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Wirtschaft: Wahlkampf-Serum für den Kanzler

Britischer Pharmakonzern Glaxo-Smithkline schafft 170 neue Jobs in Dresden – und lobt den Standort

Dresden - Es ist nicht das erste Mal, dass der Kanzler Wahlkampfhilfe aus Dresden bekommt. Vor drei Jahren war es die Flut, die Gerhard Schröder überraschend den Sieg sicherte. Am Montag versuchte es Jean-Pierre Garnier, Chef von Europas größtem Pharmakonzern Glaxo-Smithkline, mit Worten – und lobte Schröders Reformen. „Wir haben großes Vertrauen in die Agenda 2010 und in den Kanzler“, sagte er beim Spatenstich für ein neues Impfstoffwerk am Montag in Dresden.

Wenn die Bemühungen fortgesetzt würden, sagte Garnier, könne Deutschland seine Probleme lösen und der „starke Mann Europas“ werden. Der Kanzler, der den ersten Spatenstich übernahm, dankte – und lobte die „Erfolgsgeschichte“ von Glaxo-Smithkline in Dresden. 94,3 Millionen Euro wollen die Briten hier bis 2008/2009 in ein neues Werk investieren und die Impfstoffproduktion auf 60 Millionen Dosen jährlich verdoppeln. Der Konzern reagiert damit auf die steigende Nachfrage: Die Weltgesundheitsorganisation hat im Frühjahr vor einer weltweiten Grippewelle mit vielen Toten gewarnt.

Die gestiegene Produktion im Osten zeige, so der Kanzler, dass „die Menschen hier bereit sind, was zu tun“ und dass „wir hier nicht nur Geld hineinstecken, sondern auch was herausbekommen“. Das hofft auch der Pharmakonzern: Glaxo-Deutschland-Chef Thomas Werner zeigte sich zuversichtlich, dass der Konzern die maximal möglichen Subventionen von 28 Prozent der Investitionssumme als Zuschuss erhalten wird. Abhängig ist das von der Zahl der neuen Jobs. „Der hohe Zuschuss hat uns die Entscheidung, in Dresden zu investieren, sehr viel einfacher gemacht“, sagte Werner.

170 neue Stellen, vorwiegend in der Produktion, sollen in Dresden bis 2008 neu entstehen. Bereits jetzt beschäftigt Glaxo-Smithkline an dem einzigen Produktionsstandort des Konzerns für Grippemittel weltweit 254 bis 450 Mitarbeitern, je nach Saison. Derzeit wird vor der Grippehochsaison der Nordhalbkugel im Drei- Schicht-Betrieb an sechs Tagen pro Woche produziert. Die hohe Flexibilität der Mitarbeiter ist laut Glaxo-Deutschland-Chef Werner ein wichtiger Grund dafür, warum der Konzern sich für Dresden entschieden hat.

Werner lobte Sachsens Regierung für ihre kurzen Entscheidungswege. „Vom Antrag bis zur Genehmigung des Werks sind nur drei Monate vergangen.“ Eine ähnlich industriefreundliche Politik wünscht sich Garnier republikweit. Er deutete an, dass Glaxo darüber nachdenken werde, die Forschungskapazitäten in Deutschland zu erweitern, wenn die Rahmenbedingungen pharmafreundlicher gestaltet würden. Die neuen Erstattungshöchstbeträge für patentgeschützte Arzneien ohne therapeutischen Zusatznutzen, die so genannten Festbeträge, kritisierte er. „Ich gehe davon aus, dass es sich dabei nur um ein Experiment handelt.“

Beim Kanzler stieß er mit seiner Kritik auf ein offenen Ohr. Der versprach, die Diskussion um die Festbeträge wieder aufzunehmen und das Gesundheitssystem zu optimieren, „ohne dabei die Kostenfrage in den Hintergrund zu stellen“. Noch in diesem Jahr wolle er klären, wie er das Kunststück hinbekommen will – aber erst nach der Wahl.

Maren Peters

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