1759 Schiesser-Mitarbeiter eröffnet sich damit eine neue Perspektive. Das 1875 gegründete Wäscheunternehmen aus Radolfzell am Bodensee musste Anfang 2009 Insolvenz anmelden. Hauptgrund waren unprofitable Lizenzverträge für fremde Marken wie Tommy Hilfiger oder Puma. Inzwischen ist das Insolvenzverfahren abgeschlossen und Schiesser arbeitet wieder profitabel: Bei einem Umsatz von 132 Millionen Euro lag das Ergebnis vor Zinsen und Steuern im vergangenen Jahr bei 8,3 Millionen Euro, sagte Finanzvorstand Karl-Achim Klein.

Allerdings müssen die Gläubiger, die ihre noch bestehenden Forderungen im Volumen von 58 Millionen Euro bis Ende 2012 gestundet haben, noch befriedigt werden. Das Geld dafür kommt nun von Delta Galil. Bis August, so hofft Aufsichtsratschef Grub, sollen die Gläubiger ihr Geld zu hundert Prozent zurückbekommen. Dann wird Schiesser komplett schuldenfrei sein. Grub nannte das ein „hoch erfreuliches Ergebnis“. Allerdings müssen die Kartellbehörden noch zustimmen.

Grub hatte sich als Insolvenzverwalter seit 2009 bemüht, einen strategischen Investor für Schiesser zu finden. Unter anderem hatte der Modedesigner Wolfgang Joop Interesse an einer Beteiligung gezeigt. Auch als Kreativberater war er im Gespräch mit dem Insolvenzverwalter gewesen, doch beides kam nie zustande. Auch den geplanten Börsengang sagt Schiesser nun wieder ab.

Stattdessen übernimmt die in Israel und den USA ansässige Delta Galil- Gruppe alle Anteile. Das 1975 gegründete Unternehmen hat weltweit rund 7000 Mitarbeiter und setzte 2011 knapp 679 Millionen Dollar um (etwa 514 Millionen Euro). Auch Delta Galil produziert Unterhosen, Dessous und Funktionsunterwäsche. In Israel werden die Produkte unter der Marke Delta verkauft. Im deutschsprachigen Raum ist das Unternehmen bisher zwar nicht direkt vertreten. Doch die Gruppe mit Fabriken unter anderem in Ägypten und Jordanien produziert für 50 Branchengrößen in den USA, Großbritannien und Kontinentaleuropa. Und unter Markennamen wie Hugo Boss, Calvin Klein, Tommy Hilfiger oder Nike kommen die Unterhosen, Pyjamas und Socken auch in deutsche Läden.

Volker Grub zeigte sich zuversichtlich, dass die Arbeitsplätze bei Schiesser nicht in Gefahr sind, auch wenn es keine förmliche Jobgarantie gibt. „Unser Ziel ist es, gemeinsam mit Schiesser das Geschäft weiterzuentwickeln und zu wachsen“, sagte Shlomo Doron, der bei Delta Galil das operative Geschäft leitet. „Ich hoffe, wir werden viel von Schiesser lernen.“ Unter dem Dach von Delta Galil wird Schiesser die größte Tochter sein. Gemeinsam streben die Unternehmen einen Umsatz von 900 Millionen Dollar an.

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